Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf die Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB keine Anwendung.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall streiten zwei Eigentümer benachbarter Grundstücke. Auf dem Grundstück der Beklagten steht unweit der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine Pappel. Die Wurzeln der Pappel sind in das Grundstück des Klägers hineingewachsen und haben dort Wurzelbrut gebildet. Dadurch wurden in der Garageneinfahrt des Klägers Pflastersteine angehoben. Er forderte die Beklagten unter Fristsetzung auf, die Pappel zu fällen bzw. die eingedrungenen Wurzeln zu beseitigen und Vorsorge gegen künftige Beeinträchtigungen, etwa durch den Einbau einer Wurzelsperre, zu treffen. Dies lehnten die Beklagten ab. Erst während des Prozesses erklärten sie unter dem Vorbehalt einer behördlichen Genehmigung ihre Bereitschaft zum Einbau einer Wurzelsperre. Dies ist bis heute nicht geschehen; auch die Unebenheit des Pflasters wurde noch nicht beseitigt.
Mit der Klage verlangt der Kläger – soweit von Interesse – die Zahlung von 2.040 € netto nebst Zinsen (für die Reparatur des Pflasters und das Einbringen einer Wurzelsperre), die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Kosten. Das erstinstanzlich hiermit befasste Amtsgericht Cottbus hat der Klage stattgegeben1. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Cottbus die Klage abgewiesen2. Die hiergegen gerichtete; vom Landgericht zugelassene Revision hat der Bundesgerichtshof als unbegründet zurückgewiesen:
Das Landgericht Cottbus verneint zu Recht einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Zahlung von 240 € netto für die Beseitigung der Unebenheit des Pflasters (durch Aufnahme der Pflastersteine, Entfernung der Wurzeln und Wiederverlegung der Pflastersteine).
Für einen Anspruch aus § 683 Satz 1, § 670 BGB, § 684 Satz 1, § 818 BGB oder § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 BGB fehlt es jedenfalls an einer Vornahme der Arbeiten durch den Kläger. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Eigentümer, der eine Beeinträchtigung seines Eigentums selbst beseitigt hat, von dem nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich hierzu verpflichteten Störer Ersatz der zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, weil er ein Geschäft des Störers besorgt hat, oder, wenn sich die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht feststellen lassen, weil der Störer von seiner Beseitigungspflicht frei geworden und deshalb ungerechtfertigt bereichert ist3. Der Kläger hat die Unebenheit des Pflasters aber bislang nicht beseitigt.
Das Landgericht Cottbus geht weiter zutreffend davon aus, dass der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB nur auf Beseitigung der Störung, nicht aber auf Zahlung eines Kostenvorschusses gerichtet ist4. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und der Gesetzessystematik, denn das Bürgerliche Gesetzbuch gewährt Vorschussansprüche nur in Ausnahmefällen, etwa im Werkvertrags- oder Auftragsrecht5.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten auch kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere des Bundesgerichtshofs, ist ein solcher auf einen angemessenen Ausgleich in Geld gerichteter Anspruch gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Benutzung Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB rechtzeitig zu unterbinden6. Der Kläger war und ist aber nicht an der Durchsetzung seines Abwehr- und Beseitigungsanspruchs gehindert. Ihm steht nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Cottbus gegen die Beklagten ein Anspruch auf Beseitigung der Beeinträchtigung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Dieser Anspruch umfasst nicht nur die Entfernung der unter dem Pflaster befindlichen Wurzeln, sondern auch die hierfür erforderliche Aufnahme der Pflastersteine und deren anschließende Wiederverlegung7.
Der Kläger hat gegen die Beklagten auch keinen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB. Ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten in Bezug auf den Wurzelüberwuchs ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
Richtig sieht das Landgericht Cottbus schließlich auch, dass dem Kläger gegen die Beklagten kein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB zusteht. Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf den Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Beseitigung der Beeinträchtigung des Eigentums – hier: auf Entfernung der herübergewachsenen Wurzeln und Wiederherstellung des Pflasters der Garageneinfahrt – keine Anwendung.
Dies ist allerdings in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Die Frage, inwieweit die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts, insbesondere die des allgemeinen Leistungsstörungsrechts, auch auf dingliche Ansprüche Anwendung finden, beschäftigt die Rechtswissenschaft und Rechtspraxis bereits seit den Beratungen über den Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches8.
In Rechtsprechung und Literatur wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass § 281 BGB auch auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (entsprechende) Anwendung findet. Dies wird mit den dadurch erzielten sachgerechten Ergebnissen begründet. So müsse ein Eigentümer, der die Arbeiten nicht vorfinanzieren könne, nicht zunächst einen Titel auf Beseitigung der Beeinträchtigung erwirken, um von dem Schuldner sodann im Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO einen Vorschuss zu erlangen. Wahlweise könne er sich auch dafür entscheiden, die Beeinträchtigung hinzunehmen und eine Entschädigung zu erhalten. Zudem sei der Anspruch, anders als derjenige aus § 812 BGB, nicht auf die Ersparnis beim Schuldner beschränkt. Auch könne nur so ein Gleichlauf mit dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB hergestellt werden, auf den § 281 BGB anwendbar sei. Schließlich sei eine Schlechterstellung des dinglichen gegenüber dem persönlichen Gläubiger nicht gerechtfertigt9.
Die Gegenauffassung, der auch das Landgericht Cottbus folgt, lehnt eine Anwendung des § 281 BGB auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ab. Die nach dieser Vorschrift geschuldete Rechtsverwirklichung sei keine Leistung im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB, mit der der Eigentümer sein Vermögen – im Sinne eines positiven Leistungsinteresses – mehren wolle. Für eine analoge Anwendung fehle es an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Kosten einer Selbstvornahme könne der Eigentümer nach § 683 Satz 1, § 670 BGB bzw. § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB erstattet verlangen; für eine bleibende Beeinträchtigung werde er ggf. analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB entschädigt. Schließlich könne auch die in § 281 Abs. 4 BGB vorgesehene Rechtsfolge – das Erlöschen des Leistungsanspruchs – nicht eintreten. Solange die Beeinträchtigung fortbestehe, könne der Beseitigungsanspruch nicht erlöschen bzw. entstehe sofort wieder neu. An etwaige schuldrechtliche Vereinbarungen sei ein Rechtsnachfolger nicht gebunden10.
Vereinzelt wird angenommen, dass eine Anwendung von § 281 BGB auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB zumindest dann in Betracht kommt, wenn der Eigentümer die Beeinträchtigung selbst beseitigt oder im Gegenzug für die Schadensersatzzahlung eine Duldungspflicht mit dinglicher Wirkung begründet. In beiden Fällen bestehe kein Konflikt mit der in § 281 Abs. 4 BGB vorgesehenen Rechtsfolge. Werde die Beeinträchtigung beseitigt, entfalle bereits deswegen die Beseitigungspflicht und damit auch die Gefahr einer erneuten Inanspruchnahme durch einen Rechtsnachfolger. Bestehe für eine fortdauernde Beeinträchtigung eine dinglich gesicherte Duldungspflicht, sei hieran auch ein Rechtsnachfolger gebunden11.
Höchstrichterlich ist bislang noch nicht geklärt, ob die Vorschrift des § 281 BGB auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (entsprechend) angewendet werden kann. Der Bundesgerichtshof hat dies für zweifelhaft gehalten, aber bislang ausdrücklich offen gelassen12. Er entscheidet die Frage nunmehr dahin, dass die Vorschrift des § 281 BGB auf den Beseitigungsanspruch des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB keine Anwendung findet.
Aus dem Wortlaut von § 281 BGB und der systematischen Stellung der Norm im das Recht der Schuldverhältnisse regelnden Buch 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergibt sich nicht eindeutig, ob die Vorschrift auch auf die in Buch 3 geregelten dinglichen Ansprüche Anwendung findet.
Zwar weisen dingliche und schuldrechtliche Ansprüche ihrem Rechtscharakter nach Unterschiede auf. So hat der dingliche Anspruch im Gegensatz zum schuldrechtlichen seinen Grund nicht in einer Beziehung des Berechtigten zu einem bestimmten Verpflichteten, sondern in einem Recht unmittelbarer Herrschaft über eine Sache. Er ist mit dem dinglichen Recht insofern untrennbar verbunden, als er die Verwirklichung des diesem Recht entsprechenden Zustandes gegenüber demjenigen ermöglicht, der den gegenteiligen Zustand aufrechterhält. Daher ist er, anders als der schuldrechtliche Anspruch, einerseits nicht selbständig übertragbar, während er andererseits mit dem Übergang des absoluten Rechts ohne weiteres auf den neuen Rechtsinhaber übergeht13.
Dies schließt aber die Anwendbarkeit schuldrechtlicher Regelungen auf dingliche Ansprüche nicht generell aus.
Der historische Gesetzgeber ging davon aus, dass die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts auch für dingliche Ansprüche gelten, wenn diese einen obligationsähnlichen Charakter aufweisen, weil sie sich gegen eine bestimmte Person richten und von dieser eine Leistung verlangen14. Von der Aufnahme einer Bestimmung über die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts wurde jedoch mit der Begründung abgesehen, dass es sich „mehr um eine der weiteren Prüfung und Begrenzung durch die Wissenschaft zu überlassende Rechtswahrheit als um einen positiven Rechtssatz“ handele15. Es ist daher für jeden dinglichen Anspruch gesondert zu prüfen, ob die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts auf ihn angewendet werden können16. Eine Anwendung kommt nur dann in Betracht, wenn nicht die besondere Natur des dinglichen Anspruchs oder besondere sachenrechtliche Vorschriften eine abweichende Behandlung erfordern17. Nach diesem Maßstab hat der Bundesgerichtshof sowohl die Anwendbarkeit einzelner Vorschriften aus dem allgemeinen Schuldrecht auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB als auch die Anwendbarkeit der §§ 280, 281 BGB auf einzelne andere dingliche Ansprüche bejaht.
Aus dem Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB können sich Leistungspflichten des Schuldners ergeben, auf die Regelungen des allgemeinen Schuldrechts zur Anwendung kommen können18. So kann sich der Schuldner gegenüber dem Beseitigungsanspruch etwa auf das Leistungsverweigerungsrecht des § 275 Abs. 2 BGB berufen19. Auch eine Mitverantwortung des Gläubigers ist bei diesem Anspruch in entsprechender Anwendung des § 254 BGB zu berücksichtigen20. Befindet sich der Schuldner mit der Erfüllung des Beseitigungsanspruchs in Verzug, haftet er gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB für dadurch verursachte Schäden21.
Auch die Anwendbarkeit von § 281 BGB auf dingliche Ansprüche ist nicht von vornherein ausgeschlossen. So hat der Bundesgerichtshof für den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB – unter den einschränkenden Voraussetzungen der §§ 989, 990 BGB – auch einen Schadensersatzanspruch statt der Leistung gemäß § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB bejaht22.
Die Anwendung von § 281 BGB auf den Beseitigungsanspruch des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB kommt hingegen nach der dinglichen Natur dieses Anspruchs und seiner sachenrechtlichen Zielrichtung nicht in Betracht.
Dies gilt zunächst für den Fall, dass der Eigentümer – wie hier – die Beeinträchtigung seines Eigentums nicht nach Fristsetzung gegenüber dem Störer selbst beseitigt hat, sondern entweder bereit ist, die Beeinträchtigung im Sinne eines „dulde und liquidiere“ hinzunehmen, oder aber den Schadensersatz wie einen Vorschuss dazu verwenden will, die Beeinträchtigung selbst zu beseitigen.
Eine Schadensersatzzahlung, die unabhängig von der Beseitigung der Beeinträchtigung geleistet wird und über deren Verwendung der Eigentümer frei entscheiden kann, wäre mit dem Zweck des Beseitigungsanspruchs nicht vereinbar. Dieser hat lediglich zum Ziel, den dem Eigentumsrecht entsprechenden Zustand wiederherzustellen (sog. Rechtsverwirklichungsfunktion). Er dient also nur der Verteidigung eines bereits vorhandenen Vermögensgegenstandes (sog. Integritätsinteresse), während mit einem schuldrechtlichen Anspruch das Vermögen des Gläubigers zu Lasten des Vermögens des Schuldners gemehrt werden soll (sog. Leistungsinteresse). Der Beseitigungsanspruch umfasst nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zwar nicht nur die Beseitigung der Störungsursache im engeren Sinne, sondern auch die Beseitigung der dabei zwangsläufig eintretenden weiteren Eigentumsbeeinträchtigungen – wie hier die Wiederverlegung der Pflastersteine nach Entfernung der Wurzeln23. Dass er dadurch dem Umfang nach einer Verpflichtung zum Schadensersatz angenähert ist und ihm teilweise schadensersetzende Wirkung zukommt, ändert aber nichts daran, dass sich das Bürgerliche Gesetzbuch mit dem Beseitigungsanspruch grundsätzlich gegen das Prinzip „dulde und liquidiere“ entschieden hat. Eine Zahlung, die unabhängig von der Beseitigung der Beeinträchtigung geleistet wird, wäre hiermit nicht vereinbar, da nicht gewährleistet wäre, dass der dem Eigentumsrecht entsprechende Zustand tatsächlich wiederhergestellt wird24.
Insbesondere stünde die in § 281 Abs. 4 BGB vorgesehene Rechtsfolge, der Ausschluss des Leistungsanspruchs, mit diesem Zweck in Widerspruch. Der Beseitigungsanspruch müsste nach dieser Regelung auch dann erlöschen, wenn die Beeinträchtigung – wie hier – tatsächlich noch fortbesteht. Dies ist indes nicht möglich, da der Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB bei fortbestehender Beeinträchtigung sofort wieder neu entstünde. Selbst wenn er, was dogmatisch schon nicht zu begründen wäre, in der Person des derzeitigen Eigentümers mit dessen Schadensersatzverlangen dauerhaft erlösche, entstünde er jedenfalls in der Person eines Einzelrechtsnachfolgers sofort wieder neu und könnte dieser den Störer ungeachtet des von diesem bereits an den Voreigentümer geleisteten Schadensersatzes erneut auf Beseitigung in Anspruch nehmen. Vor einer solchen doppelten Inanspruchnahme kann der Störer – anders als der Schuldner eines Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB – auch nicht effektiv geschützt werden. Selbst wenn im Verhältnis zwischen Störer und ursprünglichem Eigentümer mit dem Schadensersatzverlangen eine Duldungspflicht begründet würde, hätte diese rein schuldrechtlichen Charakter und wäre der Rechtsnachfolger hieran nicht gebunden25.
Zudem gibt es bei dem Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB – anders als bei dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB – kein dringendes praktisches Bedürfnis für die (analoge) Anwendung des § 281 BGB. Das Kosteninteresse des Eigentümers ist auch ohne die Anwendung von § 281 BGB hinreichend geschützt. Fehlen ihm die finanziellen Mittel, um die Beeinträchtigung selbst zu beseitigen, kann er den Störer – notfalls unter Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe – gerichtlich auf Beseitigung in Anspruch nehmen und im Wege der Zwangsvollstreckung gemäß § 887 Abs. 2 ZPO einen Vorschuss verlangen26. Für Verzögerungsschäden haftet der Störer gemäß § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB.
Schließlich würde durch die Anwendung des § 281 BGB das Recht des Schuldners, zwischen verschiedenen Beseitigungsmöglichkeiten zu wählen27, beeinträchtigt. Es würde nicht erst im Rahmen der Zwangsvollstreckung eines Titels über die Beseitigung der Beeinträchtigung, sondern bereits nach erfolglosem Ablauf der gesetzten Frist und Äußerung des Schadensersatzverlangens durch den Eigentümer entfallen. Auch wäre unklar, nach welcher der wahlweise zur Verfügung stehenden Beseitigungsmaßnahmen der Schadensersatz zu berechnen wäre.
Dass der Gläubiger des dinglichen Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB mit der Nichtanwendung des § 281 BGB schlechter steht als ein schuldrechtlicher Gläubiger, ändert an diesem Ergebnis nichts. Es gibt keinen Grundsatz des Inhalts, dass der dingliche Gläubiger stets dem schuldrechtlichen Gläubiger (mindestens) gleichzustellen sei; der dingliche Gläubiger steht anders als der schuldrechtliche Gläubiger und nicht notwendig ebenso gut oder besser28. Soweit der Bundesgerichtshof die Anwendbarkeit der §§ 280, 281 BGB auf den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB unter anderem damit begründet hat, dass der dingliche Gläubiger bei seiner Rechtsverfolgung nicht schlechter zu stellen sei als der schuldrechtliche29, und dieser Satz als allgemeiner Rechtsgrundsatz verstanden werden könnte, hält der Bundesgerichtshof hieran nicht fest. Der Gesichtspunkt war für die Entscheidung nicht tragend.
Wegen der vorgenannten Unterschiede zwischen dem Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB und dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB kann trotz der mit diesem Anspruch bestehenden Wesensgleichheit30 kein Gleichlauf bei der Anwendbarkeit von § 281 BGB hergestellt werden31.
§ 281 BGB findet auf den Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB aber auch dann keine Anwendung, wenn der Eigentümer die Beeinträchtigung – anders als im vorliegenden Fall – selbst beseitigt (sog. Selbstvornahme).
Zwar bestünde insoweit kein Konflikt mit dem in § 281 Abs. 4 BGB geregelten Erlöschen des Erfüllungsanspruchs, da der Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB bereits mit der Beseitigung der Beeinträchtigung durch den Eigentümer entfiele. Auch wäre es nicht schwierig, den erloschenen Anspruch von neu entstehenden Ansprüchen abzugrenzen. In diesen Fällen besteht aber erst recht kein Bedürfnis für die Anwendung des § 281 BGB, weil der Eigentümer, der eine Beeinträchtigung seines Eigentums selbst beseitigt hat, von dem nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB an sich hierzu verpflichteten Störer aus § 683 Satz 1, § 670 BGB, § 684 Satz 1, § 818 BGB oder § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, § 818 BGB den Ersatz der zu der Störungsbeseitigung erforderlichen Aufwendungen verlangen kann32. Bei letzterem Anspruch entsteht im Regelfall keine größere Schutzlücke auf Rechtsfolgenseite, da der nach § 818 Abs. 2 BGB geschuldete Wertersatz objektiv zu bestimmen ist und sich der Schuldner nur ausnahmsweise auf den Wegfall der Bereicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB wird berufen können33. Wenn der Eigentümer keinen Primärrechtsschutz erlangen kann, steht ihm ggf. analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Entschädigung zu34.
Gegen die Anwendung von § 281 BGB im Fall der Selbstvornahme sprechen zudem systematische Gründe. Die Regelung ist nämlich darauf angelegt, dass der Eigentümer zwischen Erfüllungs- und Schadensersatzanspruch wählen kann; erst mit der Erklärung des Schadensersatzverlangens soll der Anspruch auf die Primärleistung nach § 281 Abs. 4 BGB ausgeschlossen sein (sog. elektive Konkurrenz, vgl. hierzu BGH, Urteil vom 09.11.2017 – IX ZR 305/16, NJW 2018, 786 Rn. 10). Ein solches Wahlrecht kann der Eigentümer aber nach Beseitigung der Beeinträchtigung nicht haben, denn die Ansprüche können nicht gleichzeitig bestehen: Bevor der Eigentümer die Beeinträchtigung beseitigt hat, hat er keinen Schadensersatzanspruch, und mit der Beseitigung der Beeinträchtigung entfällt sein Erfüllungsanspruch35. Soweit dem entgegengehalten wird, § 281 Abs. 4 BGB regele nur den Ausschluss des Primäranspruchs, nicht das Entstehen des Schadensersatzanspruchs36, greift dies zu kurz, weil nur Abs. 4 der Norm in den Blick genommen wird, sich die in § 281 BGB angelegte elektive Konkurrenz aber aus dem Zusammenspiel von Abs. 1 und Abs. 4 ergibt.
Zutreffend verneint das Landgericht Cottbus auch einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Zahlung von 1.800 € netto für das Einbringen einer Wurzelsperre. Die Vorschrift des § 281 BGB findet auf den Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB auf Unterlassung künftiger Eigentumsbeeinträchtigung – hier: Verhinderung des Herüberwachsens von Wurzeln – keine Anwendung. Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend. An dem auf Unterlassung einer künftigen Beeinträchtigung gerichteten Anspruch wird zudem besonders deutlich, dass der Mechanismus des § 281 Abs. 4 BGB, der den Anspruch auf die Leistung mit dem Schadensersatzverlangen entfallen lässt, von vornherein nicht greifen kann; denn der Anspruch auf Unterlassung entstünde, etwa bei einer fortdauernden Immission oder – wie hier – bei ständig nachwachsenden Wurzeln, immer wieder neu37.
In den Grenzen der Zulassung ist dem Landgericht Cottbus ferner darin zuzustimmen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagten hat. § 280 Abs. 1 und 3, § 281 BGB scheidet aus den vorgenannten Gründen als Anspruchsgrundlage aus. Ob dem Kläger ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB zusteht, hat der Bundesgerichtshof wegen der nur beschränkten Zulassung der Revision nicht zu prüfen, da ein solcher Anspruch nicht von dem Bestehen des Zahlungsanspruchs abhängig wäre.
Der Feststellungsantrag hat im Ergebnis keinen Erfolg. Soweit damit eine Schadensersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Kosten festgestellt werden soll, ist der Antrag unbegründet, weil ein Schadensersatzanspruch aus den dargelegten Gründen nicht besteht. Soweit sich der Antrag auf Feststellung einer Kostenerstattungspflicht der Beklagten nach durchgeführter Selbstvornahme richtet, ist er wegen des Vorrangs der Leistungsklage bzw. dem Fehlen eines Feststellungsinteresses gemäß § 256 Abs. 1 ZPO bereits unzulässig. Der Kläger kann entweder nach durchgeführter Selbstvornahme Klage auf Kostenerstattung erheben oder – wenn er das mit einer Vorfinanzierung der Kosten verbundene Risiko vermeiden möchte – zunächst auf Beseitigung klagen und das erwirkte Urteil dann im Wege der Ersatzvornahme vollstrecken.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. März 2023 – V ZR 67/22
- AG Cottbus, Urteil vom 23.02.2021 – 43 C 365/18[↩]
- LG Cottbus, Urteil vom 06.04.2022 – 5 S 20/21[↩]
- vgl. etwa BGH, Urteil vom 23.02.1973 – V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 243; Urteil vom 04.02.2005 – V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 21.04.1989 – V ZR 248/87, NJW 1989, 2541[↩]
- zutreffend OLG Brandenburg, VersR 2017, 175 mwN; MünchKomm-BGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 285; BeckOK BGB/Fritzsche [1.11.2022], § 1004 Rn. 84[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 11.06.1999 – V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 68; Urteil vom 21.05.2010 – V ZR 10/10, BGHZ 185, 371 Rn. 18 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 04.02.2005 – V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1368; Urteil vom 28.11.2003 – V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604; Urteil vom 18.04.1997 – V ZR 28/96, BGHZ 135, 235, 238[↩]
- vgl. Croon-Gestefeld, ZfPW 2022, 285 f. mwN[↩]
- vgl. OLG Karlsruhe, NJW 2012, 1520 Rn. 26 ff.; BeckOGK/Riehm, BGB [1.07.2022], § 275 Rn. 36, § 280 Rn. 60, 67 f.; BeckOK BGB/Fritzsche [1.08.2022], § 1004 Rn. 82, 84 f.; MünchKomm-BGB/Schwab, 8. Aufl., § 812 Rn. 376; jurisPK-BGB/Seichter, 9. Aufl., § 281 Rn. 6; NK-BGB/Schmidt-Räntsch/Keukenschrijver, 5. Aufl., § 1004 Rn. 101, 177; Erman/Ebbing, BGB, 16. Aufl., § 1004 Rn. 71; Grüneberg/Herrler, BGB, 82. Aufl., § 1004 Rn. 48; Müller/Gruber, Sachenrecht, 2016, § 42 Rn. 1245; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 405, 426 f.; Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, 2005, 4. Teil, § 18 Rn. 12; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rn. 189; Herresthal/Riehm, NJW 2005, 1457 Fn. 70[↩]
- vgl. MünchKomm-BGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 259 ff., 283; Staudinger/Olzen, BGB [2019], Einleitung zu §§ 241 ff. Rn.20; Staudinger/Gursky, BGB [2012], § 1004 Rn. 159, 168 f.; Soergel/Münch, BGB, 13. Aufl., § 1004 Rn. 321; Westermann/Gursky/Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 35 Rn.19; Picker, Der negatorische Beseitigungsanspruch, 1972, S. 158 ff.; Rüscher, ZWE 2021, 449, 450; Croon-Gestefeld, ZfPW 2022, 285, 303 ff.; Katzenstein, AcP 206 [2006], 96, 104 f.; Lettl, JuS 2005, 871, 874[↩]
- vgl. BeckOGK/Spohnheimer, BGB [1.11.2022], § 1004 Rn. 55; nur für die sog. Selbstvornahmefälle auch Staudinger/Thole, BGB [2019], § 1004 Rn. 419; BeckOGK/Vollkommer, BGB [1.11.2022], § 910 Rn. 35; Bezzenberger, JZ 2005, 373, 375 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 11.06.2021 – V ZR 41/19, NJW-RR 2021, 1166 Rn. 10; vgl. hierzu auch Urteil vom 12.11.2021 – V ZR 271/20, NJW-RR 2022, 349 Rn. 25[↩]
- vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 23.02.1973 – V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 240[↩]
- vgl. Motive II S. 4 und III S. 398[↩]
- Motive III S. 399[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.01.1968 – V ZR 190/64, BGHZ 49, 263, 265 f.; Urteil vom 04.12.2015 – V ZR 202/14, BGHZ 208, 133 Rn. 6[↩]
- vgl. RGZ 105, 84, 88; zutreffend auch BeckOGK/Riehm, BGB [1.07.2022], § 275 Rn. 37, § 280 Rn. 59; Riehm, Der Grundsatz der Naturalerfüllung, 2015, S. 405[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 04.12.2015 – V ZR 202/14, BGHZ 208, 133 Rn. 10[↩]
- vgl. Urteil vom 30.05.2008 – V ZR 184/07, NJW 2008, 3122 Rn. 16 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 21.06.1974 – V ZR 164/72, BGHZ 62, 388, 391[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 18.04.1997 – V ZR 28/96, BGHZ 135, 235, 239 f.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 26.03.2021 – V ZR 77/20, NJW-RR 2021, 671 Rn. 14; zur Anwendbarkeit der Verzugsvorschriften auf den Zustimmungsanspruch aus § 888 BGB BGH, Urteil vom 04.12.2015 – V ZR 202/14, aaO Rn. 11 ff.[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 18.03.2016 – V ZR 89/15, BGHZ 209, 270 Rn. 11 ff.[↩]
- vgl. hierzu oben Rn. 12[↩]
- vgl. zur Zielrichtung des Beseitigungsanspruchs Motive III S. 398, 423; BGH, Urteil vom 22.01.2021 – V ZR 12/19, NZM 2021, 282 Rn. 37; Urteil vom 13.01.2012 – V ZR 136/11, NJW 2012, 1080 Rn. 11; Urteil vom 04.02.2005 – V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367 f.; Urteil vom 23.02.1973 – V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 240[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 11.06.2021 – V ZR 41/19, NJW-RR 2021, 1166 Rn. 10; Urteil vom 29.02.2008 – V ZR 31/07, NZM 2008, 418 Rn. 7 f. mwN[↩]
- MünchKomm-BGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 260 f.[↩]
- vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22.01.2021 – V ZR 12/19, NZM 2021, 282 Rn. 10 mwN[↩]
- zutreffend Staudinger/Thole, BGB [2019], § 985 Rn. 28; MünchKomm-BGB/Baldus, 9. Aufl., § 985 Rn. 161, 167; Katzenstein, AcP 206 [2006], 96, 121 ff.; Baldus/Raff, JR 2017, 426, 431; Gursky, Jura 2004, 433, 434 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 18.03.2016 – V ZR 89/15, BGHZ 209, 270 Rn. 23[↩]
- vgl. Motive III, S. 422[↩]
- vgl. zur dogmatischen und funktionalen Einordnung des § 1004 BGB als Komplementärnorm zu § 985 BGB BGH, Urteil vom 04.02.2005 – V ZR 142/04, NJW 2005, 1366, 1367; Picker in Festschrift Bydlinski, 2002, S. 291, 297, 299; Schwerdtner, Verzug im Sachenrecht, 1973, S. 155 f.; Korth, ZJS 2008, 647, 654; Croon-Gestefeld, ZfPW 2022, 285, 297[↩]
- zu diesem Argument auch Hohloch, Die negatorischen Ansprüche und ihre Beziehungen zum Schadensersatzrecht, 1976, S.191; Lettl, JuS 2005, 871, 874[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 05.07.2006 – VIII ZR 172/05, BGHZ 168, 220 Rn. 39 mwN[↩]
- vgl. hierzu Lettl, JuS 2005, 871, 874[↩]
- vgl. Staudinger/Gursky, BGB [2012], § 1004 Rn. 169[↩]
- so Staudinger/Thole, BGB [2019], § 1004 Rn. 419[↩]
- zutreffend Staudinger/Thole, BGB [2019], § 1004 Rn. 419; Staudinger/Gursky, BGB [2012], § 1004 Rn. 168; MünchKomm-BGB/Raff, 9. Aufl., § 1004 Rn. 262; Croon-Gestefeld, ZfPW 2022, 285, 296, 304 f.[↩]