Bearbeitungsentgelt-Klausel in Privatkreditvertrag

Bei einem per Preisaushang vereinbarten „Bearbeitungsentgelt für die Kapitalüberlassung“ in einem Privatkreditvertrag handelt es sich um eine unwirksame Preisnebenabrede.

Bearbeitungsentgelt-Klausel in Privatkreditvertrag

Das Preisverzeichnis, aufgrund dessen die Kreditgeberin das Bearbeitungsentgelt verlangt hat, stellt eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB dar. Nach dem als unstreitig zu behandelnden Klägervortrag hat die Kreditgeberin die für eine Vielzahl von Verträgen verwendete vorformulierten Bedingung einseitig gestellt.

Eine individuelle Vertragsabrede liegt nicht vor. Zwar wurde das Bearbeitungsentgelt hier individuell als Bestandteil der Kreditsumme angegeben. Jedoch bemisst sich die Höhe nach einem festgelegten Prozentsatz, welcher ausgehängt ist. Ein Aushandeln liegt nicht vor, weil der Darlehensnehmer regelmäßig einen Einfluss auf die Höhe des Entgelts nehmen kann1.

Die Bearbeitungsentgelt-Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle des § 307 BGB. Sie ist der Inhaltskontrolle nicht nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB entzogen, denn es handelt sich um eine kontrollfähige Preisnebenabrede und nicht um eine Preishauptabrede.

Zwar stellt das Bearbeitungsentgelt dem Wortlaut nach eine Gegenleistung „für die Kapitalüberlassung“ dar. Maßgeblich ist jedoch nicht der Wortlaut, sondern der durch Auslegung zu ermittelnde Sinn der Klausel, wobei Zweifel im Lasten zum Nachteil des Verwenders gehen, § 305 c Abs. 2 BGB2.

Hauptleistungspflicht des Darlehensnehmers im Sinn von § 488 BGB ist die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Pflicht zur Zahlung von Zinsen (sowie zur Rückzahlung des Darlehens bei Fälligkeit). Entgelt für die Gewährung des Darlehens ist somit der vom Schuldner zu zahlende Zins. Das laufzeitunabhängige und im Fall vorzeitiger Rückzahlung verfallene Bearbeitungsentgelt hingegen entspricht nicht einem solchen laufzeitabhängigen Zins im Sinne des § 488 Abs. 1 und auch nicht einem Disagio, nämlich einer Einmalzahlung zur Reduzierung des laufenden Zinses. Denn zinsähnlichen Charakter hat ein Entgelt nur, wenn es die laufzeitabhängigen Darlehensnebenkosten vergüten soll3.

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Der Sache nach lässt sich die Kreditgeberin – und anderes hat sie nicht dargelegt – mit dem Bearbeitungsentgelt den Verwaltungsaufwand für den Abschluss des Kreditvertrags inklusive Bonitätsprüfung und für die Kapitalüberlassung vergüten. Das sind keine Dienstleistungen für den Kunden, sondern interne Verwaltungstätigkeiten der Kreditgeberin, die damit ihrer Hauptleistungspflicht nachkommt4.

Insofern liegt die Sache anders als bei einer Kontoführungsgebühr, deren Vereinbarung per AGB das OLG Stuttgart in der Entscheidung vom 21.10.20105 nicht als Preisnebenabrede, sondern als nicht kontrollfähige Preishauptabrede (wenngleich in Bezug auf einen pauschalierten Verwaltungskostenersatz) angesehen hat unter Hinweis darauf, dass der Darlehensgeber dem Darlehensnehmer nicht zur Rechnungslegung verpflichtet sei. Ob dem angesichts der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung noch gefolgt werden könnte, kann offen bleiben.

Die Bearbeitungsentgelt-Klausel hält der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand.

Das gilt unabhängig von der sonst in diesem Zusammenhang ergangenen Rechtsprechung im vorliegenden Fall schon deshalb, weil die Geschäftsbedingungen der Kreditgeberin unklar und daher nach § 305c Abs. 2 BGB so zu verstehen sind, dass die Kreditgeberin schon nach ihren eigenen AGB nicht berechtigt ist, ein Entgelt für ihr obliegenden, internen Aufwand zu verlangen. Ziff. 12 Abs. 3 der AGB der Kreditgeberin bestimmt, dass die Kreditgeberin für eine Leistung, zu deren Erbringung sie kraft Gesetzes oder aufgrund einer vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die sie im eigenen Interesse wahrnimmt, kein Entgelt berechnen werde. Prüfung und Abschluss eines Kreditvertrags und die Auszahlung des Kapitals sind aber Leistungen, die die Kreditgeberin in ihrer Eigenschaft als Kreditinstitut und Darlehensgeberin in ureigenster Funktion und Zuständigkeit wahrnimmt6. Für diesen Aufwand erhält sie bereits den Zins als Gegenleistung, gleich ob dieser laufend oder einmalig pauschal oder in kombinierter Form zu zahlen ist. Wenn aber für gerade diese Tätigkeit nach Ziff. 12 Abs. 1 der Geschäftsbedingungen in Verbindung mit dem Preisaushang regelmäßig ein prozentuales Bearbeitungsentgelt verlangt wird, sind die Bedingungen widersprüchlich und unklar und damit unwirksam.

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Zudem ist die Klausel intransparent und damit auch nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam.

Dem Vertrag lässt sich nicht entnehmen, wofür die Bearbeitungsgebühr erhoben wird. Der Zusatz „für die Kapitalüberlassung kann sowohl auf den Aufwand für die Auszahlung als auch auf die laufende Darlehensgewährung bezogen werden. Offen bleibt auch, inwieweit das Bearbeitungsentgelt in die Zinsberechnung einfließt und was mit ihr geschieht, sollte der Darlehensvertrag vorzeitig gekündigt werden7.

Schließlich ist die Klausel nach § 307 Abs. 2 S. 1 BGB unwirksam, weil sie mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar ist.

Wie ausgeführt sind Abschluss des Kreditvertrags und Auszahlung des Kapitals ureigene Sache des Darlehensgebers und daher nicht gesondert vergütungspflichtig. Das entspricht einer immer weiter vordringenden Rechtsprechung der Instanzgerichte8.

Amtsgericht Bad Urach, Urteil vom 2. August 2013 – 1 C 310/13

  1. vgl. Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Auflage 2011, § 5 Rn. 4f.[]
  2. vgl. Schmieder WM 2012, 2358, 2360; BGHZ 180, 257[]
  3. vgl. Schmieder a.a.O.[]
  4. vgl. LG Bonn, Urteil vom 16.04.2013 – 8 S 293/12; OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.05.2011 – 17 U 192/10, WM 2011, 1366; a.A. AG Halle vom 25.07.2013 – 93 C 137/13[]
  5. OLG Stuttgart, Urteil vom 21.10.2010 – 2 U 30/10, ZIP 2011, 462, Tz. 37[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 21.04.2009 – XI ZR 78/08, NJW 2009, 2051 ff., Tz. 21; LG Bonn, Urteil vom 16.04.2013 – 8 S 293/12, Tz. 40 ff.[]
  7. vgl. OLG Karlsruhe a.a.O.; AG Schorndorf, Urteil vom 24.10.2012 – 2 C 388/12[]
  8. außer den bereits zitierten Entscheidungen vgl. z.B. OLG Celle vom 13.10.2011 – 3 W 86/11 unter Aufgabe abweichender Rechtsprechung; OLG Dresden vom 29.09.2011 – 8 U 562/11, WM 2011, 2320; LG Berlin vom 04.06.2013 – 10 S 2/13; AG Bonn vom 13.06.2013 – 102 C 262/12; sowie vom 30.10.2012 – 108 C 271/12; AG Mönchengladbach vom 24.04.2013 – 36 C 147/13; AG Köln vom 13.03.2013 – 136 C 600/12[]
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