An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weniger strenge Anforderungen zu stellen als an die Bezeichnung des Rechtsmittelführers. Wenn der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen1.

Zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift gehört nach § 519 Abs. 2 ZPO neben den weiteren, gesetzlich normierten Voraussetzungen auch die Angabe, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll2.
An die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers sind dabei strenge Anforderungen zu stellen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung jeder Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers ausgeschlossen sein. Dabei sind, wie allgemein bei der Auslegung von Prozesserklärungen, alle Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu berücksichtigen3.
An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weniger strenge Anforderungen zu stellen. Jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen4. Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, zwar auch daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden5. Dies ist jedoch nicht zwingend. Der Bundesgerichtshof hat eine unbeschränkte Berufungseinlegung auch in Fällen bejaht, in denen als Rechtsmittelgegner nur einer von mehreren Streitgenossen, und zwar der im Urteilsrubrum an erster Stelle Stehende, genannt wurde6.
Weil auch die Bezeichnung einer Partei als Teil einer Prozesshandlung auslegungsfähig ist7, kommt es für die Frage, ob eine Beschränkung der Anfechtung gewollt ist, letztlich auf eine vollständige Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist an. Dabei können sich aus einer beigefügten Ausfertigung oder beglaubigten Abschrift des angefochtenen Urteils oder aus sonstigen beigefügten Unterlagen häufig entscheidende Hinweise auf den Umfang der Anfechtung ergeben. Dabei kommt insbesondere der Frage Bedeutung zu, ob eine Beschränkung des Rechtsmittelangriffs auf einen Teil der bisherigen Prozessgegner in Anbetracht des der Vorinstanz unterbreiteten Streitstoffs ungewöhnlich oder gar fernliegend erscheint3.
In dem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall ist in der Berufungsschrift des Beklagten ausdrücklich nur die frühere Klägerin zu 1 als Berufungsbeklagte aufgeführt. Die Berufung ist aber ohne Einschränkung gegen das „am 29.04.2008 zugestellte Urteil des Amtsgerichts“ eingelegt worden. Dem rechtzeitig eingegangenen Berufungsschriftsatz war außerdem das Verkündungsprotokoll vom 24. April 2008 beigefügt. Auch darin ist zwar lediglich ein Kurzrubrum aufgeführt, das die Namen der früheren Klägerin zu 1 und des Beklagten enthält. Zugleich enthält das Verkündungsprotokoll aber den vollständigen Tenor der angefochtenen Entscheidung. Daraus geht unzweifelhaft hervor, dass der Beklagte verurteilt worden ist, rückständigen Unterhalt für die Zeit bis Februar 2008 an die frühere Klägerin zu 1 und laufenden Kindesunterhalt für die Zeit ab März 2008 an die Kläger zu 2 und 3 zu zahlen. Auf der Grundlage dieses beigefügten Verkündungsprotokolls war auch für das Berufungsgericht ersichtlich, dass der Beklagte zu Unterhaltsleistungen an die Klägerin zu 1 und an die Kläger zu 2 und 3 verurteilt worden war.
Weil der Beklagte gegen dieses Urteil ohne Einschränkungen Berufung eingelegt und die Anträge sowie die Begründung einem weiteren Schriftsatz vorbehalten hatte, musste das Berufungsgericht von einer zulässigen Berufung auch gegen die Kläger zu 2 und 3 ausgehen. Dafür spricht schon der in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellte Grundsatz, wonach sich die Berufung im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung richtet, wenn der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht. Hinzu kommt, dass die im Berufungsschriftsatz aufgeführte Prozessbevollmächtigte der früheren Klägerin zu 1 auch die Kläger zu 2 und 3 vertreten hatte, so dass die Berufungsschrift auch diesen zugestellt worden ist.
Für eine auch gegen die Beklagten zu 2 und 3 eingelegte Berufung spricht auch der Gesamtzusammenhang der Prozesserklärung des Beklagten. Denn nach dem Inhalt des beigefügten Urteilstenors lag eine Anfechtung des Urteils nur gegen die frühere Klägerin zu 1 eher fern.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Dezember 2010 – XII ZR 18/09
- im Anschluss an BGH, Beschluss vom 11.05.2010 -VIII ZB 93/09, MDR 2010, 828[↩]
- BGH, Beschluss vom 11.05.2010 – VIII ZB 93/09, MDR 2010, 828, m.w.N.; und Urteil vom 14.02.2008 – III ZR 73/07[↩]
- BGH, Beschluss vom 11.05.2010 – VIII ZB 93/09, MDR 2010, 828[↩][↩]
- BGH, Urteil vom 14.02.2008 – III ZR 73/07; und Beschlüsse vom 11.05.2010 – VIII ZB 93/09, MDR 2010, 828; und vom 09.09.2008 – VI ZB 53/07, NJW-RR 2009, 208[↩]
- BGH, Urteil vom 19.03.1969 – VIII ZR 63/67, NJW 1969, 928, 929; und Beschluss vom 09.09.2008 – VI ZB 53/07, NJW-RR 2009, 208[↩]
- BGH, Urteile vom 08.11.2001 – VII ZR 65/01, NJW 2002, 831; und vom 21.06.1983 – VI ZR 245/81, NJW 1984, 58, jeweils mwN[↩]
- BGHZ 4, 328, 334 = NJW 1952, 545; und BGH, Beschluss vom 15.05.2006 – II ZB 5/05, NJW-RR 2006, 1569[↩]