Das von der Ehefrau bewohnte Haus in der Zwangsverwaltung

Nutzt die Ehefrau des Schuldners als Mieterin eine Wohnung in einem zwangsverwalteten Anwesen, in welcher auch der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme seinen Hausstand unterhält, richtet sich die Rechtsstellung des Schuldners und seiner Ehefrau gegenüber dem Zwangsverwalter nach dem wirksamen Mietvertrag; auf die Entbehrlichkeit von Räumen der gemieteten Wohnung kommt es nicht an.

Das von der Ehefrau bewohnte Haus in der Zwangsverwaltung

Nutzt die Ehefrau des Schuldners eine Wohnung in dem zwangsverwalteten Anwesen aufgrund eines vor der Beschlagnahme abgeschlossenen Mietvertrages, nach welchem sie nur Nebenkosten zu erstatten hat, ist der Vertrag auch dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam, obwohl keine Miete geschuldet wird. Ein solcher Vertrag kann jedoch von einem Titelgläubiger des Schuldners nach Maßgabe des Anfechtungsgesetzes angefochten werden. Der Zwangsverwalter ist dazu kraft Gesetzes nicht befugt.

Nur solange der Schuldner in dem zwangsverwalteten Anwesen seinen zur Zeit der Beschlagnahme dort unterhaltenen Hausstand fortführt, hat der Zwangsverwalter auch dessen mitwohnenden Familienangehörigen die für den Hausstand unentbehrlichen Räume unentgeltlich zu belassen. Der Begriff des Hausstandes ist in der Zwangsverwaltung nach allgemeinem Recht auszulegen.

Wohnt der Schuldner zur Zeit der Beschlagnahme auf dem Grundstück und umfasst die Wohnung Räume, die für seinen Hausstand entbehrlich sind, aber mangels baulicher Trennung nicht selbständig vermietet werden können, kann der Zwangsverwalter verlangen, dass der Schuldner in eine andere Wohnung umzieht, die ihm vom Zwangsverwalter mietfrei überlassen wird, wenn dem Schuldner und seinen mitwohnenden Angehörigen ein Umzug zuzumuten ist. Der Schuldner kann den zumutbaren Umzug abwenden, wenn er für die Nutzung der entbehrlichen Räume seiner Wohnung dem Zwangsverwalter einen angemessenen Wertersatz zahlt.

Im vorliegenden Fall hatte die beklagte Ehefrau vorgetragen, sie nutze ihre Wohnung in dem zwangsverwalteten Anwesen seit Ende 2006 aufgrund eines Mietvertrages mit dem Verfahrensschuldner. Diese Einwendung ist erheblich. Trifft sie zu, so kommt ein Wohnrecht der Ehefrau in der Zwangsverwaltung nach § 149 Abs. 1 ZVG nicht in Betracht.

Der Verfahrensschuldner hat unter solchen Gegebenheiten den unmittelbaren Eigenbesitz an der Wohnung aufgegeben. Hätte der Verfahrensschuldner während der Zwangsverwaltung dort gewohnt, was streitig ist, so hätte er die Wohnung nicht mehr kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes genutzt, sondern infolge seines ehelichen Verhältnisses zur Ehefrau. Die Ehefrau aber wäre als Mieterin schon vor Anordnung der Zwangsverwaltung nicht auf die Nutzung der unentbehrlichen Räume gemäß § 149 Abs. 1 ZVG beschränkt gewesen, sondern könnte gegenüber dem Zwangsverwalter ihre vollen vertraglichen Rechte behaupten. Auf einen solchen Sachverhalt findet § 149 Abs. 1 ZVG deshalb von vornherein keine Anwendung. Die Vorschrift setzt nach ihrem Tatbestand die Wohnnutzung des zwangsverwalteten Grundstücks kraft Eigentums und unmittelbaren Eigenbesitzes durch den Verfahrensschuldner und möglicherweise seiner mitwohnenden Familienangehörigen voraus.

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Unmittelbarer Fremdbesitz der Ehefrau als Mieterin des Verfahrensschuldners gehört nicht dazu. Das bestätigt auch § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZwVwV, weil die hiernach unentgeltliche Nutzung unentbehrlicher Räume für einen Mieter ausscheidet, der eine Miete schuldet.

Ist die Wohnnutzung des Verfahrensschuldners während der Zwangsverwaltung von dem dinglichen oder obligatorischen Recht eines Angehörigen abgeleitet, so richtet sich die Stellung dieses Drittberechtigten zum Zwangsverwalter nicht nach § 149 Abs. 1 ZVG, sondern allein nach dem Inhalt seines Rechts, nach § 152 Abs. 2 ZVG gegebenenfalls dem auch dem Zwangsverwalter gegenüber wirksamen Mietvertrag. Auf die Entbehrlichkeit von Räumen der gemieteten Wohnung kommt es nicht an.

Der Zwangsverwalter kann die auf Vermietung vor Beschlagnahme gestützte Einwendung der Ehefrau nicht wie in den Tatsacheninstanzen damit bekämpfen, die Nutzung der Wohnung durch die Ehefrau nur gegen Erstattung von Nebenkosten sei ihm gegenüber nach § 1124 Abs. 2 BGB unwirksam. Das Berufungsgericht hat auch diese Frage, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, bei seiner Entscheidung offengelassen. Zutreffend ist, dass § 1124 Abs. 2 BGB entsprechend auch zugunsten der Verfahrensgläubiger einer Zwangsverwaltung eingreift, ohne dass es darauf ankommt, ob sie Grundpfandgläubiger sind1. Diese Vorschrift kann aber schon nach ihrem allgemeinen Tatbestand hier nicht angewendet werden. Der Verfahrensschuldner hat nicht über einen Anspruch aus Vermietung verfügt. Eine Miete war von der Ehefrau vielmehr von vornherein nicht geschuldet. Dieser Fall kann nicht mit einer Mietvorauszahlung oder anderen Verfügungen über den Mietanspruch gleichgesetzt werden.

Der Zwangsverwalter konnte den Mietgebrauch der Ehefrau auch nicht als Wohnungsleihe gemäß § 604 Abs. 3 BGB jederzeit zurückfordern, wie die Revision meint. Ein Mietverhältnis über Wohnraum liegt auch dann vor, wenn der Mieter durch seine Leistung nur zu den Lasten des Eigentümers beiträgt2, wie es hier zwischen der Ehefrau und ihrem Ehemann vereinbart gewesen sein soll.

Der betreibende Gläubiger der Zwangsverwaltung ist gleichwohl in einer solchen Lage nicht schutzlos; denn der Mietvertrag, den die Ehefrau vorgelegt hat, ist jedenfalls wirtschaftlich in der Hauptsache unentgeltlich. Deshalb kommt seine Anfechtung nach § 4 Abs. 1 oder § 3 AnfG in Betracht, sofern bei einem Gläubiger des Verfahrensschuldners die Voraussetzungen des § 2 AnfG vorliegen. Der Anfechtende kann den Anspruch seines Schuldners auf eine fiktive angemessene Gegenleistung pfänden und gegen den Nutzer als Wertersatz einklagen3. Berücksichtigt werden muss dabei freilich, dass die mietfreie Gebrauchsüberlassung einer Wohnung an einen Angehörigen des Verfahrensschuldners die Gläubiger nur dann benachteiligt, wenn sie ohne diese Vereinbarung in der Zwangsverwaltung des Anwesens trotz der Schutzvorschrift des § 149 Abs. 1 ZVG besser stünden. Das bedarf hier keiner Vertiefung.

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Die Ausübung dieses Anfechtungsrechts ist selbst während bestehender Zwangsverwaltung nicht von den gesetzlichen Befugnissen des Zwangsverwalters aus § 152 Abs. 1 ZVG umfasst; es kommt somit in diesem Zusammenhang auf ihre Aufhebung und den Grund hierfür nicht an. Der Zwangsverwalter hat zwar nicht allein geschuldete Mieten einzuziehen, sondern er kann auch andere vertragliche Ansprüche des Verfahrensschuldners aus dem Grundstückseigentum und seiner Nutzung geltend machen4. Er ist sogar befugt, einen Gemeinschaftsschaden der Verfahrensgläubiger wegen Schmälerung der Zwangsverwaltungsmasse gemäß § 154 Abs. 1 ZVG gegen einen Amtsvorgänger zu verfolgen5. Um die Beseitigung eines solchen „Gemeinschaftsschadens“ geht es aber bei der unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung eines Grundstücks und ihrer Anfechtung nicht. Denn nicht jeder verteilungsberechtigte Verfahrensgläubiger muss auch Titelgläubiger im Sinne des § 2 AnfG sein. In Rechtsprechung und Schrifttum ist daher nur erwogen worden, dass die anfechtungsberechtigten Verfahrensgläubiger ihre Ansprüche treuhänderisch an den Zwangsverwalter abtreten und diesem damit ein Anfechtungsrecht verschaffen können6. Ob die zur Zulässigkeit dieses Verfahrens gebrachten Argumente stichhaltig sind, bedarf zur Entscheidung über die Revision keiner Prüfung. Denn der Zwangsverwalter hat nicht vorgetragen, dass der hier bezeichnete Weg beschritten worden sei.

Der Abschluss des Mietvertrages vom 15.12.2006 zwischen der Ehefrau und ihrem Ehemann kann nur offenbleiben, wenn auch nach dem Vortrag des Zwangsverwalters und den noch fehlenden Feststellungen seine Klage unbegründet ist. So hat das Berufungsgericht den Streitgegenstand beurteilt, dabei aber den persönlichen und gegenständlichen Anwendungsbereich des § 149 Abs. 1 ZVG überdehnt. Der Erhalt des unentbehrlichen selbst genutzten Wohnraums für den Verfahrensschuldner und seine mitwohnenden Angehörigen dient zusammen mit der Unentgeltlichkeit dieser Nutzung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZwVwV dem sozialen Schutz des Eigenwohners7. Dieser Zweck bestimmt auch die Grenzen des gewährten Schutzes.

Im Schrifttum wird wie vom Oberlandesgericht Brandenburg8 ganz überwiegend angenommen, dass die Familienangehörigen des Verfahrensschuldners auch dann an dem Wohnrecht des § 149 Abs. 1 ZVG während der Zwangsverwaltung teilhaben, wenn der Schuldner selbst in diesem Anwesen nicht wohnt9. Das widerspricht in seinem weiten Verständnis dem Wortlaut und Zweck des Gesetzes. Voraussetzung des Wohnrechts nach § 149 Abs. 1 ZVG ist, dass der Verfahrensschuldner in den geschützten Räumen einen eigenen Hausstand unterhält. Dieser Rechtsbegriff ist im Sinne des allgemeinen Rechts auszulegen. Er findet sich etwa auch in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG, in § 17 Abs. 2 Nr. 5 BWO, in § 81 Abs. 2 SGB III und § 90 Abs. 2 Nr. 1 SGB XII, in § 806a Abs. 2 ZPO, in § 225 Abs. 1 Nr. 2 StGB, in § 182 Abs. 2 BauGB und in den §§ 1619, 1620 sowie 1969 BGB. Er war ferner enthalten in den bis zum 31.08.2001 geltenden §§ 569a, 569b und § 570b BGB10. Zu seiner Abgrenzung kann insbesondere auf die umfangreiche Rechtsprechung der Finanzgerichte zur doppelten Haushaltsführung zurückgegriffen werden.

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Ein eigener Hausstand des Verfahrensschuldners wird danach nicht mehr in einer Wohnung geführt, zu der er sich nur gelegentlich zu Besuchszwecken begibt. In dieser Wohnung muss sich vielmehr der eigene, nicht notwendig von den Angehörigen geteilte Lebensmittelpunkt des Verfahrensschuldners befinden. Die Verbüßung einer zeitigen Freiheitsstrafe verschiebt in der Regel den bisherigen Lebensmittelpunkt des Verurteilten außerhalb der Haftanstalt noch nicht. Auch die Unterhaltung und Nutzung einer Zweitwohnung durch den Verfahrensschuldner ist in diesem Rahmen unschädlich. Ob auch die Räumlichkeiten einer dem Verfahrensschuldner gehörenden Zweitwohnung im Sinne des § 149 Abs. 1 ZVG unentbehrlich sein können, etwa bei beruflicher Veranlassung der Nutzung, ist hier nicht zu entscheiden.

Wenn der Verfahrensschuldner den eigenen Hausstand in dem zwangsverwalteten Anwesen aufgibt, verliert damit auch der Ehegatte den geschützten räumlichgegenständlichen Ehebereich. Ist die eheliche Lebensgemeinschaft zerbrochen oder hat sie sich örtlich verlagert, gewährt der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG dem anderen Ehegatten keinen eigenen Vollstreckungsschutz mehr in der noch genutzten früheren Ehewohnung. Dem mitwohnenden Angehörigen verleiht das Gesetz den vollstreckungsrechtlichen Wohnungsschutz des § 149 Abs. 1 ZVG nur als ein vom Verfahrensschuldner abgeleitetes Recht11. Nur dann, wenn der Verfahrensschuldner verstirbt, liegt dies für den überlebenden Ehegatten entsprechend § 563 BGB anders. Unterhaltspflichten des Verfahrensschuldners spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle12; denn sie sind in der Zwangsverwaltung nur nach Maßgabe von § 149 Abs. 3 ZVG geschützt.

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Danach war der bestrittene Vortrag des Zwangsverwalters erheblich, der Verfahrensschuldner habe die von der Ehefrau genutzte Wohnung für sich schon vor Anordnung der Zwangsverwaltung aufgegeben. Das Berufungsgericht musste diesen Streitpunkt aufklären, wenn es die Klage mit Rücksicht auf ein Wohnrecht der Ehefrau nach § 149 Abs. 1 ZVG abweisen wollte. Hat die Ehefrau die Begründung des Lebensmittelpunktes durch den Verfahrensschuldner in der von ihr unter Berufung auf § 149 Abs. 1 ZVG genutzten Wohnung bewiesen, trifft die Beweislast für die Aufgabe des eigenen Hausstandes durch den Verfahrensschuldner den Zwangsverwalter, der hieraus gegen das bis dahin bestehende Wohnrecht aus § 149 Abs. 1 ZVG Rechte herleitet.

Ebenfalls rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht im Anschluss an das OLG Koblenz13 den Standpunkt vertreten, der Zwangsverwalter könne für die Weiternutzung der Wohnung, in welcher der Verfahrensschuldner den eigenen Hausstand unterhält, selbst bei Übergröße keine Nutzungsentschädigung verlangen, wenn ihre entbehrlichen Räume mangels baulicher Abgeschlossenheit nicht selbständig vermietbar seien. Zwar ist auch der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 20.11.200814 davon ausgegangen, dass die Zwangsverwaltung eines selbstgenutzten Einfamilienhauses die Befriedigung der Gläubiger im Regelfall nur ermögliche, wenn die für den eigenen Hausstand des Schuldners entbehrlichen Räume selbständig vermietbar sind. Das ist jedoch nur ein Erfahrungssatz, der für die Auslegung von § 149 Abs. 1 ZVG keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat, sondern im Zusammenhang mit dem Rechtsschutzinteresse des Gläubigers an der Zwangsverwaltung steht. So hat auch das Berufungsgericht diese Erwägung gewürdigt. Es entnimmt aber § 149 Abs. 1 ZVG eine Zumutbarkeitsgrenze für den Verfahrensschuldner, die von dem sozialen Schutzzweck der Vorschrift nicht mehr getragen wird. Abweichend vom OLG Koblenz15 meint das Berufungsgericht, der Zwangsverwalter könne dem Verfahrensschuldner eine kleinere, für dessen Bedürfnisse genügende Wohnung nur in dem zwangsverwalteten Anwesen zuweisen. Dem stellt es die mit Recht versagte Befugnis des Zwangsverwalters gegenüber, den Umzug in eine vom Verfahrensschuldner selbst auf seine Kosten angemietete Wohnung zu verlangen. Die Kosten für die Anmietung einer Ersatzwohnung muss jedenfalls der Verfahrensschuldner nicht aufwenden; denn sonst würde der soziale Schutzzweck von § 149 Abs. 1 ZVG, § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZwVwV unterlaufen.

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Das Berufungsgericht hätte sich so gesehen die Frage vorlegen müssen, ob der Zwangsverwalter verlangen kann, dass der Verfahrensschuldner in eine genügende Wohnung umzieht, die ihm vom Zwangsverwalter mietfrei zur Verfügung gestellt wird. Eine solche Ersetzungsbefugnis des Zwangsverwalters ist grundsätzlich zu bejahen. Sie findet ihre Grenze erst in der Zumutbarkeit eines Umzugs und dem Recht des Verfahrensschuldners, für die weitere Nutzung der entbehrlichen Räume der bisherigen übergroßen Wohnung an den Zwangsverwalter eine angemessene Entschädigung zu zahlen.

Das Berufungsgericht hat die Verpflichtung der Ehefrau zu einer solchen Nutzungsentschädigung allerdings gleichwohl im Ergebnis möglicherweise zutreffend verneint. Grund hierfür ist jedoch nicht der im Berufungsurteil genannte Umstand, dass der Zwangsverwalter der Ehefrau nicht bestimmte Räume als unentbehrlich für den Hausstand des Verfahrensschuldners zugewiesen hat. Dessen hätte es nur für den vom Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht verneinten Fall bedürfen können, dass eine selbständige Vermietung der entbehrlichen Räume durch den Zwangsverwalter in Frage gekommen wäre. Es war auch nicht mehr notwendig, dem Verfahrensschuldner und der Ehefrau einen Umzug zwecks Verlagerung des Hausstandes in eine ihnen unentgeltlich überlassene kleinere Ersatzwohnung zur Wahl zu stellen, weil die Ehefrau die bisherige Wohnung beibehalten wollte. Wenn der Verfahrensschuldner seinen eigenen Hausstand in dieser Wohnung nicht zuvor aufgegeben hatte, hat er die Entscheidung der Ehefrau zumindest hingenommen, so dass er sie gegen sich gelten lassen muss.

Zu einer Zuweisung unentbehrlicher Räume war der Zwangsverwalter auch dann nicht mehr verpflichtet, wenn der Verfahrensschuldner seinen eigenen Hausstand in dem zwangsverwalteten Anwesen bereits aufgegeben hatte, so dass der Ehefrau als Angehöriger seines Hausstandes kein Wohnrecht nach § 149 Abs. 1 ZVG an den unentbehrlichen Räumen mehr zustand. Eine solche Wohnungsaufgabe hat der Zwangsverwalter vorgetragen. Ob die Ehefrau und der Verfahrensschuldner dabei – wie der Zwangsverwalter gleichfalls behauptet hat – anderwärts eine gemeinsame Wohnung angemietet hatten, ist dabei ohne Belang.

War die Wohnung nicht mit der Folge des § 152 Abs. 2 ZVG an die Ehefrau vermietet, wie nach dem Vortrag des Zwangsverwalters zu unterstellen ist, hatte er danach für die durch § 149 Abs. 1 ZVG entweder gar nicht oder nicht in diesem Umfang gedeckte Nutzung der andauernd oder nur vorher vom Verfahrensschuldner für seinen eigenen Hausstand genutzten Wohnung einen Ausgleichsanspruch in Geld16. Unterhielt der Verfahrensschuldner in der früher von ihm genutzten Wohnung des zwangsverwalteten Anwesens keinen eigenen Hausstand mehr, so nutzte die Ehefrau ohne Rechtsgrund gegenüber dem Zwangsverwalter aus § 149 Abs. 1, § 152 Abs. 1 und 2 ZVG diese vormalige Ehewohnung weiter. Nach der schlüssigen Klage wäre sie dann Schuldnerin eines Anspruchs auf Herausgabe der ungerechtfertigten Bereicherung durch Wohnnutzung nach den §§ 812, 818 Abs. 2 BGB. Hatte der Verfahrensschuldner indes, wie von der Ehefrau vorgetragen, seinen eigenen Hausstand in dem zwangsverwalteten Anwesen beibehalten, so gilt er als der Nutzer der betreffenden Wohnung und würde statt der Ehefrau dem Zwangsverwalter Wertersatz der ihm nach § 149 Abs. 1 ZVG, § 5 Abs. 2 Nr. 2 ZVG nicht ohne Entgelt zustehenden Nutzungsvorteile schulden. Die Klage wäre dann abzuweisen, weil sie gegen den falschen Schuldner gerichtet ist.

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Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Mai 2013 – IX ZR 224/12 –

  1. BGH, Urteil vom 09.06.2005 – IX ZR 160/04, BGHZ 163, 201, 204 unter II.1. a, cc[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 04.05.1970 – VIII ZR 179/68, WM 1970, 853, 855; vom 12.02.2003 – XII ZR 324/98, WM 2003, 1919, 1922 f unter IV.1.[]
  3. vgl. MünchKomm-AnfG/Kirchhof, § 11 Rn. 65[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 23.07.2003 – XII ZR 16/00, WM 2003, 2194, 2196 unter II.1.[]
  5. vgl. BGH, Urteil vom 02.11.1989 – IX ZR 197/88, BGHZ 109, 171, 173 f[]
  6. vgl. Kirchhof, aaO § 2 Rn. 27 mwN[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 25.04.2013 – IX ZR 30/11, Rn. 13, zVb[]
  8. OLG Brandenburg, Urteil vom 15.08.2012 – 3 U 128/11[]
  9. vgl. Jaeckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl., § 149 Rn. 1; Stöber, ZVG, 20. Aufl., § 149 Anm.02.2; Dassler/Schiffhauer/Engels, ZVG, 14. Aufl., § 149 Rn. 6; Steiner/Hagemann, ZVG, 9. Aufl., § 149 Rn. 5; Böttcher/Keller, ZVG, 5. Aufl., § 149 Rn. 3[]
  10. vgl. dort jetzt § 563 Abs. 1 und § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB mit dem Begriff des Haushalts[]
  11. ebenso Böttcher/Keller, aaO Rn. 3[]
  12. aA Steiner/Hagemann, aaO[]
  13. OLG Koblenz, Urteil vom 03.12.2010 – 10 U 429/10[]
  14. BGH, Beschluss vom 20.11.2008 – V ZB 31/08, WM 2009, 412 Rn. 16[]
  15. OLG Koblenz, aaO Rn. 10[]
  16. vgl. BGH, Urteil vom 14.05.1992 – IX ZR 241/91, WM 1992, 1506, 1507 unter I.3.[]