Die Übertragung eines wertausschöpfend belasteten Grundstücks durch den Schuldner ist nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs objektiv gläubigerbenachteiligend, wenn die bei der Übertragung noch bestehenden Belastungen im Nachhinein vertragsgemäß von ihm beseitigt werden.

Für eine Anfechtung nach § 3 Abs. 2 AnfG ist eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung erforderlich1. Dies erfordert, dass ohne Hinzutreten weiterer Umstände die Befriedigungsmöglichkeiten aus dem Schuldnervermögen beeinträchtigt wurden.
Die Übertragung eines belasteten Grundstücks hat, wie der BGH feststellt, nur dann eine objektive Gläubigerbenachteiligung zur Folge, wenn der in der Zwangsversteigerung erzielbare Erlös des Grundstücks die vorrangigen Belastungen und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens überstiegen hätte2.
Eine Gläubigerbenachteiligung kommt also nicht in Betracht, wenn das Grundstück wertausschöpfend belastet ist und eine Zwangsversteigerung nicht zu einer auch nur teilweisen Befriedigung des Gläubigers geführt hätte. Ob eine wertausschöpfende Belastung vorliegt, hängt vom Wert des Grundstücks sowie der tatsächlichen Höhe derjenigen Forderung ab, die durch die eingetragenen Grundbuchrechte gesichert werden3.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der objektiven Gläubigerbenachteiligung ist bei § 3 Abs. 2 AnfG der Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts; bei mehraktigen Rechtsgeschäften ist, wie vorliegend gegeben, der Zeitpunkt maßgebend, in der die Rechtswirkung des Rechtsgeschäfts ausgelöst wird, § 8 Abs. 1 AnfG. Bei Grundstücksübertragungen ist dies der Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch4.
Ein früherer Zeitpunkt kann gemäß § 8 Abs. 2 AnfG dann erheblich sein, wenn zwar die Eintragung noch nicht erfolgt ist, aber die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden des Rechtsgeschäfts erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Darlegungs- und beweispflichtig hierfür ist der Erwerber5. Diese hat nicht dargelegt, wann sie selbst einen Eintragungsantrag gestellt hat. Gemäß § 9 Nr. 3 des Kaufvertrages sollte gegenüber dem Grundbuchamt auch nur die Notarin antragsberechtigt sein. Diese war jedoch außerdem von den Parteien bevollmächtigt worden, den Antrag auch wieder zurückzuziehen. § 8 Abs. 2 AnfG erfordert aber, dass der andere Teil eine gesicherte Rechtsposition erlangt hat, die ihm ohne sein Mitwirken nicht mehr entzogen werden kann6. Eine solche gesicherte Rechtsposition hatte die Beklagte durch den Antrag der Notarin nicht erlangt.
Die genannte Rechtsprechung, auf die das OLG Köln in seinem Berufungsurteil abgestellt hat, gilt, so der BGH, im Übrigen nur, wenn das Grundstück mit den bestehenden Belastungen übertragen wird. Werden dagegen im Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung – vor oder nach Eintragung der Auflassung – die Belastungen vertragsgemäß vom Schuldner beseitigt, hat der Anfechtungsgegner diese Belastungen des Grundstücks aufgrund des Vertrags nicht zu tragen. Es kommt aber darauf an, ob die Übertragung des Grundstücks in der Form, in der es an den Anfechtungsgegner übereignet wird, zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung führt. Denn in dieser Form wird es auch dem Gläubigerzugriff entzogen; die Beseitigung der Belastungen durch den Schuldner mindert dessen verwertbares Vermögen in anderer Weise.
Selbst wenn die Grundschuld bei Übertragung noch in einer über dem Kaufpreis liegenden Höhe valutierte, muss jedoch, worauf der BGH hinweist, berücksichtigt werden, dass nach den Bestimmungen des Kaufvertrages der Erwerber die Grundschuld nur in Höhe von 350.000 € nebst Zinsen und lediglich zum Zwecke der Sicherung der eigenen Kaufpreisschuld von 400.000 € dinglich übernehmen sollte. Entsprechend ist verfahren und die weitergehende Grundschuld am 23. November 2004 auf Grundlage der Bewilligung der Sparkasse gelöscht worden. Vertragsgemäß hat die Beklagte die weitergehende Belastung im Ergebnis nicht übernommen, sondern lediglich einen Kaufpreis von 400.000 € bezahlt und diesen teilweise auf dem Grundstück abgesichert.
Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liegt unter diesen Umständen nur dann nicht vor, wenn die Beklagte an den Schuldner aufgrund des Kaufvertrags unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung erbrachte, also die Befriedigungsmöglichkeiten der Gläubiger nicht beeinträchtigt wurden.
Unterstellt, der Erwerber hat in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit ihrer Eintragung im Grundbuch den Kaufpreis erbracht, ist also entscheidend, ob dieser dem Wert des Grundstücks gleichwertig war. Da das OLG Köln in seinem Berufungsurteil übereinstimmend mit der Behauptung des Erwerbers von einem Grundstückswert von 495.000 €, möglicherweise (zuzüglich 66.000 €) von einem solchen von 561.000 € ausgeht, lag, so der BGH weiter, eine derartige objektiv gleichwertige Gegenleistung jedenfalls nicht vor. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung liegt dann sehr nahe.
Für eine Anfechtung nach § 3 Abs. 1 und § 4 AnfG genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung7. In diesen Fällen reicht es grundsätzlich aus, wenn die Benachteilung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz des Anfechtungsprozesses gegeben ist8. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die hierfür maßgeblichen Tatsachen bereits in erster Instanz vorgetragen waren oder zwar erst in der Berufung vorgetragen, aber zuzulassen waren oder wenn es sich um Vorgänge handelt, die sich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben9.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. Mai 2009 – IX ZR 129/06
- BGH, Urt. v. 23. November 2006 – IX ZR 126/03, ZIP 2007, 588, 589 Rn. 19; Huber, AnfG 10. Aufl. § 1 Rn. 46, § 3 Rn. 60[↩]
- BGH, Urt. v. 20. Oktober 2005 – IX ZR 276/02, ZIP 2006, 387 f Rn. 6 f; v. 3. Mai 2007 – IX ZR 16/06, ZIP 2007, 1326, 1327 Rn. 15; v. 15. November 2007 – IX ZR 232/03, JurBüro 2008, 269 Rn. 13[↩]
- BGH, Urt. v. 20. Oktober 2005 aaO; v. 3. Mai 2007 aaO; v. 15. November 2007 aaO Rn. 14[↩]
- BGHZ 99, 274, 286; 121, 179, 188; 128, 184, 192 f; BGH, Urt. v. 10. Dezember 1998 – IX ZR 302/97, ZIP 1999, 146; v. 15. November 2007 aaO Rn. 14[↩]
- BGH, Urt. v. 26. April 2001 – IX ZR 53/00, ZIP 2001, 933, 935[↩]
- vgl. BGH, Urt. v. 26. April 2001 aaO; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl. § 140 Rn. 41; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 140 Rn. 10; Huber, aaO § 8 Rn. 12[↩]
- vgl. für § 3 Abs. 1 AnfG BGHZ 165, 343, 351; Huber, aaO § 1 Rn. 50, § 3 Rn. 60; für § 4 AnfG BGH, Urt. v. 23. November 2006 – aaO m.w.N.; Huber, aaO § 1 Rn. 50, § 4 Rn. 10[↩]
- BGH, Urt. v. 23. November 2006 aaO m.w.N.; Huber, aaO § 1 Rn. 50[↩]
- vgl. BGH, Urt. v. 3. Mai 2007 aaO S. 1327 Rn. 17[↩]