Wird bei der Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts schuldrechtlich vereinbart, dass der Berechtigte bestimmte Betriebskosten anteilig zu tragen und Vorauszahlungen zu leisten hat, gelten nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs für die Abrechnung über die Betriebskostenvorauszahlungen die mietrechtlichen Fristenregelungen in § 556 Abs. 3 BGB entsprechend. Nach § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB muss der Vermieter dem Mieter die jährlich vorzunehmende (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB) Abrechnung über Vorauszahlungen für Betriebskosten spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitteilen. Nach dem Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB).

Zwar scheidet die direkte Anwendung der Regelung in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB bei einem dinglichen Wohnrecht aus, weil sie nur auf Wohnraummietverhältnisse Anwendung findet. Anders als dies noch das mit dem Rechtsstreit als Berufungsgericht befasste Landgericht Göttingen entschieden hat1 geht jedoch der Bundesgerichtshof – wie bereits das erstinstanzlich mit der Angelegenheit befasste Amtsgericht Hann. Münden2 davon aus, das diese Regelung zur Abrechnungsfrist für Nebenkosten bei Wohnungsrechten entsprechende Anwendung findet.
Denn bei der Abwägung, ob eine Analogie möglich ist, darf nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht lediglich dem Wohnraummietverhältnis, für das die Vorschrift des § 556 Abs. 3 BGB gilt, lediglich das dingliche Wohnungsrecht nach § 1093 BGB gegenüber gestellt werden. Dann dabei würde außer Acht, dass sich die Pflicht der Wohnungsberechtigten zur Zahlung von Betriebskosten nicht aus dem dinglichen Recht und auch nicht, woran man beim Fehlen einer Zahlungsvereinbarung denken könnte, aus dem neben dem dinglichen Wohnungsrecht bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis3, sondern aus einem vertraglichen Schuldverhältnis ergibt. Eine solche schuldrechtliche Vereinbarung über Leistungen des Berechtigten, wie sie die Parteien getroffen haben, kann neben dem Wohnungsrecht selbständig oder – wie hier – als Teil des Grundgeschäfts getroffen werden4. Und auf dieses Schuldverhältnis kann nach dem aktuellen Urteil des BGH die Regelung in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB entsprechend angewendet werden.
Voraussetzung für eine Analogie ist, so der Bundesgerichtshof, dass das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen5. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Planwidrige Regelungslücke
Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält eine planwidrige Regelungslücke, weil eine § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB entsprechende Regelung für den Fall fehlt, dass derjenige, der fremden Wohnraum aufgrund eines anderen Rechtsverhältnisses als eines Mietverhältnisses nutzt, an den Eigentümer Vorauszahlungen für Betriebskosten leistet. Das Fehlen einer vergleichbaren Vorschrift lässt nicht den Schluss zu, der Ausschluss von Betriebskostennachforderungen bei nicht fristgemäßer Abrechnung über Vorauszahlungen habe auf Wohnraummietverhältnisse beschränkt werden sollen. Die Begründung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts6, mit welchem die Vorschrift eingeführt wurde, enthält keinen Hinweis auf einen entsprechenden Willen des Gesetzgebers. Da sich bei der Reform des Mietrechts die Problematik der Betriebskostenabrechnung innerhalb anderer Rechtsverhältnisse auch nicht aufdrängte, lässt sich der unterbliebenen Einfügung einer § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB entsprechenden Vorschrift an anderer Stelle keine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gegen die ent-sprechende Anwendung auf andere Wohnraumnutzungsverhältnisse entnehmen. Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass in der Mietverhältnisse über Räume, die keine Wohnräume sind, betreffenden Vorschrift des § 578 Abs. 2 BGB wohl auf andere gesetzliche Regelungen, die Mietverhältnisse über Wohnräume betreffen, nicht aber auf § 556 BGB verwiesen wird. Denn dies verdeutlicht allenfalls, dass Nachforderungen für Betriebskosten lediglich dann ausgeschlossen sein sollen, wenn diese im Zusammenhang mit der Nutzung von Wohnraum entstanden sind.
Die Ansicht des Landgerichts Göttingen, dass sich der Wille des Gesetzgebers, den Ausschluss von Betriebskostennachforderungen auf Wohnraummietverhältnisse zu beschränken, daraus ergebe, dass in der das dingliche Wohnungsrecht betreffenden Vorschrift des § 1093 BGB ausschließlich auf Vorschriften des Nießbrauchrechts verwiesen werde, geht fehl. Sie verkennt, dass es nicht um die entsprechende Anwendung der Regelung in § 556 Abs. 3 Satz 3 auf das Wohnungsrecht, sondern auf das zwischen den Parteien bestehende vertragliche Schuldverhältnis geht.
Vergleichbarer Sachverhalt
Die entsprechende Anwendung ist geboten, weil – entgegen der Ansicht des Landgerichts Göttingen – der hier zu beurteilende Sachverhalt dem in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB geregelten vergleichbar ist.
Nach § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB muss der Vermieter dem Mieter die jährlich vorzunehmende (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB) Abrechnung über Vorauszahlungen für Betriebskosten spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitteilen. Nach dem Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB). Die Vorschriften sollen eine zeitnahe Abrechnung gewährleisten, damit der Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum entweder über ein sich zu seinen Gunsten ergebendes Guthaben verfügen kann oder Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer Nachforderung des Vermieters rechnen muss7. Sie dienen somit der Abrechnungssicherheit für den Mieter und sollen Streit vermeiden8.
Diese Zielrichtung entspricht nicht nur den Interessen des Mieters von Wohnraum, sondern zumindest auch den Interessen derjenigen Personen, die berechtigterweise Wohnraum auf einer anderen Rechtsgrundlage als einem Mietvertrag nutzen. Denn wenn sie – wie der Berechtigte eines Wohnrechts aufgrund einer gesonderten schuldrechtlichen Vereinbarung – Vorauszahlungen auf die durch die Wohnraumnutzung entstehenden Betriebskosten zahlen, ist ihnen daran gelegen, möglichst bald zu erfahren, ob die Vorauszahlungen den geschuldeten Betrag erreicht oder ihn über- oder unterschritten haben. Je nach dem Ergebnis der Abrechnung können sie ihr weiteres Verhalten ausrichten, nämlich entweder – bei verbrauchsabhängigen Betriebskosten – ihren Verbrauch beibehalten, erhöhen oder ermäßigen oder – bei verbrauchsunabhängigen Betriebskosten – die Höhe der Vorauszahlungen unverändert lassen oder auf eine Herauf- oder Herabsetzung drängen. In allen Fällen ist das Interesse der Wohnraumnutzer ebenso wie das der Wohnraummieter auf baldige Klarheit gerichtet. Der weitere Gesichtspunkt der Streitvermeidung hat für den Wohnungsberechtigten wenigstens denselben hohen Stellenwert wie für den Mieter von Wohnraum. Denn er lebt in den meisten Fällen mit dem Grundstückseigentümer unter einem Dach und ist, anders als regelmäßig der Mieter, in die Familie des Eigentümers mehr oder weniger integriert. Schon deshalb ist er besonders daran interessiert, dass der Familienfriede nicht dadurch gestört wird, dass der Eigentümer Betriebskostenvorauszahlungen entgegennimmt, ohne über sie zeitnah abzurechnen.
Dem steht die Rechtsnatur der Regelung in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB als Ausnahmevorschrift nicht entgegen. Der gesetzlichen Bestimmung des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ist, so der BGH in seiner Urteilsbegründung weiter, der allgemeine Geltung beanspruchende Rechtsgedanke zu entnehmen, demjenigen Nutzer von Wohnraum, der an den Eigentümer Vorauszahlungen für Betriebskosten leistet, alsbald Sicherheit über seine Rechte (Rückforderungsanspruch bei Überzahlung) und Pflichten (Nachzahlungspflicht bei Unterzahlung) zu verschaffen. Hierfür bedarf es nicht einmal einer gesetzlichen Regelung; denn beide Vertragsparteien sind nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehalten, für Klarheit über die gegenseitigen Ansprüche zu sorgen9.
Die entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB auf den vorliegenden Fall ist – entgegen in dem Berufungsurteil geäußerten Ansicht des Landgerichts Göttingen – auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die gesetzliche Regelung der zunehmenden Flexibilität im Mietrecht Rechnung tragen und vornehmlich bei kurzen Mietverhältnissen Probleme bei der Betriebskostenabrechnung vermeiden soll. Diese Gesichtspunkte haben für den Gesetzgeber ersichtlich keine Rolle gespielt10.
Nicht überzeugend ist für den Bundesgerichtshof auch die Argumentation des Landgerichts Göttingen, die Regelung in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB bezwecke auch, dass der Vermieter gezwungen werde, sich verlässliche Grundlagen über etwaige Korrekturen zugunsten des Mieters zu verschaffen, da er diese durch die Nettomiete ausgleichen müsse; beim Wohnungsrecht gebe es aber keine Nettomiete, dort finde die Verteilung der Betriebskosten lediglich zwischen dem Eigentümer und dem Berechtigten statt, so dass der Wohnungsberechtigte kein erhöhtes Rechtssicherheitsbedürfnis habe. Die Ausführungen in der von dem Berufungsgericht hierfür zitierten Literaturstelle11 stehen in keinem Zusammenhang mit diesen Überlegungen, denn sie betreffen nicht die Vorschrift des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, sondern die Regelungen zu Einwendungen des Mieters gegen die Abrechnung in § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB.
Der Hinweis des Berufungsgerichts darauf, dass beim Wohnungsrecht kein sozialer Schutzbedarf wie beim Mietrecht bestehe, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass der in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB bestimmte Ausschluss von Nachforderungen nicht den Zweck hat, wirtschaftliche Ungleichheiten sozialorientiert auszugleichen.
Schließlich steht der Vergleichbarkeit der rechtlichen und tatsächlichen Situation des Wohnungsberechtigten mit der eines Mieters von Wohnraum nach Auffassung des BGH nicht entgegen, dass der Vermieter vorbehaltlich einer anderen Vereinbarung die Betriebskosten tragen muss, während sie beim dinglichen Wohnungsrecht auch ohne Vereinbarung dem Berechtigten zur Last fallen. Denn auf welcher rechtlichen Grundlage die Zahlungspflicht des Mieters bzw. die des Wohnungsberechtigten beruht, ist ohne Belang für die Frage, wann der Vermieter bzw. der Eigentümer des mit dem Wohnungsrecht belasteten Grundstücks über Vorauszahlungen für Betriebskosten, die von dem Mieter bzw. von dem Berechtigten aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung geleistet werden, abzurechnen hat.
Der entsprechenden Anwendung der Regelung in § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt steht schließlich, auch insoweit nach Ansicht des BGH anders als noch vom Landgericht Göttingen angenommen, auch nicht entgegen, dass nach überwiegender Auffassung12 die entsprechende Anwendung von § 556 Abs. 3 BGB auf Gewerberaummietverhältnisse ausscheidet. Denn Gegenstand des Wohnungsrechts sind nicht gewerblich genutzte Räume, sondern Wohnräume. Insoweit besteht kein Unterschied zu einem Wohnraummietverhältnis.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. September 2009 – V ZR 36/09
- LG Göttingen, Urteil vom 18.02.2009 – 5 S 69/08[↩]
- AG Hann. Münden, Urteil vom 05.08.2008 – 3 C 156/08[↩]
- vgl. hierzu BGHZ 95, 144, 146 f.[↩]
- BGH, Urteil vom 05.03.1965 – V ZR 195/64, WM 1965, 649, 650 f.; Urteil vom 20.06.1997, V ZR 39/96, WM 1997, 1673, 1674[↩]
- BGH, Beschluss vom 14.06.2007 – V ZB 102/06, WM 2007, 1791, 1792 m.w.N.[↩]
- BT-Drucks. 14/4553[↩]
- BGH, Urteil vom 21.01.2009 – VIII ZR 107/08, WuM 2009, 236, 237[↩]
- Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts, BT-Drucks. 14/4553 S. 37[↩]
- BGH, Urteil vom 29.02.1984 – VIII ZR 310/82, NJW 1984, 1684[↩]
- vgl. BT-Drucks. 14/4553[↩]
- Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 9. Aufl., § 556 Rdn. 5[↩]
- OLG Düsseldorf ZMR 2008, 206 f. m.w.N.; LG Nürnberg-Fürth ZMR 2008, 800, 801; a.A. MünchKomm-BGB/Schmid, 5. Aufl., § 556 Rdn. 1; Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 5. Aufl., G IV Rdn. 67[↩]
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