Anfechtungsklagen mehrerer Wohnungseigentümer

Beauftragen mehrere Kläger denselben Rechtsanwalt mit der Erhebung einer Anfechtungsklage gegen dieselben Beschlüsse der Wohnungseigentümer, sind die Kosten der Kläger insoweit nicht zur Rechtsverfolgung notwendig, als sie darauf beruhen, dass der Rechtsanwalt statt für alle Kläger gemeinschaftlich für jeden Kläger gesondert Klage erhebt.

Anfechtungsklagen mehrerer Wohnungseigentümer

§ 50 WEG beschränkt den Kostenerstattungsanspruch einer Mehrzahl obsiegender Anfechtungskläger dagegen nicht.

Kostenerstattung gemäß § 91 ZPO

Jeder Wohnungseigentümer ist berechtigt, einen Beschluss der Wohnungseigentümer im Wege der Klage anzufechten. Die Klage ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu erheben. Sie hat Erfolg, wenn sie rechtzeitig erhoben und begründet wird und der angefochtene Beschluss an dem geltend gemachten Mangel leidet. Die beklagten übrigen Wohnungseigentümer haben jedem obsiegenden Kläger gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die diesem entstandenen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Der Kostenerstattungsanspruch ist jedoch nicht unbeschränkt. Jede Prozesspartei ist vielmehr gehalten, die Kosten ihrer Prozessführung so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange vereinbaren lässt1.

Das bedeutet nicht, dass ein Wohnungseigentümer im Kosteninteresse der beklagten Wohnungseigentümer gehalten wäre, von der Erhebung der Klage deshalb abzusehen, weil die erfolgreiche Klage eines anderen Eigentümers nach § 48 Abs. 3 WEG gegenüber allen Eigentümern Rechtskraft bewirkt. Erst recht ist kein Wohnungseigentümer veranlasst, unter Verzicht auf sein Anfechtungsrecht sich in die Rolle der beklagten übrigen Wohnungseigentümer zu begeben. Das folgt schon daraus, dass ein Wohnungseigentümer grundsätzlich keinen Einfluss darauf hat, dass ein anderer Eigentümer rechtzeitig Anfechtungsklage erhebt, diese rechtzeitig und sachgerecht begründet und das Verfahren bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung führt.

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Jeder Wohnungseigentümer, der sein Anfechtungsrecht wahrnehmen will, ist vielmehr berechtigt, einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen. Grundsätzlich ist auch kein Wohnungseigentümer gehalten, einen bestimmten Rechtsanwalt zu beauftragen, weil dieser von einem anderen Wohnungseigentümer beauftragt ist, der sich gegen denselben Beschluss wendet oder wenden will. Einer Abstimmung über die Person des zu beauftragenden Rechtsanwalts steht häufig schon entgegen, dass sich die Wohnungseigentümer untereinander nicht kennen, das Recht zur Klageerhebung nicht von der Anmeldung eines Widerspruchs zu Protokoll abhängig ist und auch denjenigen Wohnungseigentümern zusteht, die an der Beschlussfassung nicht teilgenommen oder mit der Mehrheit gestimmt haben.

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Erhebung der Klage ist Vertrauenssache. Die Beurteilung der Kompetenz des Rechtsanwalts ist den zur Klage entschlossenen einzelnen Wohnungseigentümern in der Regel nicht möglich. Ein Auswahlverfahren oder die Bestimmung der Art und Weise, wie bei Meinungsdifferenzen um die Frage, welchem Rechtsanwalt das Mandat angetragen werden soll, sieht das Wohnungseigentumsgesetz nicht vor. Jeder Wohnungseigentümer, der sich zur Anfechtung entschlossen hat, muss jedoch die Klage innerhalb der von § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG bestimmten Frist erheben und innerhalb eines weiteren Monats begründen, um eine Abweisung zu vermeiden. Das schließt es grundsätzlich aus, einen Wohnungseigentümer unter dem Gesichtpunkt, die Kosten des Verfahrens im Interesse der beklagten übrigen Wohnungseigentümer gering zu halten, für verpflichtet anzusehen, sich vor der Erhebung der Klage zu vergewissern, ob weitere Wohnungseigentümer denselben Beschluss anfechten wollen, und sich mit diesem auf einen Rechtsanwalt zu einigen, der alle Anfechtungskläger vertreten soll2. Die hierdurch begründeten Kosten jedes Rechtsanwalts haben die unterlegenen übrigen Wohnungseigentümer jedem Anfechtungskläger als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ebenso wie die vorgelegten Gerichtskosten zu erstatten.
Insoweit verhält es sich anders als auf Seiten der beklagten Wohnungseigentümer, die einen angefochtenen Beschluss verteidigen. Sie werden in dem Anfechtungsverfahren grundsätzlich von dem Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft vertreten3 und stehen jedem Kläger von Beginn des gerichtlichen Verfahrens an mit einem einheitlichen Prozessziel gegenüber. Die Gemeinschaftlichkeit ihres Vorgehens ist institutionell gesichert; die Beauftragung des gemeinschaftlichen Rechtsanwalts erfolgt durch den Verwalter4.

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Aus der Befugnis jedes Klägers, einen Rechtsanwalt auszuwählen und mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauftragen, folgt jedoch nicht, dass von den beklagten Wohnungseigentümern Mehrkosten zu erstatten sind, die darin ihren Grund finden, dass ein Rechtsanwalt, der von einer Mehrzahl von Wohnungseigentümern zur klageweisen Anfechtung desselben Beschlusses beauftragt worden ist, für jeden seiner Auftraggeber getrennt Klage erhebt. Die durch die rechtzeitig mit demselben Ziel erhobenen Klagen anhängig gemachten Verfahren müssen von dem Gericht gemäß § 47 WEG miteinander verbunden werden. Mit der gesetzlich gebotenen Verbindung entsteht dieselbe Situation wie bei einer anfänglichen subjektiven Klagehäufung. Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung sind im Falle der Beauftragung desselben Rechtsanwalts durch eine Mehrheit von Anfechtungsklägern nur eine Verfahrensgebühr des Rechtsanwalts, die Mehrvertretungsgebühr und die bei Erhebung einer einheitlichen für alle von demselben Rechtsanwalt vertretenen Kläger vorzuschießenden Gerichtskosten notwendig5.

Keine Beschränkung aus § 50 WEG

Dass nach § 50 WEG den Wohnungseigentümern grundsätzlich nur die Kosten eines Rechtsanwalts zu erstatten sind, führt nicht zu einer weiteren Begrenzung der Kostenerstattungspflicht. Ziel von § 50 WEG ist es, die Verpflichtung zur Kostenerstattung gering zu halten, wenn eine Mehrheit von beklagten Wohnungseigentümern sich bei gleichem Prozessziel von verschiedenen Rechtsanwälten vertreten lässt. So liegt es insbesondere, wenn die beklagten Wohnungseigentümer einer Anfechtungsklage entgegentreten und sich hierbei von verschiedenen Rechtsanwälten vertreten lassen4.

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Ob diese Situation, auf der die gesetzliche Regelung beruht6, den Anwendungsbereich von § 50 WEG ausschöpft, ist umstritten. Nach den bisher veröffentlichten Entscheidungen und der Mehrheit der Stimmen der juristischen Literatur soll § 50 WEG auch in dem umgekehrten Fall, in dem mehrere Wohnungseigentümer als Kläger gegen die übrigen Wohnungseigentümer dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen, zugunsten der übrigen Wohnungseigentümer Anwendung finden7. Die Frage kann für die Entscheidung dahingestellt bleiben.

An der Voraussetzung einer Anwendung der Vorschrift, dass eine Mehrheit von Klägern den Wohnungseigentümern gegenüber steht, fehlt es, solange die von den Anfechtungsklägern anhängig gemachten Verfahren nicht gemäß § 47 WEG miteinander verbunden sind. Diese Voraussetzung wird erst durch die Verbindung der Verfahren begründet. Die Verbindung kann jedoch nur in die Zukunft wirken und nicht rückwirkend den aus der Befugnis zur Beauftragung verschiedener Rechtsanwälte folgenden Kostenerstattungsanspruch beschränken8.

Die Verbindung nötigt auch keinen Kläger, das Mandatsverhältnis zu seinem Rechtsanwalt zu beenden und an dessen Stelle einen Rechtsanwalt zu beauftragen, der einen oder mehrere andere Anfechtungskläger vertritt9.

Bundesgerichtshof , Beschluss vom 8. Juli 2010 – V ZB 153/09

  1. BGH, Beschluss vom 15.03.2007 – V ZB 77/06, NZM 2007, 411, 412; BGH, Beschluss vom 02.05.2007 – XII ZB 156/06, NJW 2007, 2257; MünchKomm-ZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rdn. 38; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 91 Rdn. 8[]
  2. Timme/Elzer, WEG, § 50 Rdn. 15; Schmid, NZM 2008, 185, 186; Drasdo, ZMR 2008, 266, 267[]
  3. BGH, Beschluss vom 27.09.2007 – V ZB 83/07, ZMR 2007, 975[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 16.07.2009 – V ZB 11/09, ZMR 2010, 51[][]
  5. Musielak/Wolst, aaO, Rdn. 9; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rdn. 94[]
  6. BT-Drs. 16/887 S. 28[]
  7. LG Düsseldorf ZMR 2010, 143; LG Berlin ZMR 2010, 309; Jennißen/Suilmann, WEG, 2. Aufl. § 50 Rdn. 6; Timme/Elzer, WEG, § 50 Rdn. 2; Schmid, NZM 2008, 185; a.A. Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 50 Rdn. 7[]
  8. Timme/Elzer, aaO, Rdn. 4; Niedenführ, NJW 2008, 1768, 1772; Schmid, NZM 2008, 185, 186; Drasdo, ZMR 2008, 266, 267[]
  9. Timme/Elzer, aaO, Rdn. 15; Niedenführ, NJW 2008, 1768, 1772; a.A. Jenni-ßen/Suilmann, aaO, § 50 Rdn. 6[]
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