Ein Degressionsausgleich kommt ab einer Berechnungsgrundlage von mehr als 250.000 € in Betracht. Abzustellen ist auf den Wert der Insolvenzmasse, auf die sich die Schlussrechnung bezieht. Ein zum Degressionsausgleich gebotener Zuschlag ist keine gesondert festzusetzende Vergütung, sondern ein Zuschlag, der in die Gesamtabwägung bei der Bemessung eines angemessenen Gesamtzuschlags einzubeziehen ist.

Nach § 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV kann eine den Regelsatz übersteigende Vergütung festgesetzt werden, wenn die Masse groß war und die Regelvergütung wegen der Degression der Regelsätze keine angemessene Gegenleistung dafür darstellt, dass der Verwalter mit erheblichem Arbeitsaufwand die Masse vermehrt oder zusätzliche Masse festgestellt hat.
Ein Ausgleich wegen der Degression der Regelsätze ist durch einen Zuschlag zu gewähren. Nach § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO, der die Ermächtigung nach § 65 InsO gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nach Inhalt, Zweck und Ausmaß näher bestimmt, wird der Regelsatz der Vergütung nach dem Wert der Insolvenzmasse zur Zeit der Beendigung des Insolvenzverfahrens berechnet. Diese Vorgaben setzt § 2 Abs. 1 InsVV um. Nach § 63 Abs. 1 Satz 3 InsO kann dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen werden. Dies erfolgt nach der Regelungssystematik der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung im Wege von Zu- und Abschlägen gemäß § 3. Demgemäß hat auch ein erforderlicher Degressionsausgleich im Wege des Zuschlags nach § 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV zu erfolgen.
Es ist deshalb verfehlt, schon die Berechnung des Regelsatzes nach § 2 Abs. 1 InsVV individuell abändern zu wollen. Soweit in der Literatur vorgeschlagen wird, unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV nicht die Degressionstabelle des § 2 Abs. 1 InsVV zu verwenden, sondern statt der dort angeordneten Prozentsätze ab einem 250.000 € übersteigenden Betrag den jeweils nächsthöheren Prozentsatz1, kann dem aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden. Dasselbe gilt für die Ansicht, der sich der Rechtsbeschwerdeführer in seiner Vergütungsberechnung angeschlossen hat, ab einer Berechnungsgrundlage über 250.000 € die Regelvergütung des Mehrbetrages mit dem Durchschnittsprozentsatz von 11,2% zu berechnen2.
Abzustellen ist allein auf den Wert der Insolvenzmasse, auf die sich die Schlussrechnung bezieht (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 InsVV). Zutreffend ist allerdings die Annahme des Beschwerdegerichts, die Begründung zu § 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV habe Fälle im Auge gehabt, in denen der Verwalter eine ohnehin große Masse gemehrt habe. In der Begründung zur Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung ist unter A 4 ausführt3:
„Gleichzeitig wurde die Degression [gemeint: im Verhältnis zur Vergütungsverordnung zum Konkursrecht] verstärkt, um exorbitant hohe Vergütungen, die vom Arbeitsaufwand, von der Leistung und von der Verantwortung des Insolvenzverwalters nicht mehr zu rechtfertigen sind, auszuschließen. Um trotz dieser stärkeren Degression besondere Leistungen bei großen Insolvenzmassen angemessen berücksichtigen zu können, ist in § 3 bei der Regelung der Zu- und Abschläge zum Regelsatz eine neue Regelung eingefügt worden, die einen besonderen Zuschlag im Falle der Mehrung einer ohnehin großen Insolvenzmasse erlaubt (Abs. 1 Buchst. c).“
§ 3 ist zusätzlich wie folgt begründet4:
„Hervorzuheben sind die neu in den Entwurf aufgenommenen Kriterien, die das Gericht bei der Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen hat. Für eine Überschreitung der Regelsätze sind dies in Absatz 1 der bereits in der allgemeinen Begründung erläuterte Fall, dass der Insolvenzverwalter eine ohnehin große Insolvenzmasse durch erheblichen Arbeitseinsatz weiter vergrößert hat (Buchst. c); hier soll der Zuschlag die für diesen Fall nicht angemessene Degression der Regelsätze ausgleichen.“
Hintergrund für die Verstärkung der Degression im Vergleich zur Vergütungsverordnung alten Rechts waren Missstände bei der Festsetzung der Vergütung in den neuen Ländern gewesen, wo die Verwalter nach dem Beitritt große unbelastete Vermögenswerte vorgefunden und deshalb exorbitant hohe Vergütungen erhalten hatten5. Die verstärkte Degression führt jedoch bei den höheren Degressionsstufen dazu, dass mit gleichem Arbeitsaufwand bewirkte Massemehrungen durch den Regelsatz geringer vergütet werden als in niedrigeren Degressionsstufen. Hierfür kann ein Ausgleich erforderlich sein, um eine angemessene Vergütung sicherzustellen.
Der Rechtsbeschwerde ist darin beizutreten, dass ein Wertungswiderspruch auftritt, wenn ein Verwalter mit geringer Anfangsmasse keinen Degressionsausgleich verlangen könnte, ein Verwalter mit gleich großer Endmasse bei hoher Anfangsmasse schon. Zwar wird der Verwalter mit geringer Anfangsmasse, um dieselbe Endmasse generieren zu können, regelmäßig einen höheren Arbeitsaufwand haben, der höhere Zuschläge zur Folge hat. Bei genau gleichem Arbeitsaufwand wäre das Ergebnis aber unverständlich. Abgestellt werden kann im Ergebnis folglich allein auf die letztlich zu berücksichtigende Berechnungsgrundlage.
Ein Zuschlag zum Degressionsausgleich kommt ab einer Berechnungsgrundlage von mehr als 250.000 € in Betracht. Dies entspricht herrschender Meinung6.
Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift lässt sich ein Grenzwert zwar nicht ableiten. Im Hinblick auf die Höhe der durchschnittlichen Teilungsmassen (im Jahre 1995: 175.000 €7) und der starken Reduzierung des Staffelsatzes von 7% auf 3% ab diesem Grenzwert erscheint dies aber angemessen.
Im vorliegend entschiedenen Fall lehnte der Bundesgerichtshofs gleichwohl einen gesonderten Degressionsausgleich ab:
§ 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV setzt voraus, dass die fragliche Massemehrung, für die oberhalb einer Berechnungsgrundlage von 250.000 € ein Degressionsausgleich in Betracht kommt, vom Verwalter mit erheblichem Arbeitsaufwand erzielt wurde. Dieser Arbeitsaufwand muss den Arbeitsaufwand eines Normalverfahrens erheblich übersteigen8. Das hat zur Folge, dass regelmäßig ein weiterer Zuschlagstatbestand erfüllt ist.
Die einzelnen Zu- und Abschlagstatbestände des § 3 InsVV haben nur beispielhaften Charakter. Darüber hinaus gibt es weitere Umstände, die für die Bemessung der Vergütung im Einzelfall Bedeutung gewinnen können. Maßgebend ist ganz allgemein, ob die Bearbeitung den Insolvenzverwalter stärker oder schwächer als in entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat, also der real gestiegene oder gefallene Arbeitsaufwand9. Eine Massemehrung muss damit, anders als beim Degressionsausgleich, nicht zwingend verbunden sein. Die Voraussetzungen für einen oder mehrere weitere Zuschläge liegen danach regelmäßig vor, wenn ein Degressionsausgleich in Betracht kommt, weil dieser gerade voraussetzt, dass die Bearbeitung den Insolvenzverwalter stärker als in entsprechenden Normalverfahren in Anspruch genommen hat.
Der Verwalter hat hier andere Zuschläge in Höhe von 125% beantragt und erhalten. Bei der Bemessung der Höhe der Zuschläge für Tätigkeiten, die die Masse gemehrt haben, ist die durch die hiermit verbundene Erhöhung der Berechnungsgrundlage eingetretene Erhöhung der Regelvergütung zu berücksichtigen10. Bei der Bemessung der Höhe eines Zuschlags wegen der über den Normalfall hinausgehenden Arbeitsbelastung ist damit ohnehin immer auch die dadurch eingetretene Erhöhung der Berechnungsgrundlage von Bedeutung, auch soweit sich dies wegen der Degression bei der Vergütung unterschiedlich auswirkt. Kommt ein Zuschlag nach § 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV in Betracht, liegen folglich regelmäßig die Voraussetzungen für mehrere, sich in ihren Voraussetzungen überschneidende Zuschlagstatbestände vor, die deshalb nicht isoliert voneinander festgesetzt werden können11. Bei der erforderlichen Bemessung des angemessenen Gesamtzuschlags muss deshalb eine Degression nach § 2 Abs. 1 InsVV ohnehin berücksichtigt werden.
Geht man zugunsten des Verwalters davon aus, dass der Mehraufwand wegen des unkooperativen Verhaltens der Schuldnerin die Masse nicht gemehrt hat, bleibt der wegen erhöhten Arbeitsaufwandes zugebilligte Zuschlag von 100% zu berücksichtigen.
Der Verwalter macht geltend, die von ihm durch besonderen Einsatz erwirtschaftete Masse beruhe hinsichtlich des 250.000 € übersteigenden Betrages auf den Anstrengungen, die über einen Normalfall hinausgehen. Hierdurch hat sich folglich die Regelvergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV um netto 17.554,17 € erhöht, durch den für diesen Arbeitsaufwand gewährten Zuschlag von 100% um weitere 47.804,17 €, zusammen um 65.358,34 €; das entspricht einem Zuschlag auf die Regelvergütung ohne Massemehrung von 137%.
Ob die Voraussetzungen für einen Zuschlag vorliegen und wie hoch dieser zu bemessen ist, muss vom Tatrichter unter Berücksichtigung aller Umstände im Einzelfall bestimmt werden12. Dessen Entscheidung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur darauf zu überprüfen, ob sie die Gefahr der Verschiebung von Maßstäben mit sich bringt13.
Diese Gefahr besteht hier nicht. Das Beschwerdegericht hat zwar gemeint, hier komme ein Zuschlag zum Zwecke des Degressionsausgleiches wegen der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nicht in Betracht. Es hat aber hilfsweise ausgeführt, dass auch unter dem Gesichtspunkt der Degression in einer Gesamtschau keine Veranlassung für eine weitere Erhöhung der Vergütung bestehe. Insbesondere hat es zutreffend gesehen, dass ein Degressionsausgleich nicht getrennt von den übrigen Zuschlägen gemäß § 3 Abs. 1 InsVV beurteilt und zugebilligt werden kann und dass eine gesonderte Vergütung nach § 3 Abs. 1 Buchst. c InsVV nicht festzusetzen ist.
Es kann deshalb ausgeschlossen werden, dass das Beschwerdegericht nach einer Zurückverweisung in neuer tatrichterlicher Würdigung zu einem anderen Ergebnis gelangt. Ob der Gesamtzuschlag im Einzelfall höher hätte ausfallen können, ist im Einzelfall nicht zu prüfen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. November 2012 – IX ZB 139/10
- MünchKomm-InsO/Nowak, 2. Aufl. § 3 InsVV Rn. 9; Eickmann/Prasser in Kübler/Prütting/Bork, InsO, August 2006, § 3 InsVV Rn. 36[↩]
- so noch Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 3. Aufl. § 3 Rn. 25, aber ausdrücklich aufgegeben in der 4. Aufl., § 3 Rn. 24; Gräber, Vergütung im Insolvenzverfahren von A bis Z, Rn. 234; ablehnend Blersch in Berliner Kommentar zum Insolvenzrecht, 2009, § 3 InsVV Rn. 17[↩]
- abgedruckt z.B. in Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, 4. Aufl. S. 42, 44[↩]
- aaO S. 54[↩]
- vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO § 3 Rn. 23; Blersch, aaO § 3 Rn. 13[↩]
- Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO § 3 Rn. 26; Blersch, aaO § 3 InsVV Rn. 15; Stephan/Riedel, InsVV § 3 Rn. 18; Eickmann/Prasser in Kübler/Prütting/Bork, aaO § 3 Rn. 36; HmbKomm-InsO/Büttner, 4. Aufl. § 3 InsVV Rn. 4; MünchKomm-InsO/Nowak, 2. Aufl. § 3 InsVV Rn. 9; für einen Grenzwert von 500.000 € Keller, Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 3. Aufl. Rn. 278[↩]
- vgl. dazu Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO; Blersch, aaO; MünchKomm-InsO/Nowak, aaO[↩]
- Haarmeyer/Wutzke/Förster, aaO Rn. 25: um das Doppelte; Eickmann/Prasser, aaO[↩]
- BGH, Beschluss vom 11.05.2006 – IX ZB 249/04, ZIP 2006, 1204 Rn. 41 f; vom 08.03.2012 – IX ZB 162/11, ZIP 2012, 682 Rn. 10; st.Rspr.[↩]
- vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 08.03.2012, aaO Rn. 13 ff; vom 12.05.2011 – IX ZB 143/08, ZIP 2011, 1373 Rn. 10 f[↩]
- BGH, Beschluss vom 11.05.2006, aaO Rn. 44[↩]
- BGH, Beschluss vom 07.10.2010 – IX ZB 115/08, ZInsO 2010, 2409 Rn . 8 mwN[↩]
- BGH, aaO mwN[↩]