Die in § 4 BBodSchG normierten Pflichten zur Gefahrenabwehr und Störungsbeseitigung erfassen nach dem in den §§ 1 und 2 Abs. 5 BBodSchG zum Ausdruck kommenden Regelungszweck dieses Gesetzes schädliche Bodenveränderungen und Altlasten, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1.03.1999 verursacht worden sind1.

Die Einbeziehung bereits zuvor verursachter Bodenverunreinigungen stellt auch dann keine unzulässige gesetzliche Rückwirkung dar, wenn die Sanierungsverpflichtung des Verursachers zuvor nicht bestanden hat. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Regelung ist nicht die Verursachung der Kontamination, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundes-Bodenschutzgesetzes bereits beendet war, sondern die von der vorhandenen Schadstoffbelastung ausgehende gegenwärtige Umweltgefahr2. Da es sich um einen fortdauernden Zustand handelt, bewirkt § 4 Abs. 3 BBodSchG bezogen auf den Verursacher der Kontamination lediglich eine „unechte“ Rückwirkung, die mangels schützenswerten Vertrauens auf den Fortbestand einer anderweitigen Rechtslage zulässig ist3.
Hiergegen kann nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch nicht eingewendet werden, die Regelung in § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG führe gegenüber der in § 10 Abs. 3 des Baden-Württembergischen Bodenschutzgesetzes angeordneten gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Verpflichteter zu einer Verschlechterung der Rechtsposition des Verursachers.
Im hier entschiedenen Streitfall hat zwar vor dem Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes das Baden-Württembergische Bodenschutzgesetz vom 24.06.19914 (nachfolgend BodSchG BW) gegolten. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BodSchG BW waren zur Sanierung der Verursacher oder derjenige, der auf Grund gesetzlicher Vorschriften für das Verhalten des Verursachers einzustehen hatte, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück verpflichtet. Nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BodSchG BW hafteten mehrere Verpflichtete als Gesamtschuldner.
Dabei führte diese Verweisung auf die §§ 421 ff. BGB und damit auch auf § 426 BGB nicht dazu, dass – anders als nach dem nunmehr geltenden § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG, der im Innenverhältnis vorrangig den Verursacher verpflichtet – Handlungsstörer und Zustandsstörer stets im Innenverhältnis zu gleichen Anteilen hafteten. Vielmehr folgte aus der Verweisung auf § 426 BGB, dass Gesamtschuldner nur dann zu gleichen Teilen hafteten, sofern nicht im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB „ein anderes bestimmt“ war. Eine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 BGB kann sich aus gesetzlichen Regelungen, dem zwischen den Gesamtschuldner bestehenden Rechtsverhältnis oder der Natur der Sache ergeben5. Im Verhältnis mehrerer Störer zueinander richtet sich, sofern die Regeln über den Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 Abs. 1 BGB anwendbar sind, der interne Ausgleich nach dem Maß der Verursachung6. Führte damit der nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BodSchG BW in Verbindung mit § 426 Abs. 1 BGB vorzunehmende Innenausgleich zwischen Handlungs- und Zustandsstörer regelmäßig zu einer alleinigen Haftung des die Kontamination verursachenden Handlungsstörers, beinhaltet die nunmehr in § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG vorgesehene Haftungsverteilung nach dem Maß der Verursachung keine Verschlechterung der Rechtsposition des Verursachers. Das Rückwirkungsverbot steht der Anwendung des § 24 Abs. 2 Satz 2 BBodSchG im Streitfall damit nicht entgegen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. September 2016 – I ZR 11/15
- vgl. BGH, Urteil vom 02.04.2004 – V ZR 267/03, NJW-RR 2004, 1243, 1244; BVerwGE 125, 325 Rn. 15; Wagner, BB 2000, 417, 427; Kohls, Nachwirkende Zustandsverantwortlichkeit, 2002, S.205[↩]
- vgl. BGH, NJW-RR 2004, 1243, 1244[↩]
- vgl. BGH, NJW-RR 2004, 1243, 1244; BVerwG, NVwZ 2006, 928 Rn. 15 mwN; Wagner, BB 2000, 417, 424 und 427; Schlette, VerwArch 2000, 41, 52; Körner, DNotZ 2000, 344, 349; Kohls aaO S.205 mwN; Höltje, Verhaltensverantwortlichkeit nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz, 2011, S.191[↩]
- GBl. Baden-Württemberg 1991, S. 434[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 22.10.1992 – IX ZR 244/91, BGHZ 120, 50, 59[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2014 – III ZR 441/13, NJW 2014, 2730 Rn. 21; Wagner, BB 2000, 417, 423; Schlette, VerwArch 2000, 41, 54[↩]