Der Bereicherungsausgleich im Dreipersonenverhältnis ist bei Unwirksamkeit sowohl des Kausal- als auch des Valutaverhältnisses (sog. Doppelmangel) bei intakter Anweisung „über das Dreieck“ durchzuführen; eine Eingriffskondiktion scheitert – anders als der Bundesgerichtshof noch 1954 entschieden hat1 – am Vorrang der Leistungskondiktion.

Das Bereicherungsrecht gebietet in besonderem Maße eine wirtschaftliche und nicht rechtsformale Betrachtungsweise2. Bei der bereicherungsrechtlichen Behandlung von Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind, verbietet sich jede schematische Lösung. Vielmehr sind in erster Linie die Besonderheiten des einzelnen Falles für die sachgerechte bereicherungsrechtliche Abwicklung zu beachten3. Entscheidend ist, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Danach richtet sich auch die einer Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, die wiederum für das Leistungsverhältnis maßgebend ist, innerhalb dessen der bereicherungsrechtliche Ausgleich zu suchen ist4.
Die Rechtsprechung hat für die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im Mehrpersonenverhältnis verschiedene Fallgruppen gebildet. Die Rückabwicklung von Factoring-Verträgen ist nach den Regeln vorzunehmen, die für die so genannten Anweisungsfälle entwickelt wurden, also solchen Fällen, in denen der Gläubiger den Schuldner anweist, die Zahlung an einen Dritten zu erbringen. Denn durch einen Factoring-Vertrag, der ein Finanzierungsmittel ist, tritt der Gläubiger nicht in die Vertragsbeziehung zwischen dem Schuldner und dem Empfänger ein5.
In einem Fall der Leistung kraft Anweisung vollzieht sich der Bereicherungsausgleich grundsätzlich innerhalb des jeweiligen Leistungsverhältnisses, also zum einen zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen im sog. Deckungsverhältnis und zum anderen zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger im sog. Valutaverhältnis. Nach dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff bewirkt der Angewiesene, der von ihm getroffenen, allseits richtig verstandenen Zweckbestimmung entsprechend, mit seiner Zuwendung an den Anweisungsempfänger zunächst eine eigene Leistung an den Anweisenden und zugleich eine Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger6.
Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos. So entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dem Angewiesenen jedenfalls dann ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch gegen den Anweisungsempfänger zusteht, wenn es an einer wirksamen Anweisung fehlt und dem Anweisungsempfänger dieser Umstand bei Empfang des Leistungsgegenstandes bekannt ist. Denn ohne eine gültige Anweisung kann die Zahlung dem vermeintlich Anweisenden nicht als seine Leistung zugerechnet werden, und der Empfänger kann die Zahlung aus seiner Sicht aufgrund seiner Kenntnis vom Fehlen einer Anweisung auch nicht als Leistung des vermeintlich Anweisenden ansehen7. Der Fall einer unwirksamen Anweisung ist in Betracht zu ziehen, wenn die Anweisung z. B. aufgrund der Geschäftsunfähigkeit des Anweisenden oder aufgrund fehlender Vertretungsmacht unwirksam ist8.
Eine weitere Ausnahme wird in entsprechender Anwendung des § 822 BGB dann angenommen, wenn es im Deckungsverhältnis an einem Rechtsgrund fehlt, im Valutaverhältnis die Leistung unentgeltlich bewirkt ist und die Verpflichtung des Anweisenden zur Herausgabe des Erlangten – aus Rechtsgründen9 – ausgeschlossen ist10.
Schließlich ist ein Durchgriff des Zuwendenden auf den Zuwendungsempfänger vom Reichsgericht11; und vom Bundesgerichtshof12 ausnahmsweise in dem Fall für zulässig erachtet worden, in dem ein „Doppelmangel in der Bereicherungskette“ vorlag, d.h. sowohl das Deckungs- als auch das Valutaverhältnis mangelhaft waren. Der Bundesgerichtshof hat zuletzt Zweifel geäußert, ob an dieser Auffassung trotz der Tatsache, dass dadurch sowohl dem letzten Glied einer dreigliedrigen Bereicherungskette seine Einwendungen gegen seinen Vormann (das Zwischenglied der Kette), als auch diesem Zwischenmann seine Einwendungen gegen das erste Glied der Bereicherungskette abgeschnitten werden, festzuhalten ist13.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe geht davon aus, dass bei der rechtlichen Beurteilung des Doppelmangels in Anweisungsfällen solche Fälle auszuscheiden sind, in denen es an einer dem Anweisenden zurechenbaren Vermögensdisposition fehlt, weil es bei dem Doppelmangel nur um die Mangelhaftigkeit der beiden Kausalverhältnisse geht, d. h. der Boden der Leistungskondiktion nicht verlassen wird. Nur in einem solchen – hier aber nicht einschlägigen – Fall kommt es zu einer Direktkondiktion. Im Übrigen ist die Rückabwicklung „über das Dreieck“ durchzuführen14. Hierfür spricht insbesondere, dass bei einer Abwicklung über das „Dreieck“ das Insolvenzrisiko innerhalb der Vertragsbeziehungen demjenigen zugewiesen, der dieses bei der Entgeltkalkulation berücksichtigen konnte.
Dieser Auffassung steht auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.04.200415 nicht entgegen, weil in der dort zugrunde liegenden Entscheidung die Anweisung unwirksam war.
Der Anwendungsbereich der Eingriffskondiktion ist nicht eröffnet, weil nach dem Grundsatz des Vorrangs der Leistungskondiktion der Gläubiger gehalten ist, sich an den Schuldner zu halten. Der Umstand, dass der Gläubiger aufgrund der Insolvenz nur einen Bruchteil seiner Forderung erhalten hat, rechtfertigt die Anwendung der Nichtleistungskondiktion nicht.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 9. April 2015 – 12 U 17/14
- Abweichung von BGH, Urteil 25.03.1954 – IV ZR 202/53; sowie von RGZ 86, 343, 347; RG JW 1934, 2458, 2459[↩]
- vgl. z.B. BGHZ 36, 232, 234; BGH WM 1983, 792, 793[↩]
- BGHZ 50, 227, 229; 58, 184, 187; 61, 289, 292; 72, 246, 250; 87, 393, 396; 88, 232, 235; BGH WM 1984, 423[↩]
- BGHZ 105, 365 Rn. 11[↩]
- vgl. BGH NJW 2005, 1369 Rn. 14[↩]
- vgl. BGHZ 40, 272, 276; 61, 289, 291; 147, 269 Rn. 10[↩]
- BGHZ 147, 269 Rn. 11[↩]
- vgl. OLG Celle NJW 1992, 3178[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 03.12 1998 – III ZR 288/96 , NJW 1999, 1026[↩]
- vgl. BGHZ 88, 232, 237[↩]
- RGZ 86, 343, 347; RG JW 1934, 2458, 2459[↩]
- BGH, Urteil vom 25.03.1954 – IV ZR 202/53[↩]
- BGHZ 147, 269 Rn. 13[↩]
- Staudinger/Stephan Lorenz [2007] § 812 BGB Rn. 54; MünchKomm-BGB/Schwab, 6. Aufl., § 812 BGB Rn. 72; Soergel/Schmidt-Kessel/Hadding [2011] § 812 Rn. 166; Palandt/Sprau, 74. Aufl., § 812 Rn. 67; BGB-RGKR § 812 Rn. 38, welcher allerdings davon ausgeht, dass in den o. g. Entscheidungen auf den Doppelmangel nicht ankomme[↩]
- BGH, Urteil vom 20.04.2004 – XI ZR 164/03, NJW 2004, 2745 Rn. 30[↩]