Berufungsbegründung – und die eingescannte Unterschrift

Beim Gericht im Original eingereichte, aber lediglich mit einer eingescannten Unterschrift versehene Schriftsätze zur Berufungsbegründung genügen den Formanforderungen nicht.

Berufungsbegründung – und die eingescannte Unterschrift

Als bestimmender Schriftsatz muss die Berufungsbegründung gemäß § 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6, § 78 Abs. 1 Satz 1 ZPO grundsätzlich durch einen postulationsfähigen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein1. Die lediglich eingescannte Unterschrift genügt diesen Formanforderungen bei einem im Original eingereichten Schriftsatz nicht2.

Zum Nachweis der Urheberschaft reicht allein der persönliche Einwurf in den Gerichtsbriefkasten nicht aus3.

Schließlich hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall dem Beklagten zutreffend eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Begründung der Berufung versagt (§ 233 Satz 1 ZPO)4, da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die Berufungsbegründungsfrist ohne Verschulden versäumt worden ist.

Wird die Berufungsbegründungsfrist versäumt, weil wie vorliegend innerhalb der laufenden Frist ein nicht unterschriebener und damit zur Einhaltung der Frist nicht geeigneter Schriftsatz bei dem Gericht eingegangen ist, ist grundsätzlich von einem dem Berufungskläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Anwaltsverschulden auszugehen, da es zur Pflicht eines Rechtsanwalts gehört, für einen mangelfreien Zustand der ausgehenden Schriftsätze zu sorgen, wozu die gemäß § 130 Nr. 6 ZPO zu leistende Unterschrift gehört5.

Dieses Verschulden ist jedoch dann nicht rechtlich erheblich, wenn alle erforderlichen Schritte unternommen wurden, die bei normalem Ablauf der Dinge mit Sicherheit dazu führen würden, dass die Frist gewahrt werden kann. In der Rechtsprechung ist deshalb anerkannt, dass bei fehlender Unterzeichnung der bei Gericht fristgerecht eingereichten Rechtsmittel(Begründungs)schrift Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann, wenn der Prozessbevollmächtigte sein Büropersonal allgemein angewiesen hatte, sämtliche ausgehenden Schriftsätze vor der Absendung auf das Vorhandensein der Unterschrift zu überprüfen. Da die Unterschriftenkontrolle die der Rechtsanwalt zuverlässigen Bürokräften überlassen darf6 gerade der Vermeidung eines erfahrungsgemäß nicht gänzlich ausschließbaren Anwaltsversehens bei der Unterschriftsleistung dient, ist bei einem Versagen einer solchen Kontrolle ein Rückgriff auf ein Anwaltsversehen im Zusammenhang mit der Unterzeichnung ausgeschlossen7.

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Der Beklagtenvertreter hat vorliegend jedoch weder zur Unterschriftenkontrolle im Einzelfall noch zum Bestehen einer vorstehend dargestellten Anweisung in seinem Büro vorgetragen. Im Gegenteil hat er erklärt, er habe für die Versendung von Schriftsätzen per Computerfax eine Unterschrift eingescannt, die er beim Ausdruck des Originals meistens entferne und dann per Hand unterschreibe. Manchmal unterbleibe dies aber auch wegen eines Versehens.

Dass die Fristversäumung mit Rücksicht darauf unverschuldet gewesen sei, dass der Beklagte wegen seiner Bedürftigkeit vor der Bewilligung rechtzeitig beantragter Prozesskostenhilfe einen zur Begründung der Berufung bereiten Rechtsanwalt nicht habe finden können, hat er in seinem Wiedereinsetzungsantrag selbst nicht geltend gemacht. Vielmehr hat sein Prozessbevollmächtigter dort vorgetragen, dass bereits mit dem zusammen mit dem PKHAntrag eingereichten Schriftsatz eine wirksame Berufungsbegründung erfolgen sollte.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. November 2019 – VIII ZA 4/19

  1. st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 23.06.2005 – V ZB 45/04, NJW 2005, 2709 unter – III 2 a aa; vom 31.01.2019 – III ZB 88/18, NJW-RR 2019, 441 Rn. 8; vom 15.05.2019 XII ZB 573/18, NJW 2019 Rn. 10 [zu § 519 ZPO aF][]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 27.08.2015 – III ZB 60/14, NJW 2015, 3246 Rn. 12; vgl. demgegenüber zum ComputerFax GmSOGB, Beschluss vom 05.04.2000 GmSOGB 1/98, BGHZ 144, 160, 164; BGH, Urteil vom 10.05.2005 – XI ZR 128/04, NJW 2005, 2086 unter B – II 1 b; Beschluss vom 10.10.2006 – XI ZB 40/05, NJW 2006, 3784 Rn. 11[]
  3. vgl. BGH, Beschlüsse vom 27.03.1980 – VII ZB 1/80, VersR 1980, 765; vom 16.12 1982 – VII ZB 31/82 4; zur hier nicht vorgebrachten anderweitigen Behebung des Unterschriftsmangels vgl. BGH, Beschluss vom 10.04.2018 – VIII ZB 35/17, aaO Rn. 15[]
  4. OLG München, Beschluss vom 23.01.2019 24 U 3486/18[]
  5. vgl. BGH, Beschluss vom 17.12 2015 – V ZB 161/14, NJW 2016, 718 Rn. 10 mwN[]
  6. vgl. BGH, Beschluss vom 23.11.1988 – VIII ZB 31/88, NJW 1989, 589 unter 2 b[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 06.12 1995 – VIII ZR 12/95, NJW 1996, 998 unter – II 2 b; Beschluss vom 15.07.2014 – VI ZB 15/14, NJW 2014, 2961 Rn. 9; jeweils mwN[]
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