Baumängel – und die vertraglichen Verjährungsvorschriften

Nach § 309 Nr. 8 b) ff) BGB ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Bestimmung unwirksam, durch die bei Verträgen über die Lieferung neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 BGB und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB erleichtert wird.

Baumängel – und die vertraglichen Verjährungsvorschriften

Eine derartige unzulässige Erleichterung liegt unter anderem dann vor, wenn der Verjährungsbeginn gemessen am vom Gesetz vorgesehenen Beginn vorverlegt wird1.

Gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB findet § 309 BGB unter anderem keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden. Gemäß § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB findet § 307 Abs. 1 und 2 BGB in den Fällen des § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 309 BGB genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. Dem strikten Klauselverbot des § 309 Nr. 8 b) ff) BGB kommt im Rahmen des § 307 BGB Indizwirkung für die Unwirksamkeit einer entsprechenden Klausel zu2. Dies gilt auch für die Erleichterung der Verjährung bezüglich bauwerksbezogener Leistungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Ingenieurs, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden3.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Vertragsbestimmung „Die Verjährung beginnt nach Ingebrauchnahme des Gesamtobjektes“ wegen unangemessener Benachteiligung des Bauherrs entweder gemäß § 309 Nr. 8 b) ff) BGB oder gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

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Mit dieser Vertragsbestimmung wird die Verjährung von Mängelansprüchen, darunter solchen gemäß § 634 Nr. 4 BGB, gegen den mit Leistungen gemäß den Leistungsphasen 1 bis 9 des § 73 HOAI a.F. beauftragten Ingenieur durch Vorverlegung des Verjährungsbeginns auf den Zeitpunkt der Abnahme des Gesamtobjekts gegenüber der gesetzlichen Regelung erleichtert. Die Verjährung der in § 634 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 BGB bezeichneten Ansprüche beginnt in dem hier einschlägigen Fall des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich mit der Abnahme, § 634a Abs. 2 BGB. Wird ein Ingenieur mit Leistungen gemäß § 73 HOAI a.F. einschließlich solchen der Leistungsphase 9 beauftragt, hat er seine Leistungen vertragsgemäß erst erbracht, wenn auch die Leistungen gemäß Leistungsphase 9 erfüllt sind4. Bei Beauftragung mit Leistungen einschließlich Leistungsphase 9 des § 73 HOAI a.F. kann daher eine Abnahme grundsätzlich erst angenommen werden, wenn auch die dieser Leistungsphase entsprechenden Leistungen erbracht sind5.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. September 2016 – VII ZR 168/15

  1. vgl. BGH, Urteil vom 12.05.2016 – VII ZR 171/15, ZIP 2016, 1634 Rn. 49; Urteil vom 25.02.2016 – VII ZR 49/15, BauR 2016, 1013 Rn. 37 = NZBau 2016, 351; Urteil vom 09.10.1986 – VII ZR 245/85, BauR 1987, 113, 115 16, zu § 11 Nr. 10 f) AGBG[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2013 – VII ZR 19/12, BauR 2014, 127 Rn. 21 = NZBau 2014, 47; Urteil vom 08.03.1984 – VII ZR 349/82, BGHZ 90, 273, 277 f. 22 ff.; je zu § 11 Nr. 10 f), § 9 AGBG[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 03.12 1998 – VII ZR 109/97, BauR 1999, 670 8; Urteil vom 10.10.2013 – VII ZR 19/12, BauR 2014, 127 Rn. 21 = NZBau 2014, 47[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2013 – VII ZR 19/12, BauR 2014, 127 Rn. 29 = NZBau 2014, 47, bezüglich eines Ingenieurs, der mit Leistungen gemäß § 55 HOAI a.F. einschließlich Leistungsphase 9 beauftragt ist[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2013 – VII ZR 19/12, aaO[]
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