Der gegen einen Dritten gerichtete Schadensersatzanspruch des arglistig getäuschten Käufers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB ist darauf gerichtet, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn die Täuschung nicht erfolgt wäre1.

Dem Schadensersatzbegehren dabei steht nicht entgegen, dass der Käufer ursprünglich die Minderung erklärt hat. Abgesehen davon, dass er schon mangels Vollzuges der Minderung (§ 465 BGB a.F.) sein Wahlrecht hinsichtlich der ihm gegen die Verkäuferin zustehenden Gewährleistungsansprüche nicht verloren hat2, macht der Käufer vorliegend keinen Gewährleistungsanspruch, sondern einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend, und zwar gegen einen Dritten, der am Kaufvertrag nicht als Verkäufer beteiligt war und für dessen Haftung die sich aus §§ 459 ff. BGB a.F. ergebenden Beschränkungen nicht zum Tragen kommen.
Der Umfang der gegebenenfalls bestehenden Ersatzpflicht des Dritten bestimmt sich, da das behauptete schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB in der seinerzeit geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB).
Ob ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, ist nach der sogenannten Differenzhypothese grundsätzlich durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen3. Der nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zum Schadensersatz Verpflichtete hat lediglich den Differenzschaden zu ersetzen4. Davon zu unterscheiden ist der Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses. Dieses ist zu ersetzen, wenn der Anspruchsinhaber verlangen kann, so gestellt zu werden, als ob eine Verbindlichkeit ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Da die deliktische Haftung nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit und deren Nicht- oder Schlechterfüllung anknüpft, stellt sich im Deliktsrecht die Frage nach dem Erfüllungsinteresse als solche nicht5. Der deliktische Schadensersatzanspruch richtet sich allein auf das „Erhaltungsinteresse“6.
Das gilt für die deliktische Haftung grundsätzlich auch dann, wenn sie neben einer vertraglichen Schadensersatzpflicht besteht. Der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, besser zu stehen, als er stünde, wenn der Schädiger die unerlaubte Handlung nicht begangen hätte (vgl. Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl., S. 323 Rn. 867). Dieser Grundsatz findet bei einem Kaufvertrag jedenfalls dann Anwendung, wenn dieser aufgrund falscher Angaben eines Dritten zustande gekommen ist. Die im Gewährleistungsrecht verankerte Besserstellung des Käufers (vgl. § 463 BGB a.F.) ist nur gerechtfertigt, weil sie auf einem Rechtsgeschäft beruht, denn nur dieses, nicht aber die unerlaubte Handlung, kann den Käufer besser stellen, als er vorher stand. Der Käufer kann nur von dem Verkäufer Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die unerlaubte Handlung eines Dritten kann nicht dazu führen, dass dieser haftungsrechtlich wie ein Verkäufer behandelt wird7.
Allerdings muss der Differenzschaden nicht notwendigerweise geringer sein als das positive Interesse des Geschädigten an der Vertragserfüllung. So ist anerkannt, dass die Anwendung der Differenzhypothese in dem Fall, in dem der Geschädigte nachweist, dass er ohne die für den Abschluss des Vertrages ursächliche Täuschungshandlung einen anderen, günstigeren Vertrag – mit dem Verkäufer oder einem Dritten – abgeschlossen hätte, im Ergebnis das Erfüllungsinteresse verlangen kann, und zwar deswegen, weil der Schaden in diesem Ausnahmefall dem Erfüllungsinteresse entspricht8.
Nach diesen Grundsätzen war in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall davon auszugehen, dass der Käufer verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Dritte ihn nicht über den tatsächlichen Umfang der durchgeführten Dacharbeiten getäuscht hätte. Mithin könnte er gegebenenfalls beanspruchen, so gestellt zu werden, als habe er den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen. Einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages macht er jedoch nicht geltend. Vielmehr will er das Kaufgrundstück behalten und daneben den ihm „aus dem Erwerb entstandenen Schaden“ ersetzt erhalten. Diesen Schaden will er anhand der Kosten berechnen, die nach seiner Behauptung zur Mängelbeseitigung erforderlich sind. In der Sache ist sein Begehren mithin darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als wäre das Dach der Gewerbehalle, wie vom Dritten vor Vertragsabschluss erklärt, tatsächlich erneuert worden. Damit beansprucht er aber das Erfüllungsinteresse, denn er möchte im Ergebnis so gestellt werden, als hätte die Verkäuferin den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt. Ein solcher Anspruch steht ihm jedenfalls gegenüber dem Drittem nach den für Ersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß § 249 Satz 1 BGB a.F. maßgebenden Grundsätzen der Differenzhypothese nicht zu.
Für den vom Käufer gegen den Dritten geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung gelangen nicht die Regeln des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts zur Anwendung. Vielmehr ist der Schaden nach der sogenannten Differenzhypothese durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen. Dafür, dass der Käufer einen geminderten Kaufpreis hätte zahlen müssen, wenn der Dritte nicht erklärt hätte, dass das Dach der Gewerbehalle vor kurzem erneuert worden sei, ist jedoch nichts ersichtlich.
Etwas anderes lässt sich auch nicht der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen. Der Entscheidung des Reichsgerichts vom November 19219 lag ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Soweit das Reichsgericht in älteren Urteilen angenommen hat, der deliktische Anspruch des getäuschten Käufers könne ausnahmsweise auf das positive Interesse gerichtet sein10, betrafen die zugrunde liegenden Fallgestaltungen nicht die Haftung eines Dritten aus unerlaubter Handlung11. Auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus 195912 betraf allein die Haftung des Verkäufers. Die Frage, ob der Käufer, der den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, von dem Verkäufer gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB das positive Interesse verlangen kann, ist dort erörtert, letztlich aber offen gelassen worden. Soweit in dem BGH-Urteil vom 25. November 199713 in einer für das Ergebnis der Entscheidung nicht tragenden Bemerkung zum Umfang des Anspruchs des Käufers auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung Abweichendes ausgeführt ist, wird daran nicht festgehalten.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Januar 2011 – VI ZR 325/09
- Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 25.11.1997 – VI ZR 402/96[↩]
- vgl. BGH, Urteile vom 08.01.1959 – VIII ZR 174/57, BGHZ 29, 148, 151; vom 24.11.1982 – VIII ZR 263/81, BGHZ 85, 367, 372; und vom 11.07.1990 – VIII ZR 219/89, NJW 1990, 2680, 2681[↩]
- BGH, Urteil vom 03.07.1984 – VI ZR 264/82, VersR 1984, 944; BGH, Beschluss vom 09.07.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 217; BGH, Urteile vom 15.12.1982 – VIII ZR 315/80, BGHZ 86, 128, 130; vom 10.12.1986 – VIII ZR 349/85, BGHZ 99, 182, 196; vom 30.05.2000 – IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2670 [insoweit in BGHZ 144, 343 nicht abgedruckt]; und vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, VersR 1998, 906[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.03.2010 – VIII ZR 65/09, NJW-RR 2010, 1579 Rn. 15 m.w.N.; Staudinger/Schiemann, BGB [2005], § 249 Rn. 195; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 437 Rn. 56; Schermaier, JZ 1998, 857 f. [Anm. zu BGH, Urteil vom 25.11.1997 – VI ZR 402/96, VersR 1998, 245 = JZ 1998, 855 = MDR 1998, 266][↩]
- vgl. MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rn. 125[↩]
- Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 67, § 2 IV 4.[↩]
- Tiedtke, DB 1998, 1019, 1020; Schaub, ZEuP 1999, 941, 951 f.[↩]
- vgl. Tiedtke, aaO, S. 1019; Rust, NJW 1999, 339; Imping, MDR 1998, 267 [Anm. zu BGH, Urteil vom 25.11.1997 – VI ZR 402/96, aaO][↩]
- RG, Urteil vom 10.11.1921 – VI 195/21, RGZ 103, 154[↩]
- RG, Urteile vom 12.11.1904 – V 227/04, RGZ 59, 155, 157; vom 28.03.1906 – V 356/05, RGZ 63, 110, 112; und vom 02.10.1907 – V 8/07, RGZ 66, 335, 337[↩]
- vgl. Schaub, aaO S. 952[↩]
- BGH, Urteil vom 29.10.1959 – VIII ZR 125/58, NJW 1960, 237, 238[↩]
- BGH, Urteil vom 25.11.1997 – VI ZR 402/96, aaO[↩]
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