Wer die Rückzahlung eines Darlehens begehrt, hat nämlich auch die Hingabe des Geldes als Darlehen zu beweisen1.

Hierfür reicht es nicht, dass der Darlehensgegenstand aus dem Vermögen des Darlehensgebers ausgeschieden ist, er muss auch dem Vermögen des Darlehensnehmers in der vereinbarten Form endgültig zugeführt worden sein2. Wird die Darlehensvaluta auf Weisung des Darlehensnehmers an einen Dritten ausgezahlt, so liegt ein Empfang des Darlehens nur dann vor, wenn der vom Darlehensnehmer als Empfänger namhaft gemachte Dritte das Geld vom Darlehensgeber erhalten hat (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB)3.
Dieser Beweis ist nicht bereits mit der Vertragsurkunde geführt. Hierbei handelt es sich um eine Privaturkunde im Sinne von § 416 ZPO. Die echte Privaturkunde erbringt Beweis nur in formeller Hinsicht, d. h. sie begründet lediglich den vollen Beweis dafür, dass die darin enthaltenen Erklärungen vom Aussteller abgegeben worden sind4. Hinsichtlich der materiellen Beweiskraft einer Privaturkunde gilt hingegen die freie Beweiswürdigung nach § 286 ZPO. Der Privaturkunde kann lediglich die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit zukommen5.
Nur wenn der Aussteller der Urkunde auch bekennt (d.h. „quittiert“), einen bestimmten Betrag als Darlehen empfangen zu haben, handelt es sich um ein Zeugnis des An gegen sich selbst im Sinne einer schlichten Quittung6. In einem solchen Fall enthält die Darlehensurkunde auch gleichzeitig eine entsprechende Empfangsbestätigung hinsichtlich des Darlehens, weshalb der Hauptbeweis, der die volle Überzeugung des Gerichts von den Voraussetzungen des Rückzahlungsanspruchs erfordert, in der Regel bereits allein mit der Vorlage der Urkunde geführt werden kann7. Diese Überzeugung kann durch Führung des Gegenbeweises entkräftet werden, ohne dass dafür der Beweis des Gegenteils, d. h. der Unwahrheit des in der Urkunde bezeugten, notwendig wäre8.
Abweichend von der vorgenannten Fallkonstellation ergab sich im hier entschiedenen Streitfall jedoch nicht bereits aus der Darlehensurkunde, wer den Darlehensbetrag erhalten hat. Die Urkunde enthält unter dem Zusatz „Betrag in bar erhalten:“ nämlich sowohl die Unterschrift der Darlehensnehmerin als auch die Unterschrift einer dritten Person. Aus der Urkunde selbst ergibt sich damit nicht, ob der Barbetrag von 50.000, – € tatsächlich der Darlehensnehmerin oder dem Dritten zur Verfügung gestellt worden ist. Die Leistung an einen Dritten hat nach § 362 Abs. 2 BGB nur dann befreiende Wirkung, wenn entweder der Gläubiger den Dritten zur Entgegennahme der Leistung oder den Schuldner zur Leistungserbringung an den Dritten i.S.v. § 185 BGB ermächtigt hat. Eine solche Ermächtigung ergab sich hier jedoch weder aus den unstreitigen Umständen vor bzw. bei Vertragsschluss noch aus der Urkunde selbst. Damit bleibt nach dem Inhalt der Urkunde unklar und ist mithin nicht bewiesen, dass die Beklagte tatsächlich die Darlehensvaluta empfangen hat.
Auch aus anderen, außerhalb der Urkunde liegenden Umständen vermochte das Oberlandesgericht keine sichere Überzeugung zu gewinnen, dass der Darlehensnehmerin tatsächlich der Darlehensbetrag zugeflossen ist. Dabei trifft die Partei, die sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände beruft – sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB), die Beweislast für deren Vorliegen9.
Schleswig -Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12. März 2020 – 7 U 53/19
- vgl. BGH, Urteil vom 10.06.1985 – III ZR 178/8421 = NJW 1986, 2571 -2573; OLG Saarbrücken, Urteil v. 21.11.2013 – 2 U 47/13, NJOZ 2014, 1930[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2006 – XI ZR 193/04, NJW 2006, 1788 – 1992[↩]
- BGH, Urteil vom 12.11.2002 – XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 337[↩]
- Zöller-Feskorn, ZPO, 33. Aufl., § 416 Rn. 7 m.w.N.[↩]
- Zöller-Feskorn, a.a.O., § 416 Rn. 10[↩]
- BGH, Urteil vom 10.06.1985, a.a.O. 32 mit Hinweis auf BGH Urteil vom 14.04.1978, V ZR 10/77, WM 1978, 849 m.w.N.[↩]
- BGH, Urteil vom 10.06.1985, a.a.O. 32[↩]
- BGH. Urteil vom 10.06.1985, a.a.O 32 mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 14.04.1978, a.a.O., m.w.N.[↩]
- BGH, Urteil vom 05.07.2002, V ZR 143/01, NJW 2002, 3164, 3165 7, m.H.a. BGH, Urteil vom 05.02.1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965[↩]
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