Bei einem auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsbegehren muss der Anspruchsberechtigte zunächst alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternehmen, die Auskunft auf andere Weise zu erlangen. Eine vorrangig zu nutzende Informationsmöglichkeit ist regelmäßig dann gegeben, wenn ein unmittelbarer, nicht auf § 242 BGB gestützter gesetzlicher oder vertraglicher Auskunftsanspruch gegen eine andere Person oder Stelle besteht.

Sieht der Berechtigte von vornherein schuldhaft davon ab, auf andere Erkenntnismöglichkeiten zuzugreifen, kann er einen Auskunftsanspruch nicht mehr auf § 242 BGB stützen1.
So auch in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall: Der Kläger, der – über eine Rechnungslegung im Sinne des § 259 BGB hinausgehend – Auskunft über eine Vielzahl von Detailinformationen betreffend Verfügungen über das Mittelverwendungskonto in dem Zeitraum von Dezember 2002 bis Juli 2011 begehrt, hat keine konkreten Anhaltspunkte für den begründeten Verdacht einer Vertragsverletzung im Zusammenhang mit der Mittelverwendungskontrolle vorgetragen. Er hat lediglich unsubstantiiert vorgebracht, ohne Kenntnis von den einzelnen Tätigkeiten (der Beklagten) könne eine Schadensersatz begründende Pflichtwidrigkeit nicht festgestellt werden. Für eine konkrete Pflichtverletzung der Mittelverwendungskontrolleurin im Zusammenhang mit den vorgelegten Monatsübersichten ist auch sonst nichts ersichtlich. Bei dieser Sachlage dient das Auskunftsbegehren nach § 242 BGB, das allenfalls auf bloße Mutmaßungen des Klägers „ins Blaue hinein“ gestützt wird, allein der unzulässigen Ausforschung2. Würde man dies anders sehen, könnte der Anspruchsteller, der die Voraussetzungen des behaupteten Schadensersatzanspruchs darlegen (und gegebenfalls beweisen) muss, diese Pflicht durch Geltendmachung eines Auskunftsanspruchs auf den Schädiger überwälzen3.
Bei einem auf Treu und Glauben gestützten Auskunftsbegehren muss der Anspruchsberechtigte zudem in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen sein und sich die notwendigen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise beschaffen können. Das bedeutet, dass er zunächst alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternehmen muss, die Auskunft auf andere Weise zu erlangen. Eine vorrangig zu nutzende Informationsmöglichkeit ist regelmäßig dann gegeben, wenn ein unmittelbarer, nicht auf § 242 BGB gestützter gesetzlicher oder vertraglicher Auskunftsanspruch gegen eine andere Person oder Stelle besteht. Sieht der Berechtigte von vornherein schuldhaft davon ab, auf andere Erkenntnismöglichkeiten zuzugreifen, kann er einen Auskunftsanspruch nicht mehr auf § 242 BGB stützen4. So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger als Direktkommanditist die Fondsgesellschaft auf Einsicht in die Bücher und Papiere der Gesellschaft und gegebenfalls auf Auskunft hätte in Anspruch nehmen können. Neben dem Informationsrecht nach § 166 Abs. 1 HGB auf Mitteilung und Nachprüfung des Jahresabschlusses der Fondsgesellschaft steht dem Kläger als Direktkommanditisten gemäß § 166 Abs. 3 HGB i.V.m. § 16 des Gesellschaftsvertrags ein außerordentliches Informationsrecht aus wichtigem Grund zu. Dieses außerordentliche Einsichtsrecht, das grundsätzlich gegenüber der Gesellschaft besteht, ist nicht auf die Kontrolle des Rechnungsabschlusses beschränkt, sondern erstreckt sich allgemein auch auf die Geschäftsführung des Komplementärs und die damit zusammenhängenden Unterlagen. Ein wichtiger Grund ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Interessen der Kommanditisten konkret gefährdet erscheinen oder der begründete Verdacht nicht ordnungsgemäßer Geschäfts- oder Buchführung besteht, wobei ein Anlass zu aktuellem Misstrauen genügt5. Wenn die erforderlichen Angaben nicht aus den Büchern und Papieren der Gesellschaft ersichtlich sind, weil diese zum Beispiel Lücken oder Widersprüche aufweisen, kann das Informationsrecht des Kommanditisten nach § 166 HGB ausnahmsweise zum Auskunftsrecht des einzelnen Gesellschafters erstarken6. Darüber hinaus ist jedenfalls bei Publikumsgesellschaften ein allgemeines Auskunfts- und Einsichtsrecht des Kommanditisten dort anzuerkennen, wo er die Informationen zur Ausübung seiner Rechte in der KG benötigt7. Schließlich kommt nach §§ 713, 666 BGB i.V.m. § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2 HGB ein (kollektives) Informationsrecht aller Gesellschafter gegen den geschäftsführenden Gesellschafter in Betracht. Dieses Recht ist zwar kein Individualrecht, kann aber von jedem einzelnen Gesellschafter zu Gunsten der Gesellschaft im Wege der actio pro socio geltend gemacht werden8.
Da der Kläger nicht geltend gemacht hat, wenigstens den Versuch unternommen zu haben, die von ihm für erforderlich gehaltenen Informationen zur Mittelanforderung durch die Fondsgesellschaft (Überweisungsträger/Überweisungsdatenträger) sowie zu schriftlichen Nachweisen (Investition des Kommanditkapitals) über die ihm gesellschaftsvertraglich zustehenden Informationsrechte gegenüber der Fondsgesellschaft geltend zu machen, ist ihm ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB gegenüber der Beklagten verwehrt.
Der auf § 242 BGB gestützte Auskunftsanspruch scheitert ferner daran, dass die Beklagte, deren Tätigkeit als Mittelverwendungskontrolleurin im Jahre 2011 endete, nicht auskunftsfähig ist.
Der Verpflichtete muss „unschwer“, das heißt ohne unbillige Belastung, in der Lage sein, die begehrte Auskunft zu erteilen9. Ob der Schuldner in diesem Sinne unbillig belastet wird, ist auf Grund einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen10. Nach den unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Beklagte nicht (mehr) im Besitz derjenigen Unterlagen, deren Vorlage der Kläger verlangt. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, die Beklagte sei zur Beschaffung der Unterlagen über die Fondsgesellschaft oder die Komplementärin verpflichtet, übersieht sie, dass jede Auskunfts- und Rechenschaftspflicht durch die konkrete Geschäftsbesorgung begrenzt wird11. Weder die Führung des Mittelverwendungskontos noch die lückenlose Dokumentation der im Rahmen der Mittelverwendungskontrolle eingesehenen Nachweise gehörten zum Pflichtenkreis der Beklagten. Nach den Bestimmungen des Mittelverwendungskontrollvertrages war die Beklagte lediglich verpflichtet, die Verwendung der auf das Mittelverwendungskonto einbezahlten Beträge „auf Übereinstimmung der Anforderung der Mittelfreigabe und der vorzulegenden Nachweise mit §§ 16, 17 und 18 des Gesellschaftsvertrages“ zu überprüfen und sicherzustellen, dass Kontoverfügungen nur mit ihrer Zustimmung erfolgten. Dazu reichte – wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat – die Einsichtnahme in die im Einzelfall maßgeblichen Papiere aus. Nicht erforderlich war es, die Originale oder Kopien der jeweils eingesehenen schriftlichen Nachweise (z.B. Verträge, Prognosen, Garantieerklärungen) lückenlos aufzubewahren. Die von der Revision geltend gemachte Beschaffungspflicht der Beklagten scheitert im Übrigen auch daran, dass die Fondsgesellschaft nicht bereit ist, Geschäftsunterlagen der Beklagten zugänglich zu machen, und auch nicht ersichtlich ist, dass der Beklagten nach Beendigung des Mittelverwendungskontrollvertrags weiterhin ein Einsichtsrecht gegenüber der Fondgesellschaft zusteht, das sie gegebenfalls gerichtlich durchsetzen könnte.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Februar 2018 – III ZR 65/17
- Bestätigung und Fortführung des BGH, Urteils vom 09.11.2017 – III ZR 610/16, WM 2017, 2296[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 09.11.2017 aaO Rn. 28[↩]
- MünchKomm-BGB/Krüger, 7. Aufl., § 260 Rn. 37[↩]
- MünchKomm-BGB/Krüger aaO Rn. 18; Palandt/Grüneberg aaO § 260 R. 7; s. auch OLG Celle NJW-RR 2003, 1715, 1716[↩]
- Baumbach/Hopt/Roth, HGB, 37. Aufl., § 166 Rn. 8 f; MünchKomm-HGB/Grunewald, 3. Aufl., § 166 Rn. 30[↩]
- Baumbach/Hopt/Roth aaO § 118 Rn. 7 und § 166 Rn. 11[↩]
- vgl. OLG Stuttgart NZG 2002, 1105; Baumbach/Hopt/Roth aaO § 166 Rn. 11; MünchKomm-HGB/Grunewald aaO Rn. 12 jew. mwN; s. auch die dahingehende Tendenz in BGH, Urteil vom 23.03.1992 – II ZR 128/91, NJW 1992, 1890, 1891, wo die Frage allerdings letztlich offen gelassen wird[↩]
- Baumbach/Hopt/Roth aaO § 114 Rn. 14, § 118 Rn. 12 und § 166 Rn. 12, jedenfalls soweit es um Informationen geht, derer der Gesellschafter zur Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte bedarf ((BGH, Urteil vom 23.03.1992 aaO S. 1892[↩]
- z.B. BGH, Urteile vom 17.05.1994 – X ZR 82/92, BGHZ 126, 109, 113; und vom 06.02.2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806 Rn. 18 mwN, siehe auch Palandt/Grüneberg aaO § 260 Rn. 8 mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 06.02.2007 aaO; MünchKomm-BGB/Krüger aaO § 260 Rn.20: Art des Rechtsverhältnisses, ggf. Ausmaß und Umfang der Rechtsverletzung, Bedeutung der Sache, Ausmaß der Beweisnot des Berechtigten[↩]
- BGH, Urteil vom 09.11.2017 – III ZR 620/16, WM 2017, 2296 Rn. 23, 27 f[↩]