Abtretung der anhängigen Klageforderung – und die Verjährungshemmung

Eine Abtretung der Klageforderung nach Eintritt der Hemmungswirkung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO, aber vor Zustellung der Klage an den Beklagten, führt nicht zur Beendigung der Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist.

Abtretung der anhängigen Klageforderung – und die Verjährungshemmung

Die Klägerin war in diesem Fall zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage Inhaberin der streitgegenständlichen Schadensersatzforderung und damit Berechtigte im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Als Forderungsinhaberin war die Klägerin daher materiell Berechtigte im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, als sie die Klageschrift in noch unverjährter Zeit beim Landgericht eingereicht hat. Die Einreichung der Klageschrift in unverjährter Zeit hat gemäß § 167 ZPO in Verbindung mit § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Hemmung der noch laufenden Verjährungsfrist geführt. Der Umstand, dass die Klägerin die mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzforderung vor Zustellung der Klageschrift wieder an die N. Italia zurück abgetreten hat, ändert hieran entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts. Für die Verjährungshemmung ist es nicht erforderlich, dass die materielle Berechtigung auch noch zum Zeitpunkt der Klagezustellung fortbesteht1.

Die Vorschrift des § 167 ZPO verlegt den Zeitpunkt der Verjährungshemmung unter der im Streitfall gegebenen Voraussetzung, dass die Zustellung der Klageschrift demnächst erfolgt, generell auf den Eingang der Klageschrift bei Gericht. Der Umstand, dass die Klägerin den Rechtsverlust zum Zeitpunkt der Klagezustellung wegen der von ihr zuvor erklärten Abtretung selbst herbeigeführt hat, ändert daran nichts. Denn mit Einreichung der Klageschrift konnte die Klägerin die von Amts wegen zu bewirkende Zustellung, die Voraussetzung für den Eintritt der Rechtshängigkeit war, nicht mehr beeinflussen. Durch die Regelung in § 167 ZPO sollen die Parteien bei der Zustellung von Amts wegen vor Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsablaufs bewahrt werden, weil sie auf den Geschäftsbetrieb keinen Einfluss nehmen können2. Da sich der genaue Zeitpunkt der Klagezustellung oftmals etwa wie im vorliegenden Fall bei einer Zustellung im Ausland nicht kurzfristig durch eine Nachfrage bei Gericht in Erfahrung bringen lässt, ist für die Beteiligten einer Forderungsübertragung nicht ohne weiteres erkennbar, wer bei Klagezustellung Inhaber der übertragenen Forderung ist. Käme es für die Verjährungshemmung ungeachtet der Bestimmung des § 167 ZPO auch auf die Berechtigung im Zeitpunkt der Klagezustellung an, wäre der Zessionar, der dem klagenden Zedenten keine Einziehungsermächtigung erteilt hat, zur Vermeidung verjährungsbedingter Nachteile genötigt, ins Ungewisse hinein die Forderung selbst erneut gerichtlich geltend zu machen. Nach der der Vorschrift des § 167 ZPO zugrundeliegenden Wertung, das Verjährungsinteresse des Schuldners gegenüber dem Interesse des Anspruchstellers auf Rechtsdurchsetzung unter den Voraussetzungen des § 167 ZPO zurückzustellen, ist eine solche mehrfache gerichtliche Befassung mit der Streitsache nicht gerechtfertigt. Eine Abtretung der Klageforderung an einen Dritten nach Eintritt der Hemmungswirkung gemäß § 167 ZPO, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB führt daher nicht zur Beendigung der Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist3. Dementsprechend ist im Streitfall für die Verjährungshemmung maßgeblich, dass die Klägerin bei Einreichung der Klage im Sinne von § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB berechtigt war, den streitgegenständlichen Schadensersatzanspruch geltend zu machen4.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. November 2012 – I ZR 86/11

  1. aA OLG Brandenburg, Urteil vom 02.04.2008 – 3 U 83/07; Lakkis in jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 204 Rn. 27[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2003 – V ZR 414/02, NJW 2003, 2830, 2831[]
  3. vgl. auch BGH, Urteil vom 20.10.1983 – I ZR 86/82, NJW 1984, 2102, 2104 zu § 211 BGB aF[]
  4. vgl. BGH, TranspR 2010, 200 Rn. 47[]