Auch eine im Servitutenbuch einer württembergischen Gemeinde eingetragene Dienstbarkeit muss auf einem gemäß §§ 4 ff. GBV neu angelegten Grundbuchblatt als Belastung eingetragen sein. Ist sie auf das neue Grundbuchblatt nicht übertragen worden, gilt sie nach dem in § 46 Abs. 2 GBO bestimmten Grundsatz – wenngleich materiell-rechtlich weiterbestehend – als gelöscht.

Aufgrund der Verweisung auf Art. 55 EGBGB in § 142 Abs. 2 GBO sind von der Grundbuchordnung abweichende landesrechtliche Vorschriften außer Kraft getreten. Die Grundbuchordnung enthält keinen Vorbehalt, der es erlaubte, nach §§ 4 ff. GBV angelegte Grundbücher nach landesrechtlichen Vorschriften in Verbindung mit einem anderen Register als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu führen.
Nach Art. 184 Satz 1 EGBGB bestimmen sich Entstehung und Inhalt vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs begründeter beschränkter dinglicher Rechte nach dem jeweiligen Landesrecht [1], in diesem Fall also nach dem im damaligen Königreich Württemberg geltenden Zivilrecht.
Nach diesem konnte ein – inhaltlich einer Grunddienstbarkeit nach § 1018 BGB entsprechende – Servitut durch vertragliche Einigung der Eigentümer mit Zustimmung des Gemeinderats begründet werden [2].
Auf Grund der Umstände, dass im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall im Jahre 1895 ein Servitutenvertrag zwischen den damaligen Eigentümern der benachbarten Gebäude über einen gemeinschaftlichen Wasserkanal (Dohle) und eine darüber befindliche gemeinschaftliche Einfahrt abgeschlossen und die vertragliche Einigung in das Servitutenbuch der Gemeinde eingetragen wurde, ist hier davon auszugehen, dass ein Recht zur Mitbenutzung des (auf dem jeweils anderen Grundstück befindlichen Teils) der gemeinschaftlichen Einfahrt durch eine Dienstbarkeit abgesichert wurde. Einer solchen Absicherung bedurfte es nach dem damaligen Recht, weil Abstände zwischen zwei bebauten Grundstücken nur bis zu der herkömmlichen Breite von ein bis zwei Fuß im Zweifel als gemeinschaftlich galten [3], an der beide Nachbarn zu Besitz und Nutzung berechtigt waren. Die auch als Durchfahrt für Fahrzeuge geeignete Einfahrt zwischen den Häusern der Parteien ist breiter.
Eine im Servitutenbuch eingetragene Dienstbarkeit bestand auch nach dem 1. Januar 1900 fort, wenn im Grundbuch nur der Verweis auf das Servitutenbuch, aber nicht die Art der Belastung (hier eines Leitungs- und Wegerechts) vermerkt worden war. Die Revision verweist zu Recht auf die – von dem Berufungsgericht nicht erörterten – einschlägigen reichs- und landesrechtlichen Regelungen anlässlich der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Nach § 87 Satz 1 der Grundbuchordnung vom 24. März 1897 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Mai 1898 [4] konnte durch landesherrliche Verordnung bestimmt werden, dass ein oder mehrere bisher geführte Bücher für sich allein oder zusammen mit einem neuen Buch oder mehreren neuen Büchern als Grundbuch gelten sollen. Von diesem Vorbehalt machte das Königreich Württemberg durch die Verordnung betreffend das Grundbuchwesen vom 30. Juli 1899 [5] Gebrauch. Nach § 1 Satz 1 der Verordnung galten vom 1. Januar 1990 an die in den Gemeinden bisher geführten Güterbücher, Servitutenbücher und Unterpfandsbücher für den Grundbuchamtsbezirk als Grundbuch mit der Maßgabe, dass das Güterbuch als Hauptbuch anzusehen war, wodurch diesen Eintragungen – abweichend vom früheren Recht – auch die nunmehr in § 891 BGB bestimmte Vermutungswirkung zukam [6]. Die in den Gemeinden geführten Servitutenbücher konnten mit Genehmigung des Amtsgerichts auch bei der – grundsätzlich vorgesehenen – Herstellung neuer Grundbücher durch Umschreibung gemäß § 5 der Verordnung – nach § 8 Abs. 2 weiter geführt werden.
In diesem Falle bildete nach § 9 Abs. 1 das neu angelegte Grundbuchblatt zusammen mit den nicht übernommenen Eintragungen in dem bisherigen Servitutenbuch das Grundbuch für das Grundstück im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
Die im Servitutenbuch eingetragenen Dienstbarkeiten mussten allerdings nach § 8 Abs. 3 der Verordnung auch in diesem Fall in den Grundbüchern durch einen Verweis auf die Eintragungen im Servitutenbuch vermerkt werden. Die Verordnung enthielt insoweit eine nach Art. 187 Abs. 2 Satz 1 EGBGB zulässige Abweichung von der Vorschrift in Art. 187 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, nach der vor dem 1.01.1900 bestehende Grunddienstbarkeiten zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung in das Grundbuch bedürfen. War kein Verweis eingetragen, galt das Servitut nach § 46 Abs. 2 GBO infolge Nichtübertragung auf das neu angelegte Grundbuchblatt als gelöscht [7], wie wohl es materiellrechtlich weiterbestand.
Weitere Anforderungen waren an den Verweis im Grundbuch auf das Servitutenbuch jedoch nicht zu stellen, weil – worauf die Revision zu Recht verweist – dadurch der gesamte Inhalt der im Servitutenbuch vorhandenen Eintragungen in Bezug genommen worden war. Zwar bestimmte § 41 Abs. 4 der zur Ausführung der vorstehend genannten Verordnung erlassenen Verfügung des Justizministeriums vom 02.09. 1899 [8], dass im Falle der Beibehaltung des Servitutenbuchs und des Verweises nach § 8 Abs. 3 der Verordnung auch die Art der Grunddienstbarkeit kurz angegeben werden sollte. Hierbei handelte es sich aber lediglich um eine Sollvorschrift. Da das Servitutenbuch nicht Grundakte, sondern zusammen mit dem neu angelegten Grundbuch das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs war, bedurfte es für die Wirksamkeit der Buchung keiner schlagwortartigen Angabe des Wesenskerns der Grunddienstbarkeit im Grundbuch, wie es bei einer Bezugnahme auf eine Eintragungsbewilligung nach § 874 BGB zur näheren Bezeichnung des Inhalts des Rechts erforderlich ist [9].
Die Revision ist jedoch in diesem Punkt deswegen unbegründet, weil sie nicht berücksichtigt, dass das von ihr zitierte Landesrecht nach der Änderung der Grundbuchordnung durch die Verordnung zur Änderung des Verfahrens in Grundbuchsachen vom 05.08.1935 [10] auf die Buchung von Dienstbarkeiten auf den danach neu angelegten Grundbuchblättern nicht mehr anzuwenden ist.
Aufgrund der Verweisung auf Art. 55 EGBGB in § 116 Abs. 2 GBO aF (jetzt § 142 Abs. 2 GBO) sind alle von der Grundbuchordnung abweichenden landesrechtlichen Vorschriften außer Kraft getreten, soweit nicht in der Grundbuchordnung oder in der Änderungsverordnung etwas anderes bestimmt worden ist [11].
Einen Vorbehalt, der es erlaubt hätte, auch die nach Maßgabe der Grundbuchordnung neu angelegten Grundbuchblätter nach landesrechtlichen Vorschriften – wie bisher – in Verbindung mit einem anderen Register als das Grundbuch im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu führen, gibt es nicht. Zwar gestatten die §§ 119, 120 GBO aF (jetzt §§ 145, 146 GBO) die Fortführung der bisherigen, auch der aus mehreren Büchern bestehenden Grundbücher. Wenn jedoch Grundbuchblätter nach dem Inkrafttreten der geänderten Grundbuchordnung am 1.04.1936 unter Verwendung des neuen Vordrucks neu angelegt werden, ist das frühere Landesrecht nicht mehr anzuwenden. Eintragungen auf den nach § 67 GBV aF (jetzt § 104 GBV) umgeschriebenen Grundbüchern sind nur nach Maßgabe der Grundbuchverfügung vorzunehmen [12]. Für die Eintragung einer altrechtlichen Grunddienstbarkeit, die unter Geltung der Grundbuchordnung vorgenommen wird, sind nunmehr deren Vorschriften maßgebend [13]. Gemessen daran fehlt es hier an der Eintragung einer Grunddienstbarkeit für ein Wegerecht.
Im hier entschiedenen Fall sind die Grundstücke der Parteien nach den vorgelegten Grundbuchauszügen auf neu angelegten Grundbuchblättern gebucht worden; die auf das Servitutenbuch Bezug nehmenden Eintragungen stammen aus den Jahren 1955 (im Grundbuch der Klägerin) und 1951 (im Grundbuch der Beklagten). Das Mitbenutzungsrecht der Beklagten an der gemeinsamen Zufahrt ist nur als sog. Herrschvermerk in dem Bestandsverzeichnis des für ihr Grundstück angelegten Grundbuchblatts eingetragen, jedoch nicht auf dem Blatt des Grundstücks der Klägerin als Belastung gebucht worden. Auf diesem Grundbuchblatt findet sich lediglich im Bestandsverzeichnis ein Herrschvermerk über das Recht des Eigentümers der Kellerdohle zur Einmündung in die gemeinschaftliche Dohle, das auf dem Grundbuchblatt des Grundstücks der Beklagten in der Abteilung II auch als Belastung gebucht ist. Danach fehlt es an der für eine Grunddienstbarkeit wesentlichen Buchung auf dem Grundbuchblatt des belasteten Grundstücks [14].
Das Fehlen der Eintragung des Wegerechts als Belastung wird nicht durch die Verweisung auf die Seite 40 des Servitutenbuchs bei dem Herrschvermerk für das Recht zur Einmündung der Kellerdohle in dem Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts des Grundstücks der Klägerin ersetzt.
Dafür ist allerdings nicht entscheidend, dass ein Verweis auf das Servitutenbuch nur im Bestandsverzeichnis und nicht – wie in § 10 GBV bestimmt – in der Abteilung II des Grundblatts des Grundstücks der Klägerin eingetragen worden ist. Eine Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Bestandsverzeichnis wäre zwar ordnungswidrig, berührte aber deren Wirksamkeit nicht [15]. An der Eintragung des Servituts fehlt es jedoch deswegen, weil aus den Buchungen auf dem Grundbuchblatt des Grundstücks der Klägerin die Belastung durch ein Mitbenutzungsrecht des Nachbarn an der Zufahrt nicht einmal ansatzweise erkennbar wird und der Vorbehalt in § 146 GBO, dass mehrere Bücher als Grundbuch geführt werden können, nur für die gemäß §145 GBO nach den bisherigen Bestimmungen, jedoch nicht für die nach der Grundbuchordnung geführten Grundbücher gilt.
Auch eine im Servitutenbuch eingetragene Dienstbarkeit muss danach auf einem neu angelegten Grundbuchblatt als Belastung eingetragen sein. Ist sie auf das neue, nach §§ 4 ff. GBV angelegte Grundbuchblatt nicht übertragen worden, gilt sie nach dem in § 46 Abs. 2 GBO bestimmten Grundsatz als gelöscht [16].
Diese Rechtsfolge tritt auch dann ein, wenn die Dienstbarkeit (weiter) im Servitutenbuch eingetragen ist.
An dieser Rechtslage vermag der Hinweis auf § 21 der Verordnung des Baden-Württembergischen Justizministeriums zur Ausführung des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit im Bereich des Grundbuchwesens (GBVO) vom 21.05.1975 [17] nichts zu ändern. Nach dieser Vorschrift gelten die Eintragungen im Servitutenbuch als Teil des Grundbuchs. Da die Grundbuchordnung für die neu angelegten Grundbuchblätter keinen Vorbehalt für eine landesrechtliche Regelung enthält, ist diese Bestimmung nur noch auf die alten Grundbücher und im Übrigen allenfalls noch insoweit sinngemäß anzuwenden, als sich der Verweis auf das Servitutenbuch als eine nach § 874 BGB zulässige Bezugnahme auf eine daraus ersichtliche Einigung über die Bestellung einer Grunddienstbarkeit darstellt. Ein solches Verständnis der Vorschrift des Landesrechts entspricht dem Gebot verfassungskonformer Auslegung, weil sie die Nichtigkeit der landesrechtlichen Regelung wegen eines Verstoßes gegen den Vorrang des Bundesrechts nach Art. 31 GG vermeidet [18], der sich ansonsten daraus ergäbe, dass das einschlägige Bundes- und Landesrecht für dieselben Sachverhalte bei ihrer Anwendung zu unterschiedlichen Ergebnissen führten [19].
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Oktober 2011 – V ZR 10/11
- BGH, Urteil vom 24.01.1964 – V ZR 162/61, BGHZ 42, 63, 64[↩]
- Lang, Handbuch des im Königreich Württemberg geltenden Sachenrechts, 2. Aufl. [1893], 1. Teil, S. 401, 404; OLG Stuttgart, Justiz, 1968, 140[↩]
- Lang, aaO, S. 176[↩]
- RGBl. 1898, S. 754[↩]
- RegBl. S. 540[↩]
- Pfizer, Das württembergische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch [1900], S. 5[↩]
- OLG Stuttgart, Justiz 1968, 140; Richter/Hammel, Baden-Württembergisches Landesgesetz über die freiwilligen Gerichtsbarkeit, 4. Aufl., § 31 AGBGB Rn. 3[↩]
- Amtsblatt des Königlich Württembergischen Justizministeriums, S. 101[↩]
- dazu BGH, Beschluss vom 22.09.1961 – V ZB 16/61, BGHZ 35, 378, 382; Urteil vom 29.09.2006 – V ZR 25/06, Rpfleger 2007, 34, 35[↩]
- RGBl. I 1035[↩]
- Briesemeister in KEHE, 6. Aufl., GBO, § 135 Rn. 11; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 142 Rn. 10; Meikel/Böhringer, GBO, 10. Aufl., § 135 Rn. 25; Wilsch/Otto in Hügel, GBO, 2. Aufl., § 143 Rn. 8[↩]
- vgl. BayObLGZ 1987, 121, 132; Demharter, GBO, § 145 Rn. 6; Hesse/Saage/Fischer, GBO, 2. Aufl., § 68 GBV Rn. 1; Meincke in v. Oefele/Bauer, GBO, 2. Aufl., § 138 Rn. 6[↩]
- vgl. BayObLGZ 1953, 80, 86; 1967, 397, 401 und DNotZ 1980, 103, 105[↩]
- vgl. Meikel/Morvillus, GBO, Einl. C Rn. 325[↩]
- BayObLGZ 1995, 413, 420[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 08.04.1988 – V ZR 34/87, BGHZ 104, 139, 143[↩]
- GBl. B.W. S. 398[↩]
- vgl. BVerfGE 121, 317, 349[↩]
- vgl. BVerfGE 36, 342, 363[↩]