Die Frist für die Verjährung einer Bürgschaftsforderung kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von drei Jahren auf fünf Jahre verlängert werden.

Eine Verlängerung der Verjährungsfrist auf fünf Jahre ab dem Ende des Jahres, in dem die Bürgschaftsforderung fällig geworden ist, ist dabei nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch dann wirksam, wenn es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Sie verstößt nicht gegen zwingendes Recht und hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand.
Eine derartige Verjährungsverlängerung in den Bürgschaftsbedingungen verstößt nicht gegen § 202 BGB. Nach § 202 Abs. 2 BGB kann die regelmäßige Verjährungsfrist durch Vereinbarung bis zur Dauer von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn verlängert werden. Das lässt auch eine Verlängerung der Verjährungsfrist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu.
Eine Verjährungsverlängerung in den Bürgschaftsbedingungen ist auch nicht gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie den Bürgen nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Die Klausel ist gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB kontrollfähig, da sie von der nach § 202 Abs. 2 BGB dispositiven gesetzlichen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB abweicht1.
Die Regelverjährungsfrist nach § 195 BGB von drei Jahren gehört zwar zu den wesentlichen Grundgedanken des Verjährungsrechts2, sodass bei einer Abweichung davon in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners anzunehmen ist. Diese Vermutung ist aber widerlegt, wenn wie hier die betreffende Klausel auf Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung in ihrer Gesamtheit den Kunden nicht unangemessen benachteiligt3.
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind formularmäßige Verlängerungen der Verjährungsfrist gebilligt worden, wenn diese sachlich gerechtfertigt sind und maßvoll erfolgen4. Dabei spricht es für die inhaltliche Ausgewogenheit einer solchen Klausel, wenn die Begünstigung des Verwenders durch Vorteile für dessen Vertragspartner kompensiert wird5.
Die vorliegende Klausel sieht nicht nur eine die Klägerin als Verwenderin begünstigende maßvolle Verlängerung der Verjährungsfrist vor, sondern enthält bei der Regelung des Beginns der Verjährungsfrist und deren Höchstdauer auch Vorteile für den Bürgen.
Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung hat sich an dem objektiven Inhalt und typischen Sinn der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu orientieren, wie diese von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der regelmäßig beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen sind6.
Die vorliegend zu beurteilende Klausel regelt danach nicht nur die Länge der Verjährungsfrist, sondern auch den Beginn und die Höchstdauer der Verjährung abweichend vom dispositiven Recht. Die Verjährungsfrist von fünf Jahren für Ansprüche aus der Bürgschaft soll nach dem klaren Wortlaut der Klausel in jedem Fall Geltung beanspruchen und verdrängt daher nicht nur die Regelverjährung von drei Jahren aus § 195 BGB, sondern auch die kenntnisunabhängige Verjährungshöchstfrist von zehn Jahren nach § 199 Abs. 4 BGB. Zudem bestimmt die Klausel nach dem wiederum eindeutigen Wortlaut als Beginn der Verjährungsfrist das Ende des Jahres, in dem die Bürgschaftsansprüche nach Ziff. 2.3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sich insoweit nicht von der gesetzlichen Regelung unterscheiden, fällig werden. Abweichend von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt damit die Verjährung unabhängig von Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis des Bürgschaftsgläubigers von der Anspruchsentstehung.
Auf Grundlage dieses Verständnisses benachteiligt die Klausel in ihrer Gesamtheit den Vertragspartner des Verwenders nicht unangemessen. Die Abweichung vom gesetzlichen Leitbild ist sachlich gerechtfertigt, die Verlängerung der Verjährungsfrist bleibt maßvoll und der gesetzliche Schutzzweck des Verjährungsrechts wird nicht gefährdet. Es handelt sich um eine in sich ausgewogene, die Interessen beider Vertragsparteien berücksichtigende Gesamtregelung7.
Mit der Klausel wird zwar die dreijährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB zum Nachteil des Bürgen verlängert, zugleich aber zu dessen Vorteil die zehnjährige Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB verkürzt. Die Festlegung einer einheitlichen Verjährungsfrist von fünf Jahren ist damit keine Vertragsgestaltung, mit der die Bank als Verwenderin der Klausel ihre Interessen einseitig zulasten des Bürgen als Vertragspartner durchsetzt. Vielmehr wird die moderate Verlängerung der Regelverjährungsfrist um zwei Jahre durch die Verkürzung der maximalen Verjährungsfrist um fünf Jahre kompensiert. Diese Gestaltung wahrt damit zugleich den mit dem Rechtsinstitut der Verjährung verfolgten Zweck, den Schuldner vor unangemessen langer Inanspruchnahme zu schützen und Rechtsfrieden herzustellen8.
Auch im Übrigen trägt die Verjährungsklausel in den Bürgschaftsbedingungen den Interessen beider Seiten Rechnung. Die Verlängerung der Regelverjährungsfrist von drei auf fünf Jahre schützt berechtigte Interessen des Gläubigers. Die für den Bürgen entstandenen Nachteile werden dadurch ausgeglichen, dass der Fristbeginn nur noch vom Entstehen des Anspruchs abhängt und mithin keine entsprechende Kenntnis des Gläubigers verlangt.
Es besteht ein anzus Interesse des Bürgschaftsgläubigers, die Verjährungsfrist maßvoll zu verlängern. Da der Anspruch aus einer Bürgschaft nicht mit Vertragsabschluss, sondern nach dem Gesetz erst mit der Fälligkeit der gesicherten Hauptforderung entsteht9, kann wegen des unter Umständen langen Zeitablaufs bis zum Eintritt des Sicherungsfalls die Durchsetzung der Bürgschaft erschwert sein. Zudem wird es für den Gläubiger auch nach Eintritt des Sicherungsfalles nicht selten wirtschaftlich sinnvoll sein, von einer Inanspruchnahme des Bürgen zunächst abzusehen und abzuwarten, ob der Hauptschuldner die gesicherte Verbindlichkeit erfüllt, etwa angekündigte Ratenzahlungen leistet10. Das kann auch dem Bürgen zugutekommen, da der Gläubiger nicht zu dessen frühzeitiger, Kosten verursachender Inanspruchnahme gezwungen ist.
Zugleich berücksichtigt die Klausel das berechtigte Interesse des Bürgen an einer klaren zeitlichen Beschränkung der Haftung. Sie verlangt nämlich für den Beginn der Verjährungsfrist abweichend von der gesetzlichen Regelung in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht, dass der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen sowie der Person des Schuldners Kenntnis bzw. eine entsprechende grobe fahrlässige Unkenntnis besitzt. Da nach der gesetzlichen Regelung für diese subjektiven Umstände der Bürge die Darlegungs- und Beweislast trägt11, wird er durch die Klausel 3.8 begünstigt. Auch dadurch wird die mit der wie hier maßvollen Verlängerung der Verjährungsfrist verbundene Schlechterstellung des Bürgen ausgeglichen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. April 2015 – XI ZR 200/14
- Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 202 Rn. 12; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb.2014, § 202 Rn. 2 f.[↩]
- vgl. BeckOGK/Piekenbrock, Stand: 3.11.2014, BGB, § 202 Rn. 27; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 202 Rn. 13; MünchKomm-BGB/Grothe, 6. Aufl., § 202 Rn. 10; Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 202 Rn. 13; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb.2014, § 202 Rn. 27[↩]
- vgl. dazu BGH, Urteile vom 07.05.1996 – XI ZR 217/95, BGHZ 133, 10, 15 f.; vom 28.01.2003 – XI ZR 156/02, BGHZ 153, 344, 350; und vom 14.01.2014 – XI ZR 355/12, BGHZ 199, 355 Rn. 45[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 05.10.2005 – VIII ZR 16/05, BGHZ 164, 196, 200 ff.[↩]
- vgl. Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 202 Rn. 13; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb.2014, § 202 Rn. 9[↩]
- st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 21.04.2009 – XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 11; und vom 26.02.2013 – XI ZR 417/11, WM 2013, 696 Rn. 18, jeweils mwN[↩]
- vgl. auch OLG München, WM 2012, 1768, 1770; BeckOGK/Piekenbrock, Stand: 3.11.2014, BGB, § 202 Rn. 27.3; Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 202 Rn. 14 aE; Erman/Schmidt-Räntsch, BGB, 14. Aufl., § 202 Rn. 13; Staudinger/Horn, BGB, Neubearb.2012, § 765 Rn. 39[↩]
- vgl. auch BGH, Urteil vom 08.07.2008 – XI ZR 230/07, WM 2008, 1731 Rn. 18[↩]
- BGH, Urteile vom 29.01.2008 – XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rn. 24; vom 08.07.2008 – XI ZR 230/07, WM 2008, 1731 Rn. 18; und vom 23.09.2008 – XI ZR 395/07, WM 2008, 2165 Rn. 10[↩]
- vgl. dazu BGH, Urteil vom 26.02.2013 – XI ZR 417/11, WM 2013, 696 Rn. 28[↩]
- siehe dazu BGH, Urteile vom 23.01.2007 – XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 32; vom 03.06.2008 – XI ZR 319/06, WM 2008, 1346 Rn. 25; und vom 23.09.2008 – XI ZR 395/07, WM 2008, 2165 Rn. 15[↩]