Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gibt dem Anzeigenerstatter einer schweren Straftat auch nach dem rechtskräftigen Freispruch des von ihm Beschuldigten einen Anspruch darauf, nicht zum Gegenstand öffentlicher Darstellung gemacht zu werden. Der Anzeigenerstatter begibt sich dieses Rechts auf Anonymität aber jedenfalls dann, wenn er den angezeigten Sachverhalt an eine Filmgesellschaft verkauft und den Film im Vorfeld der Produktion durch Interviews bewirbt.

Zwar steht der Anzeigenerstatterin – im hier vom Landgericht Mannhein entschiedenen Fall einer Radiomoderatorin – wie jedermann das aus Art. 1 und Art. 2 GG abgeleitete allgemeine Persönlichkeitsrecht zu, das u.a. grundsätzlich das Recht umfasst, in seiner Privatsphäre in Ruhe gelassen zu werden und nicht unter Nennung des vollständigen Namens um Gegenstand öffentlicher Darstellung gemacht zu werden.
Die in der öffentlichen Nennung des vollständigen Namens liegende Beeinträchtigung der Anzeigenerstatterin ist jedoch nur dann rechtswidrig und verleiht gegenüber dem Störer – im vorliegenden Fall ein Moderator, Journalist und Unternehmer, der einer breiten Öffentlichkeit u.a. durch die Wettervorhersage im Anschluss an die Tagesschau bzw. Tagesthemen bekannt wurde – ein Abwehrrecht (§§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB in rechtsanaloger Anwendung), wenn im Einzelfall aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung die Rechtswidrigkeit des Eingriffs festgestellt werden kann. Ein Eingriff in die Privatsphäre kann zur wahrheitsgemäßen Aufklärung über Vorgänge, die für die Allgemeinheit von Bedeutung sind, gerechtfertigt sein. Außerdem ist derjenige in geringerem Maße schutzwürdig, der die Veröffentlichung von Informationen aus seiner Privatsphäre duldet, billigt oder fördert1.
Im konkreten Falle hat allerdings, wie das Landgericht Mannheim feststellt, die Klägerin jedenfalls durch den unstreitigen Verkauf ihrer Geschichte an eine Filmgesellschaft und ihre Werbung für dieses Projekt seit Ende des Jahres 2011 ihrerseits die Auseinandersetzung mit dem Beklagten und ihre eigene Rolle dabei zum Gegenstand einer Darstellung in der breiten Öffentlichkeit gemacht hat.
Dafür hat die Klägerin bereits Zahlungen erhalten, das Drehbuch wird derzeit erarbeitet, in Kürze sollen die Dreharbeiten beginnen. Im Zuge dieser kaum reversiblen Preisgabe weiterer Bereiche ihrer Privatsphäre wird die Anzeigenerstatterin nicht nur weitere Sachinformationen an die Filmgesellschaft liefern müssen; es ist bei wirtschaftlicher Betrachtung der Gesamtsituation auch nicht vorstellbar, dass sie weiterhin mit abgekürztem Namen oder als „… Ex“ ihren Film promoten kann.
Vor diesem Hintergrund wird auch die Sorglosigkeit ihres Anwalts beim Umgang mit Journalisten nachvollziehbar. Hätte die Anzeigenerstatterin in privater Abgeschiedenheit unbeachtet bleiben wollen, hätte es sich ihr aufgedrängt, strenge Weisungen für Medienkontakte zu erteilen. Für die Sensibilisierung der Medien hätte zudem eine allgemein Pressemitteilung genügt.
Konnte man allein das Interview in der Zeitschrift … vom 16.06.2011 noch als mediale Gegendarstellung der Anzeigenerstatterin auf das Interview des Beklagten vom 09.06.2011 in der Wochenzeitung „…“ und auch auf das allgemeine Presse-Echo nach dem freisprechenden Urteil der Strafkammer vom 31. Mai 2011 einordnen, konnte man in der Fotostrecke vom 16.06.2011 noch den Versuch sehen, mediale Darstellungen einer rachsüchtigen Ex-Geliebten zurecht zu rücken, so verhält es sich mit der werblichen Ankündigung eines Filmprojekts durch die Anzeigenerstatterin gänzlich anders. Diese Ankündigung liegt rund 7 Monate nach Verkündung des Urteils der Strafkammer in einer Phase, in der das öffentliche Interesse an der Auseinandersetzung der Parteien massiv zurück gegangen war. Damit hat die Anzeigenerstatterin deutlich gemacht, dass sie jetzt nicht mehr in privater Zurückgezogenheit die Geschehnisse für sich verarbeiten möchte.
Es bleibt der Anzeigenerstatterin unbenommen, ihre Sicht der Auseinandersetzung mit dem Beklagten und deren Einordnung in einen politischen und gesellschaftlichen Zusammenhang einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren und die dabei üblichen Honorare zu vereinnahmen. Sie kann aber bei dieser Ausgangsposition dem Beklagten nicht verbieten, bei seinem entsprechenden Versuch in der Form eines Buchs seine Kontrahentin, die Anzeigenerstatterin, beim Namen zu nennen. Dies gilt umso mehr, als der Name der Anzeigenerstatterin schon in der Vergangenheit nicht vollständig geheim gehalten werden konnte; inwieweit dies sachlich unvermeidbar (§ 169 GVG) war, oder auf partiellen Fehlleistungen beruhte, ist dabei ohne Bedeutung.
Landgericht Mannheim Urteil vom 25.10.2012, 3 O 99/12
- Palandt-Sprau, 71. Auflage, Rdnr. 96 u. 98 zu § 323 BGB; BGH, Urteil vom 19.10.2004 – „Rivalin von Uschi Glas“, NJW 2005, 594, 595; BGH, Urteil vom 25.10.2011 – “ Pornodarsteller“, GRUR 2012, 422, Tz 16[↩]