Eine nachträgliche, isolierte Zulassung der Rechtsbeschwerde aufgrund einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn das Beschwerdegericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde bezogen auf die Zulassungsentscheidung das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt hat oder wenn das Verfahren aufgrund eines Gehörsverstoßes gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgesetzt wird und sich erst aus dem anschließend gewährten rechtlichen Gehör ein Grund für die Zulassung ergibt1.

Nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO ist gegen einen Beschluss die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich zugelassen hat, sei es im Tenor oder in den Gründen2. Diese Voraussetzung liegt nicht vor, da der Beschluss vom 08.10.2019 keinen Ausspruch der Zulassung der Rechtsbeschwerde enthält. Schweigt das Beschwerdegericht zur Frage der Zulassung, ist die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen3. Dies würde auch dann gelten, wenn das Beschwerdegericht die Möglichkeit der Zulassung gar nicht bedacht hätte4.
Die auf die Anhörungsrüge des Gläubigers nachträglich isoliert ausgesprochene Zulassung der Rechtsbeschwerde bindet den Bundesgerichtshof – ungeachtet der fehlenden Zulassungsbefugnis des Einzelrichters5 – entgegen § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht. Die nachträgliche Zulassung ist unwirksam.
Unwirksam ist eine prozessual nicht vorgesehene nachträgliche Zulassungsentscheidung, weil sie die Bindung des Gerichts an seine eigene Entscheidung (§ 318 ZPO) außer Kraft setzen würde6. Dies gilt auch, wenn das Beschwerdegericht seine Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, verfahrensfehlerhaft aufgrund einer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO ändert7.
Die Anhörungsrüge räumt dem Gericht keine umfassende Abhilfemöglichkeit ein, sondern dient allein der Behebung von Verstößen gegen die grundgesetzliche Garantie des rechtlichen Gehörs. Die unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde als solche kann den rechtlichen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzen, es sei denn, auf die Zulassungsentscheidung bezogener Vortrag der Parteien ist verfahrensfehlerhaft übergangen worden8. Art. 103 Abs. 1 GG soll sichern, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die auf mangelnder Kenntnisnahme oder Erwägung des Sachvortrags beruhen. Sein Schutzbereich ist auf das von dem Gericht einzuhaltende Verfahren, nicht aber auf die Kontrolle der Entscheidung in der Sache gerichtet9. Eine nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde aufgrund einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn das Beschwerdegericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde bezogen auf die Zulassungsentscheidung das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt hat10 oder wenn das Verfahren aufgrund eines Gehörsverstoßes gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgesetzt wird und sich erst aus dem anschließend gewährten rechtlichen Gehör ein Grund für die Zulassung ergibt11.
Ein solcher Gehörsverstoß lag in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall jedoch nicht vor:
Es ist vom Beschwerdegericht weder in dem auf die Anhörungsrüge ergangenen Beschluss egründet noch sonst ersichtlich, dass das Beschwerdegericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Gläubigers auf rechtliches Gehör verletzt hätte. Das Beschwerdegericht hat offensichtlich keinen Vortrag übergangen, der für die Zulassungsentscheidung erheblich war. Es hat sich in seinem Beschluss vom 08.10.2019 mit der zentralen Frage der Beschwerde auseinandergesetzt, ob die im Arresturteil des Landgerichts D. ausgesprochene Arrestpfändung wirksam ist und diese verneint, weil das Urteil kein Arrestatorium enthalte. Es hat damit die gleiche Fragestellung wie das Landgericht D. in einem Parallelverfahren zu einer mit identischem Wortlaut vorgenommenen Arrestpfändung thematisiert; diesen Beschluss hatte der Gläubiger seiner Beschwerde als Anlage beigefügt.
Dass das Beschwerdegericht möglicherweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erst auf die Anhörungsrüge des Gläubigers erwogen hat, stellt als solchen keinen Gehörsverstoß, sondern allenfalls einen einfachen Verfahrensfehler dar.
Das Beschwerdegericht war nicht aus anderen Gründen berechtigt, seine getroffene Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, nachträglich abzuändern. Weder hat die Nichtzulassung den Gläubiger willkürlich in seinen Verfahrensgrundrechten verletzt, noch war das Beschwerdegericht berechtigt, seinen verfahrensabschließenden Beschluss zu berichtigen oder um die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu ergänzen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. Mai 2020 – VII ZB 41/19
- Anschluss an BGH, Beschluss vom 09.06.2016 – IX ZB 92/15, NJW-RR 2016, 955; Urteil vom 01.12.2011 – IX ZR 70/10, MDR 2012, 245[↩]
- BGH, Beschluss vom 29.04.2013 – VII ZB 54/11 Rn. 8 m.w.N., NJW 2013, 2124[↩]
- BGH, Beschluss vom 12.03.2009 – IX ZB 193/08 Rn. 10, NJW-RR 2009, 1349[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 09.06.2016 – IX ZB 92/15 Rn. 3, NJW-RR 2016, 955; Beschluss vom 12.03.2009 – IX ZB 193/08 Rn. 7 ff., NJW-RR 2009, 1349[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.12.2018 – VII ZB 45/18 Rn. 9, NJW-RR 2019, 446; Beschluss vom 18.09.2018 – VI ZB 34/17 Rn. 5, NJW-RR 2018, 1460; Beschluss vom 02.12.2015 – VII ZB 41/15 Rn. 7, jeweils m.w.N.[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 18.10.2018 – IX ZB 31/18 Rn. 14 f., BGHZ 220, 90[↩]
- BGH, Beschluss vom 09.06.2016 – IX ZB 92/15 Rn. 4 m.w.N., NJW-RR 2016, 955[↩]
- vgl. zur Revision: BGH, Urteil vom 04.03.2011 – V ZR 123/10 Rn. 6, NJW 2011, 1516[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 28.02.2018 – XII ZB 634/17 Rn. 8, NJW-RR 2018, 900; zur Revision: Urteil vom 16.09.2014 – VI ZR 55/14 Rn. 9, MDR 2014, 1338[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 09.06.2016 – IX ZB 92/15 Rn. 4 ff., NJW-RR 2016, 955[↩]
- vgl. zur Revision: BGH, Urteil vom 01.12.2011 – IX ZR 70/10 Rn. 8, MDR 2012, 245[↩]