Die Aussetzung des Verfahrens ist in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auch ohne gleichzeitiges Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union grundsätzlich zulässig, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von der Beantwortung derselben Frage abhängt, die bereits in einem anderen Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorgelegt wurde1. Eine Aussetzung nach § 148 ZPO (analog) ist auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren möglich2.

In dem hier beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren ist eine Frage entscheidungserheblich, die der Bundesgerichtshof bereits in einem anderen Verfahren dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt hat.
Aufgrund der Entscheidungserheblichkeit dieser Frage kann der Bundesgerichtshof in dieser Sache unter Beachtung seiner in Art. 267 Abs. 3 AEUV enthaltenen Vorlageverpflichtung keine abschließende Sachentscheidung treffen. Eine Vorlage auch dieses Verfahrens an den EuGH würde jedoch dort nicht zu einer schnelleren Beantwortung der maßgeblichen Rechtsfrage führen3. Hieran ändert nichts, dass der Gerichtshof seinerseits das Vorabentscheidungsverfahren bis nach der Urteilsverkündung in den zwei anderen bei ihm vorliegenden Rechtssachen ausgesetzt hat.
Im Gegenteil würde die Funktion des Europäischen Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren beeinträchtigt, wenn die gleiche Rechtsfrage mehrfach vorgelegt würde4. Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV stellt ein grundlegendes Instrument dar, um den Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor nationalem Recht zu verwirklichen und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten5. Die verbindliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist dem Gerichtshof der Europäischen Union vorbehalten. Da der Europäische Gerichtshof aber kein Rechtsmittelgericht für sämtliche mitgliedschaftlichen Verfahren darstellt6, genügt es, wenn dort über eine klärungsbedürftige Rechtsfrage lediglich in einem Verfahren verhandelt und entschieden wird.
Der Bundesgerichtshof hält es daher für angemessen, das vorliegende Verfahren gemäß § 148 ZPO analog wegen Vorgreiflichkeit des beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits auszusetzen7.
Eine Aussetzung nach § 148 ZPO (analog) ist auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren möglich8.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. Januar 2012 – VIII ZR 236/10
- Anschluss an BAG, NJW 2011, 1836; BAG, Beschlüsse vom 05.06.1984 – 3 AZR 168/81; vom 06.11.2002 – 5 AZR 279/01 (A); BPatG, GRUR 2002, 734 f.; Fortführung von BGH, Beschlüsse vom 25.03.1998 – VIII ZR 337/97, NJW 1998, 1957; vom 18.07.2000 – VIII ZR 323/99, RdE 2001, 20; vom 30.03.2005 – X ZB 26/04, BGHZ 162, 373, 378; BVerfG, NJW 2000, 1484, 1485[↩]
- Anschluss an BGH, Beschluss vom 06.04.2004 – X ZR 272/02, BGHZ 158, 372, 374 f.[↩]
- vgl. hierzu BAG, NJW 2011, 1836, 1837[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 30.03.2005 – X ZB 26/04, BGHZ 162, 373, 378[↩]
- BPatG, GRUR 2002, 734, 735[↩]
- BGH, Beschluss vom 30.03.2005 – X ZB 26/04, aaO[↩]
- zur Zulässigkeit dieser Vorgehensweise vgl. auch BAG, aaO S. 1836 f.; BAG, Beschlüsse vom 05.06.1984 – 3 AZR 168/81; vom 06.11.2002 – 5 AZR 279/01 (A); BPatG, aaO S. 734 ff.; noch offen gelassen von BGH, Beschluss vom 30.03.2005 – X ZB 26/04, aaO[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 06.04.2004 – X ZR 272/02, BGHZ 158, 372, 374 f.[↩]