Ein Testamentsvollstrecker kann weder im Wege der gewillkürten noch der gesetzlichen Prozessstandschaft vorgehen, wenn für das von ihm verfolgte, im Grundbuch eingetragene subjektivpersönliche Vorkaufsrecht eine Übertragbarkeit o. ä. aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist.

Keine gesetzliche Prozessstandschaft
Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, ein behauptetes Recht im Prozess im eigenen Namen zu verfolgen oder aufgrund Gesetzes oder besonderen anderweitigen Rechts zur Verfolgung fremder Rechte befugt zu sein1. Die Geltendmachung fremden Rechts im eigenen Namen wird als Prozessstandschaft bezeichnet2. Die gesetzliche Prozessstandschaft ist die auf Grund gesetzlicher Ermächtigung verliehene Befugnis, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend zu machen. Dies ist z.B. bei einem Testamentsvollstrecker gem. den §§ 2212, 2213 Abs. 1 Satz 1 BGB der Fall. Diese Ermächtigung gilt allerdings nicht uneingeschränkt.
Die Aufgaben und Befugnisse des Testamentsvollstreckers ergeben sich u. a. aus den §§ 2205, 2212 BGB. Grundsätzlich kann der Testamentsvollstrecker voll über den Nachlass verfügen, es sei denn, er ist durch gesetzliche oder testamentarische Beschränkungen daran gehindert. Normalerweise darf der Testamentsvollstrecker keine höchstpersönlichen Rechte wahrnehmen, da er gemäß § 2205 Satz 1 BGB den Nachlass nur verwaltet3. In den Nachlass fällt das Vermögen, d. h. die Gesamtheit der Rechtsverhältnisse des Erblassers beim Erbfall. Entscheidend für die Aufteilung des Nachlasses, also dasjenige, was dem Einzelnen zufällt, sind z. B. Testament, Vermächtnis, Auflage und Erbvertrag. Vorliegend stellt die Verpflichtung der durch das Testament Bedachten zur Einräumung eines gegenseitigen und grundbuchlich abgesicherten Vorkaufsrechts eine Auflage i.S.v. § 1940 BGB dar. Hiernach kann der Erblasser durch Testament den Erben zu einer Leistung verpflichten, ohne einem anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden. Die Umsetzung dieser Auflage ist erfolgt. Beide Erben sind im Grundbuch eingetragen und haben demnach gemäß § 1094 Abs. 1 BGB ein sog. subjektivpersönliches Vorkaufsrecht.
Der Kläger ist gehindert, dieses Recht für die Erbin V. im Prozess geltend zu machen. Das Vorkaufsrecht gem. § 473 BGB ist ein höchstpersönliches Recht, da es gem. § 473 Satz 1 BGB nicht übertragbar und nicht vererblich ist4 und eine hiervon abweichende Abrede einer Eintragung im Grundbuch bedurft hätte. Denn anders als bei dem nur schuldrechtlich vereinbarten Vorkaufsrecht bedarf eine solch abweichende Abrede bei einem im Grundbuch eingetragenen Vorkaufsrecht gem. §§ 873, 877 BGB ebenfalls der Eintragung5. Eine solche Eintragung (vererblich u. ä., Ausübungsmöglichkeit durch Testamentsvollstrecker) im Grundbuch hat der Kläger nicht vorgetragen.
Dieser Auffassung steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW-RR 19897, 1090 f. nicht entgegen. Der Bundesgerichtshof hat – allerdings bei einem Prätendentenstreit – die Ansicht vertreten, der Testamentsvollstrecker könne auch dann als Partei kraft Amtes klagen, wenn die Prozessführung sonst im Rahmen seiner Verwaltungsaufgabe liege. Dies ist aber auf den vorliegenden Sachverhalt wegen der Höchstpersönlichkeit des Vorkaufsrechts nicht übertragbar.
Es kommt wegen der o.a. fehlenden Bestimmung im Grundbuch auch nicht darauf an, ob durch das Testament der Erblasserin eine andere Bestimmung i.S.v. § 473 Satz 1 Halbsatz 2 BGB hinsichtlich der Übertragbarkeit erfolgt ist.
Keine gewillkürte Prozessstandschaft
Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist zulässig, wenn der Prozessführende vom Rechtsinhaber zu dieser Art der Prozessführung ermächtigt ist und ein rechtliches Interesse an ihr hat6. Dabei kann ein eigenes wirtschaftliches Interesse genügen7. Allerdings ist die Ermächtigung zur Prozessführung, das heißt die Übertragung der Befugnis, ein fremdes materielles Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen (gewillkürte Prozessstandschaft), für unzulässig gehalten worden, wenn das einzuklagende Recht höchstpersönlichen Charakter hat und mit dem Rechtsinhaber, in dessen Person es entstanden ist, so eng verknüpft ist, dass die Möglichkeit, eine gerichtliche Geltendmachung einem Dritten im eigenen Namen zu überlassen, dazu in Widerspruch stünde8. Die Übertragbarkeit der Prozessführungsbefugnis setzt aber nicht notwendig die Übertragbarkeit der Forderung selbst voraus. die Überlassungsfähigkeit der Rechtsausübung soll genügen9.
Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, dass die Vorerbin mittlerweile selbst das Vorkaufsrecht ausgeübt hat. Entscheidend ist darauf abzustellen, ob der Kläger in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker ein rechtliches Interesse besitzt. Dies ist zu verneinen. Denn wenn ein rechtliches Interesse bestünde, wäre auch eine gesetzliche Prozessstandschaft zu bejahen. Deren Voraussetzungen liegen jedoch, wie oben ausgeführt, nicht vor. Würde man nun ein rechtliches Interesse für eine gewillkürte Prozessstandschaft bejahen, würden die an eine gesetzliche Prozessstandschaft zu stellenden, bereits verneinten Anforderungen unzulässigerweise unterlaufen.
Ein wirtschaftliches Interesse des Klägers ist nicht zu bejahen. Dabei ist zu beachten, dass es nicht darauf ankommt, ob der Kläger infolge des Testaments als Ersatznacherbe ein wirtschaftliches Interesse hat. Der Kläger hat die Klage in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker und nicht als Privatperson erhoben. Aufgrund seiner Stellung als Testamentsvollstrecker ist ein wirtschaftliches Interesse an einer Ausübung des Vorkaufsrechts nicht ersichtlich.
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 21. März 2012 – 4 U 103/11
- Musielak/Weth, ZPO, 8. Aufl., § 51 Rn 16. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., vor § 50 Rn 18[↩]
- Musielak/Weth, a.a.O., § 51 Rn 16[↩]
- Palandt/Weidlich, BGB, 71. Aufl., § 2205 Rn. 4[↩]
- s. Staudinger/Reimann, BGB, 2003, § 2205 Rn 17[↩]
- Erman/Grziwotz, BGB, 13. Aufl., § 1094 Rn.03. OLG Hamm MittBayNot 1989, 27, Rn. 25; BayObLG MittBayNot 1983, 229, Rn. 12[↩]
- BGH NJWRR 1986, 158[↩]
- Zöller/Vollkommer, a.a.O., vor § 50 Rn 44[↩]
- BGH NJW 1990, 1986 f, Rn. 26; BGH GRUR 1983, 379, 381, m. w. N.[↩]
- vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., vor § 50 Rn. 46 m. w. N.[↩]