Hat ein Antragsteller/Kläger mit den Antragsgegnern/Beklagten jeweils voneinander abweichende ausschließliche Gerichtsstände vereinbart, ist angesichts der widersprechenden Gerichtsstandsvereinbarungen die Bestimmung eines für beide Antragsgegner/Beklagte zuständigen Gerichts nicht möglich, wenn keiner der Antragsgegner/Beklagten auf den mit ihm vereinbarten ausschließlichen Gerichtsstand verzichtet.

In dem hier vom Oberlandesgericht Stuttgart entschiedenen Fall hat eine Grundstückskäuferin gegen die Verkäuferin und einen Bauunternehmer einen Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zu verschiedenen Mängeln eines in Waiblingen gelegenen Gebäudes vor dem Landgericht Stuttgart gestellt. Die Käuferin leitet Mängelrechte aus dem Grundstückskaufvertrag mit der Verkäuferin und aus abgetretenem Recht aus einer Gewährleistungsvereinbarung der Bauträgerin mit der Verkäuferin her.
Die in Pullach ansässige Verkäuferin hat das von der Bauträgerin bebaute Grundstück mit notariellem Kaufvertrag an die Käuferin veräußert. In diesem notariellen Kaufvertrag heißt es unter Nr. 18.3: „Gerichtsstand ist München.“
In der Gewährleistungsvereinbarung mit der in Leinfelden-Echterdingen ansässigen Bauträgerin heißt es unter § 2 Nr. 16: „Gerichtsstand für Streitigkeiten ist Waiblingen.“
In der Folge hat die Käuferin die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt, weil beide Antragsgegnerinnen – Verkäuferin und Bauträgerin – sich auf jeweils mit ihnen vereinbarte, voneinander abweichende Gerichtsstände berufen.
Das Oberlandesgericht Stuttgart ist für den Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zuständig. Die für eine Zuständigkeitsbestimmung in Betracht kommenden allgemeinen Gerichtsstände der beiden Antragsgegnerinnen – Landgericht Stuttgart und Landgericht München – liegen in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte. Das Oberlandesgericht Stuttgart wurde zuerst mit der Sache befasst (§ 36 Abs. 2 ZPO).
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen jedoch nicht vor, weil sich die beiden Antragsgegnerinnen jeweils auf eine Gerichtsstandsvereinbarung berufen können, diese unterschiedliche Gerichtsstände zum Inhalt haben und diese Vereinbarungen der an sie gebundenen Antragstellerin das Recht nehmen, den Geschäftsgegner auf dem Weg über die Bestimmung eines zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO vor ein anderes Gericht zu ziehen [1].
An der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarungen bestehen keine Zweifel. Die im Grundstückskaufvertrag unter Nr. 18.3 und in der Gewährleistungsvereinbarung unter § 2 Nr. 16 vereinbarten Gerichtsstände am Geschäftssitz der jeweiligen Antragsgegnerin sollen ersichtlich den Interessen der jeweiligen Antragsgegnerin dienen und damit dazu führen, dass diese nur an ihrem Geschäftssitz gerichtlich in Anspruch genommen werden können. Sie stellen daher für die Inanspruchnahme durch die Antragstellerin ausschließliche Gerichtsstände dar.
Die Bindungswirkung der Vereinbarung eines Gerichtsstands kann nicht über das Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ausgehöhlt werden. Eine Gerichtsstandsbestimmung, die einer Partei den vereinbarten ausschließlichen Gerichtsstand nimmt, ist deshalb grundsätzlich abzulehnen.
Allerdings kann grundsätzlich das im Verhältnis zu einer Partei prorogierte Gericht auch im Verhältnis zu dem anderen in Anspruch genommenen Streitgenossen als zuständig bestimmt werden, wenn dies zweckmäßig ist und im Einzelfall dem anderen Streitgenossen zugemutet werden kann [2]. Dem steht vorliegend entgegen, dass sich gegenüber einer Bestimmung des im Verhältnis zur Antragsgegnerin 2 prorogierten Landgerichts München als für beide Antragsgegnerinnen zuständiges Gericht wiederum die Antragsgegnerin 1 auf die Vereinbarung des Landgerichts Stuttgart als ausschließlichen Gerichtsstand berufen kann und auch berufen hat.
Die vom Oberlandesgericht vorgeschlagene nachträgliche Vereinbarung eines gemeinsamen Gerichtsstands ist nicht zustande gekommen.
Damit ist hier angesichts sich widersprechender Gerichtsstandsvereinbarungen für die jeweiligen Antragsgegnerinnen die Bestimmung eines für beide Antragsgegnerinnen zuständigen Gerichts nicht möglich. Der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung war daher kostenpflichtig zurückzuweisen.
Das Oberlandesgericht hat den Gegenstandswert mit einem Viertel des Streitwerts des selbstständigen Beweisverfahrens – mangels anderer Anhaltspunkte – gemäß den Angaben der Antragstellerin festgesetzt.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 6. September 2016 – 10 AR 7/16
- BGH NJW 1983, 996 6; 1988, 646 8[↩]
- BGH NJW 1988, 646 8; OLG Frankfurt MDR 2015, 299 6[↩]
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