Das Überholen einer Fahrzeugkolonne

Kommt es beim Überholen einer Fahrzeugkolonne zu einem Unfall, kann den Überholer eine Mitverantwortung treffen, die sich auch auf den zu ersetzenden Schaden auswirkt.

Das Überholen einer Fahrzeugkolonne

So hat das Oberlandesgericht Hamm in den hier vorliegenden Fällen das Eigen- bzw. Mitverschulden des jeweils überholenden Fahrers entsprechend beurteilt. In einem Fall1 überholte der seinerzeit 47jährige Kläger aus Marl im Juli 2009 auf der Sinsener Straße in Oer-Erkenschwick mit seinem Mokick eine aus drei Fahrzeugen bestehende Kolonne und stieß mit dem nach links in eine Grundstückszufahrt einbiegenden ersten Fahrzeug der Kolonne zusammen.

Im zweiten Fall2 überholte der seinerzeit 43jährige Beklagte aus Brakel mit seinem Motorrad im März 2012 auf der B 64 inHöxter eine aus mehreren Fahrzeugen bestehende Kolonne und kollidierte mit dem unvorsichtig unter Ausnutzung einer Kolonnenlücke aus einer wartepflichtigen Querstraße nach links abbiegenden Pkw einer seinerzeit 46jährigen Fahrerin aus Höxter.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm war im ersten Fall aufgrund der besonderen Umstände ein Verschulden der beklagten Linksabbiegerin, einer seinerzeit 45jährigen aus Marl, nicht festzustellen. Deswegen sei bei ihrem Fahrzeug nur die Betriebsgefahr zu berücksichtigen, so dass der Kläger 75 % seines Schadens selbst zu tragen habe. Den Kläger treffe ein erhebliches Verschulden, weil er verbotswidrig bei einer für ihn unklaren Verkehrslage überholt habe.

Im zweiten Fall hat das Oberlandegericht Hamm in seiner Urteilsbegründung ausgeführt, dass derjenige, der bei dichtem Verkehr an einer zum Stehen gekommenen Fahrzeugkolonne vorbeifahre, bei erkennbaren Verkehrslücken in Höhe von Kreuzungen und Einmündungen trotz seiner Vorfahrt seine Fahrweise so einrichten müsse, dass er auch vor unvorsichtig aus der Lücke herausfahrenden Fahrzeugen rechtzeitig anhalten könne. Er müsse es den Verkehrsteilnehmern im Querverkehr ermöglichen, aus der freigehaltenen Lücke heraus bis zur Erlangung freier Sicht auf den nicht besetzten Straßenraum herauszufahren. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts traf den Beklagten ein mit einem 1/3 zu bewertender Verschuldensanteil, weil er das allgemeine Rücksichtnahmegebot verletzt habe.

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Verjährung bei zwischenzeitlicher Unmöglichkeit

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 9. Juli 2013 – 9 U 191/12 und vom 23. April 2013 – 9 U 12/13

  1. 9 U 191/12[]
  2. 9 U 12/13[]