Der Auskunftsanspruch des Mieters – und seine Verjährung

Die Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch des Mieters gemäß § 556g Abs. 3 BGB beginnt abweichend von § 199 Abs. 1 BGB nicht bereits mit dessen Entstehung im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses, sondern (erst) mit dem Auskunftsverlangen des Mieters.

Der Auskunftsanspruch des Mieters – und seine Verjährung

Es handelt sich bei dem Auskunftsanspruch nach § 556g Abs. 3 BGB um einen sogenannten verhaltenen Anspruch. Deshalb hat die regelmäßige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) für den Auskunftsanspruch der Mieter erst mit dessen Geltendmachung gegenüber der Vermieterin zu laufen begonnen.

Das Landgericht Berlin hat im Ausgangspunkt noch zutreffend angenommen, dass die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB in der bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung, Art. 229 § 49 Abs. 2 EGBGB) in Verbindung mit der am 1.06.2015 in Kraft getretenen Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.04.2015 auf den mit Wirkung zum 1.12.2016 geschlossenen Mietvertrag über die Wohnung der Vermieterin anwendbar sind (Art. 229 § 35 Abs. 1 EGBGB) und deshalb den Mietern grundsätzlich ein Anspruch gegen die Beklagte gemäß § 556g Abs. 3, § 398 BGB auf Erteilung von Auskunft über die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete nach den §§ 556d ff. BGB maßgeblichen Tatsachen zusteht1.

Anders als das Landgericht Berlin gemeint hat, ist dieser Anspruch jedoch nicht verjährt. Die auch auf den Auskunftsanspruch gemäß § 556g Abs. 3 BGB anwendbare regelmäßige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) ist nicht bereits mit dem Schluss des Jahres 2016, in dem der streitgegenständliche Mietvertrag abgeschlossen wurde, nach § 199 Abs. 1 BGB in Gang gesetzt worden. Vielmehr hat die Verjährungsfrist erst mit dem Zugang des Schreibens vom 09.04.2020 bei der Vermieterin zu laufen begonnen, mit dem von dieser unter anderem die streitgegenständlichen Auskünfte begehrt wurden. Zum Zeitpunkt der gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB zur Verjährungshemmung führenden Erhebung der Klage noch im Jahr 2020 war der Auskunftsanspruch deshalb nicht verjährt.

Ob der Auskunftsanspruch gemäß § 556g Abs. 3 BGB vor dem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete nach § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB verjähren kann und wann gegebenenfalls der Lauf der Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch beginnt, ist umstritten.

Nach einer – auch vom Landgericht Berlin vertretenen – Ansicht verjährt der Auskunftsanspruch grundsätzlich selbständig und unabhängig von dem Rückzahlungsanspruch innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), die gemäß § 199 Abs. 1 BGB (bereits) mit dem Ende des Jahres beginnen soll, in dem der Mietvertrag geschlossen wurde2.

Andere knüpfen den Beginn der Verjährungsfrist an ein Verhalten des Mieters, etwa an die Rüge gemäß § 556g Abs. 2 BGB3, oder nehmen eine Entstehung des Auskunftsanspruchs im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters an4.

Nach einer weiteren Auffassung kann der Auskunftsanspruch des Mieters wegen seiner Ausgestaltung als Hilfsanspruch jedenfalls nicht vor dem Rückzahlungsanspruch des Mieters verjähren5.

Der Bundesgerichtshof hat sich bislang mit dieser Frage nicht befasst. Er entscheidet sie nunmehr dahingehend, dass der Auskunftsanspruch des Mieters gemäß § 556g Abs. 3 BGB in der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB verjährt und diese Frist – abweichend von § 199 Abs. 1 BGB – nicht bereits mit dessen Entstehung im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses, sondern (erst) mit dem Auskunftsverlangen des Mieters beginnt.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht Berlin noch angenommen, dass der sich auf die Ausgangsmiete beziehende (§ 557b Abs. 4 BGB) Auskunftsanspruch der Mieter gemäß § 556g Abs. 3 BGB6 grundsätzlich selbständig – wie andere gesetzliche Auskunftsansprüche auch7 – der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB unterliegt8.

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Der Auskunftsanspruch gemäß § 556g Abs. 3 BGB kann unabhängig von dem Rückzahlungsanspruch des Mieters gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB – und damit auch zeitlich vor diesem – verjähren. Zwar handelt es sich bei ihm um einen Hilfsanspruch zu dem auf Geldzahlung gerichteten Hauptanspruch des Mieters9. Doch unterscheidet er sich von den ebenfalls als Hilfsansprüche ausgestalteten – Auskunftsansprüchen gemäß § 242 und § 1379 BGB, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht vor dem jeweiligen Hauptanspruch verjähren, dem sie dienen10, maßgeblich dadurch, dass der Mieter nicht erst auf der Grundlage der Auskunft zur Verfolgung und Durchsetzung des Zahlungsanspruchs gegen den Vermieter in die Lage versetzt wird11.

Während der Anspruchsberechtigte im Falle des Auskunftsanspruchs gemäß § 242 BGB in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen und deshalb auf die Auskunft angewiesen ist12 beziehungsweise der Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB der Berechnung des eigenen Zugewinnausgleichsanspruchs und der wechselseitigen Beibringung der Bemessungsgrundlagen für die Zugewinnausgleichsberechnung dient13, sind Auskunfts- und Rückzahlungsanspruch des Mieters gemäß § 556g Abs. 3, Abs. 1 Satz 3 BGB nicht in einer Weise miteinander verknüpft, dass die Durchsetzung des Rückzahlungsanspruchs ohne die Möglichkeit einer vorherigen oder zeitgleichen Geltendmachung des Auskunftsanspruchs gefährdet, erschwert oder sogar unmöglich wäre.

Insbesondere benötigt der Mieter die Auskunft des Vermieters zu den preisbildenden Faktoren nicht, um einen Rückzahlungsanspruch gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB schlüssig darlegen und gegebenenfalls beweisen zu können. Denn er muss aufgrund der gesetzlichen Konzeption der §§ 556d ff. BGB, wonach § 556d BGB den Grundtatbestand bildet und es sich bei den Vorschriften der §§ 556e, 556f BGB um Ausnahmen beziehungsweise „Sondertatbestände“14 zugunsten des Vermieters handelt, im Rückforderungsprozess lediglich die Anwendbarkeit und die Voraussetzungen des Grundtatbestandes (das Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10 % bei Mietbeginn) sowie die ordnungsgemäße Rüge gemäß § 556g Abs. 2 BGB darlegen und beweisen15. Insoweit erachtet es der Gesetzgeber als dem Mieter zumutbar, zur Feststellung der zulässigen Miethöhe allgemein zugängliche Quellen – insbesondere den örtlichen Mietspiegel, von dessen regelmäßiger Erstellung der Gesetzgeber bei Ausweisung einer Gemeinde als Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt ausgegangen ist16 – zu nutzen17.

Obgleich der Auskunftsanspruch sich auch auf für die Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete maßgebliche Umstände (zum Beispiel die Baualtersklasse des Mietgebäudes) beziehen kann18, wird er – da er nur die nicht allgemein zugänglichen preisbildenden Faktoren umfasst – vor allem die im Rückzahlungsprozess vom Vermieter darzulegenden und zu beweisenden19 Ausnahmetatbestände der §§ 556e, 556f BGB betreffen20. Er ergänzt damit den Rückzahlungsanspruch des Mieters, indem er diesem eine Einschätzung hinsichtlich des – vor allem im möglichen Eingreifen von Ausnahmetatbeständen zugunsten des Vermieters liegenden – Prozessrisikos ermöglicht21. Einer Verknüpfung von Auskunftsanspruch und Rückzahlungsanspruch dergestalt, dass der Auskunftsanspruch nicht vor dem Rückzahlungsanspruch verjährt, bedarf es deshalb nicht.

Für den Beginn der Verjährungsfrist kommt es beim Auskunftsanspruch nach § 556g Abs. 2 BGB nicht auf das Entstehen dieses Anspruchs (§ 199 Abs. 1 BGB), sondern da es sich bei diesem um einen verhaltenen Anspruch handelt auf dessen Geltendmachung durch den Mieter an.

Nach der allgemeinen Regelung in § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Entstanden in diesem Sinne ist der Anspruch, wenn er vom Gläubiger im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich die Fälligkeit, die dem Gläubiger im Falle eines Leistungsanspruchs wie hier die Möglichkeit zur Erhebung einer Leistungsklage verschafft22.

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Abweichend von der allgemeinen Regelung kommt es bei sogenannten verhaltenen Ansprüchen für den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs durch den Gläubiger an23. Dies beruht darauf, dass der Gesetzgeber des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von der Schaffung einer allgemeinen Verjährungsregelung für verhaltene Ansprüche im Hinblick auf deren Ausnahmecharakter bewusst abgesehen und stattdessen den Verjährungsbeginn einzelner, von ihm als „verhalten“ identifizierter Ansprüche aus dem Leih- und Verwahrungsrecht (§ 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB) einer gesonderten Regelung zugeführt hat, um einen von ihm – angesichts der durch die Gesetzesnovelle erfolgten Verkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist von dreißig auf drei Jahre – als nicht angemessen empfundenen Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 BGB zu vermeiden24. Diese Gesetzeshistorie rechtfertigt es, den Beginn der Verjährungsfrist verallgemeinernd für andere verhaltene Ansprüche, für die der Verjährungsbeginn nicht ausdrücklich geregelt ist, anknüpfend an das Erfüllungsverlangen des Gläubigers zu bestimmen25.

Hiervon ausgehend beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch gemäß § 556g Abs. 3 BGB in dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Mieter ihn gegenüber dem Vermieter geltend macht. Denn der Gesetzgeber hat diesen Anspruch als verhaltenen Anspruch ausgestaltet.

Die Frage, ob ein gesetzlich oder vertraglich bestimmter Anspruch als „verhalten“ zu qualifizieren ist, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt von den jeweiligen Besonderheiten des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses ab26. Kennzeichnend für einen verhaltenen Anspruch ist, dass der Gläubiger die Leistung jederzeit verlangen kann, der Schuldner die Leistung jedoch nicht von sich aus erbringen muss beziehungsweise nicht leisten darf, bevor sie der Gläubiger verlangt27. Ein weiteres Merkmal eines verhaltenen Anspruchs ist, dass seine Entstehung und das Verlangen des Gläubigers nach Leistung zeitlich auseinanderfallen (können), weswegen abstrakt die Gefahr einer als unbillig empfundenen Anspruchsverjährung besteht28.

Nach diesem Maßstab ist der Auskunftsanspruch des Mieters gemäß § 556g Abs. 3 BGB als verhaltener Anspruch einzuordnen29. Der Gesetzgeber hat die mit dem Abschluss des Mietvertrags entstandene Verpflichtung des Vermieters zur Auskunftserteilung von einem vorherigen Auskunftsverlangen des Mieters abhängig gemacht.

Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung, nach dem der Vermieter (erst) „auf Verlangen des Mieters“ zur Auskunftserteilung verpflichtet ist. Dies entspricht der üblichen gesetzlichen Terminologie bei anderen als verhalten angesehenen Ansprüchen30, wie etwa in § 368 BGB31, in § 630 BGB32, in § 666 Alt. 2 und 3 BGB33, in § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB34 oder in § 1605 BGB35. Dass der Vermieter nach dem Abschluss des Mietvertrags auch ohne Aufforderung durch den Mieter zur Auskunftserteilung verpflichtet sein sollte, lässt sich der Vorschrift nicht entnehmen. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, hätte er einen dahingehenden Regelungswillen – beispielsweise durch Weglassen der Worte „auf Verlangen“ oder durch die Verwendung des Wortes „unaufgefordert“ – unschwer zum Ausdruck bringen können36.

Auch Sinn und Zweck des vom Gesetzgeber geschaffenen Auskunftsanspruchs nach § 556g Abs. 3 BGB sprechen dafür, dass der Mieter die Auskunft jederzeit verlangen kann, der Vermieter diese jedoch nicht von sich aus erteilen muss. Denn die Erteilung von Auskünften gemäß § 556g Abs. 3 BGB dient in erster Linie den Interessen des Mieters. Der Gesetzgeber hat dem Mieter mit dem Auskunftsanspruch ein Hilfsmittel zur Verfügung stellen wollen, damit dieser sich bei seinem Vermieter nach Vertragsschluss die für eine Prüfung der vereinbarten Miethöhe erforderlichen Informationen bei Bedarf zu beschaffen vermag37. Hierbei ist der Mieter weder in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt noch ist sein Auskunftsanspruch davon abhängig, dass der Vermieter dem Mieter in irgendeiner Weise konkreten Anlass zur (weiteren) Prüfung der Zulässigkeit der Miethöhe gegeben hätte38.

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Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass sich ein Mietinteressent die für die eigene Prüfung der Miethöhe benötigten Tatsachen bei angespannten Wohnungsmärkten nicht im Vorfeld des Mietvertragsschlusses durch Nachfrage bei dem anbietenden Vermieter beschaffen kann, ohne zugleich seine Stellung als möglicher Vertragspartner des Vermieters zu gefährden39. Dieses durch seine strukturelle Unterlegenheit bedingte Informationsdefizit des Mieters, dem der Vermieter nicht bereits vor oder bei Vertragsschluss aufgrund eigener Veranlassung die für die Beurteilung der Zulässigkeit der verlangten Miete maßgeblichen Umstände mitgeteilt hat, soll ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses über den gesetzlichen Auskunftsanspruch des Mieters ausgeglichen werden40.

Dieser Beurteilung steht auch – anders als der Prozessbevollmächtigte der Revisionsbeklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof gemeint hat – nicht die Vorschrift des § 556g Abs. 1a BGB entgegen, zumal diese zeitlich erst nachfolgend zur Vorschrift des § 556g Abs. 3 BGB durch das Mietrechtsanpassungsgesetz vom 18.12.2018 (MietanpG)41 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt worden und auf den vorliegenden Fall auch nicht anwendbar ist (Art. 229 § 49 Abs. 2 Satz 1 EGBGB)42.

Der Auskunftsanspruch gemäß § 556g Abs. 3 BGB weist auch die für verhaltene Ansprüche charakteristische und als unbillig empfundene Gefahr der Anspruchsverjährung infolge des (zeitlichen) Auseinanderfallens von Entstehung und Geltendmachung des Anspruchs auf.

Der Auskunftsanspruch nach § 556g Abs. 3 BGB entsteht (im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) bereits mit Abschluss des Mietvertrags43. Da die subjektiven Voraussetzungen gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB regelmäßig zu diesem Zeitpunkt gegeben sein werden44 und damit die Verjährungsfrist mit Schluss des Jahres zu laufen begönne, besteht die abstrakte Gefahr der vorzeitigen Anspruchsverjährung. Denn der Mieter wird gerade zu Beginn des Mietverhältnisses geneigt sein, von einer Geltendmachung des Auskunftsanspruchs abzusehen, um das Verhältnis zu seinem Vermieter, dem er gerade erst sein Einverständnis mit der verlangten Miete erklärt hat, nicht (schon) nach relativ kurzer Zeit zu belasten45.

Die vorstehend beschriebene Gefahr einer Verjährung des Auskunftsanspruchs vor dessen Geltendmachung ist vor dem Hintergrund des von dem Gesetzgeber beabsichtigten sozialen Mieterschutzes, dessen Umsetzung der Auskunftsanspruch dient14, auch als unbillig anzusehen.

Ob und in welchem Maße der Mieter nach Vertragsschluss von dem Auskunftsanspruch Gebrauch machen wird, hängt auch davon ab, welche für die Prüfung der Miethöhe maßgeblichen Informationen (zwischenzeitlich) offenkundig oder ihm aufgrund eigener Recherchen bekannt geworden sind und wie groß er die Chancen für ein erfolgreiches Vorgehen gegen die Miethöhe einschätzt. Insbesondere im Hinblick auf die gesetzlichen Ausnahmetatbestände wird der Mieter indessen – wovon auch der Gesetzgeber ausgegangen ist46 – auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht sicher beurteilen können, ob die von seinem Vermieter (bei Mietbeginn) verlangte Miete im Einzelfall zulässig ist, obwohl sie die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10 % übersteigt. Deshalb ist das Informationsbedürfnis des Mieters im Laufe des Mietverhältnisses grundsätzlich nicht geringer als zu dessen Beginn.

An der Schutzbedürftigkeit des Mieters fehlt es entgegen der Ansicht des Landgerichts Berlin zudem nicht deshalb, weil dieser auch ohne die begehrten Auskünfte bereits eine Leistungsklage auf Rückzahlung überzahlter Miete erheben kann. Die Erhebung einer solchen Leistungsklage wie vorliegend lässt nicht den Schluss zu, dass der Mieter der Auskünfte seitens des Vermieters zur sachgerechten Verfolgung seiner Ansprüche (überhaupt) nicht bedürfte. Der Auskunftsanspruch gemäß § 556g Abs. 3 Satz 1 BGB ist vielmehr auf die Mitteilung solcher Tatsachen beschränkt, die dem Mieter nicht allgemein zugänglich sind.

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Zugleich wird der Vermieter durch einen an den Zeitpunkt der Geltendmachung des Auskunftsverlangens anknüpfenden Beginn der Verjährungsfrist – auch unter Berücksichtigung der für die Verjährungsvorschriften maßgeblichen Gesichtspunkte von Schuldnerschutz, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit – nicht unangemessen belastet. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass der Vermieter vor einer Vermietung geprüft hat, bis zu welcher Höhe er eine Miete nach den §§ 556d ff. BGB verlangen kann, und deshalb die für eine Auskunftserteilung erforderlichen Informationen einschließlich einer Preiskalkulation ohnehin bei ihm vorhanden sind47. Die Auskunftspflicht erfasst zudem nur solche Umstände, die in der Sphäre des Vermieters liegen und die dieser bereits kennt oder ohne weiteres ermitteln kann; weiterreichende Pflichten zur Informationsbeschaffung treffen ihn nach § 556g Abs. 3 BGB nicht18. Demzufolge beschränkt sich die mit einem späteren Verjährungsbeginn verbundene Belastung des Vermieters auf das Vorhalten entsprechender Informationen – vor allem zu den eine höhere Miete erlaubenden Ausnahmetatbeständen der §§ 556e, 556f BGB – und auf die Aufbewahrung der betreffenden Unterlagen. An beidem wird der Vermieter regelmäßig schon deshalb ein Eigeninteresse haben, weil er – wie ausgeführt – die Voraussetzungen der zu seinem Vorteil wirkenden Ausnahmetatbestände in einem Rückzahlungsprozess darzulegen und zu beweisen hätte.

Eines weitergehenden Aufschiebens des Beginns der Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch in der Weise, dass dieser nicht vor dem jeweiligen Rückzahlungsanspruch gemäß § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB verjähren kann, bedarf es zum Schutz der Interessen des Mieters nicht. Sein Interesse an einer Erlangung von Informationen, die er zur Beurteilung der Zulässigkeit der vereinbarten Miethöhe benötigt, ist dadurch hinreichend gewahrt, dass die Verjährung des Auskunftsanspruchs – bei der gebotenen Einordnung als verhaltener Anspruch – erst mit dessen Geltendmachung beginnt. Dem Mieter steht damit ausreichend Zeit nach Vertragsschluss zur Verfügung, um sich über seinen Informationsbedarf Gewissheit zu verschaffen. Zudem kann er sein Auskunftsverlangen ab dessen Geltendmachung während des Laufs der dreijährigen Verjährungsfrist ergänzen oder modifizieren. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich Inhalt und Bezugspunkt der Auskunftspflicht des Vermieters gemäß § 556g Abs. 3 BGB während der Dauer des Mietverhältnisses nicht ändern, da es (allein) auf tatsächliche Umstände ankommt, die bereits vor beziehungsweise bei Vertragsschluss gegeben waren.

Hiernach hat im Streitfall die dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) für den geltend gemachten Auskunftsanspruch der Mieter gemäß § 556g Abs. 3, § 398 BGB erst mit dem Zugang des Auskunftsverlangens im Schreiben vom 09.04.2020 bei der Vermieterin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu laufen begonnen und war bei Erhebung der Klage noch im Jahr 2020 nicht abgelaufen. Die von der Vermieterin erhobene Verjährungseinrede (§ 214 Abs. 1 BGB) greift bereits aus diesem Grund nicht durch.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12. Juli 2023 – VIII ZR 8/22

  1. LG Berlin, Urteil vom 07.12.2021 – 63 S 75/21[]
  2. vgl. etwa BeckOGK-BGB/Fleindl, Stand: 1.04.2023, § 556g Rn. 128; BeckOK-BGB/Schüller, Stand: 1.02.2023, § 556g Rn. 30a; BeckOK-Mietrecht/Theesfeld-Betten, Stand: 1.05.2023, § 556g BGB Rn. 55; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 15. Aufl., § 556g BGB Rn. 42 [der den Auskunftsanspruch allerdings als verhaltenen Anspruch einordnet, aaO Fn. 182]; Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl., § 556g BGB Rn. 33; Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb.2021, § 556g Rn. 69; Erman/Dickersbach, BGB, 16. Aufl., § 556g Rn. 33; Wichert in Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl., § 556g BGB Rn. 46[]
  3. Bub in Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 5. Aufl., Kap. – II Rn. 2227.84[]
  4. vgl. Lützenkirchen/Abramenko, Mietrecht, 3. Aufl., § 556g BGB Rn. 137 [jedenfalls für § 556g Abs. 3 Satz 1 BGB][]
  5. vgl. LG Berlin [Zivilkammer 65], WuM 2021, 739 [vgl. hierzu BGH, Urteil vom12.07.2023 – VIII ZR 375/21]; LG Berlin [Zivilkammer 65], Urteil vom 01.02.2022 65 S 190/21 [vgl. hierzu BGH, Urteil vom heutigen Tage in dem Verfahren – VIII ZR 60/22]; LG Berlin [Zivilkammer 67], Urteil vom 03.05.2022 – 67 S 305/21 [vgl. hierzu BGH, Urteil vom 12.07.2023 – VIII ZR 125/22]; MünchKomm-BGB/Artz, 9. Aufl., § 556g Rn. 27; Siegmund in Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 556g BGB Rn. 51[]
  6. vgl. zu diesem bereits BGH, Urteil vom 27.11.2019 – VIII ZR 285/18, BGHZ 224, 89 Rn. 165[]
  7. vgl. etwa BGH, Urteile vom 02.11.1960 – V ZR 124/59, BGHZ 33, 373, 379; vom 04.10.1989 IVa ZR 198/88, BGHZ 108, 393, 399 [jeweils zur Auskunftspflicht gemäß § 2314 BGB]; vom 10.05.2012 – I ZR 145/11, GRUR 2012, 1248 Rn. 22; vom 03.09.2020 – III ZR 136/18, NJW 2021, 765 Rn. 55 [jeweils für den Anspruch aus § 242 BGB]; vom 03.08.2017 – VII ZR 32/17, WM 2018, 1856 Rn. 13 [für den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB als Hilfsanspruch zum Provisionsanspruch][]
  8. vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 15. Aufl., § 556g BGB Rn. 42; BeckOGK-BGB/Fleindl, Stand: 1.04.2023, § 556g Rn. 128; BeckOK-Mietrecht/Theesfeld-Betten, Stand: 1.05.2023, § 556g BGB Rn. 55; Schmid/Harz/Ormanschick, Mietrecht, 6. Aufl., § 556g BGB Rn. 32[]
  9. vgl. nur BGH, Urteil vom 23.03.2022 – VIII ZR 133/20, NJW-RR 2022, 6660 Rn. 35[]
  10. vgl. BGH, Urteile vom 25.07.2017 – VI ZR 222/16, NJW 2017, 2755 Rn. 8 ff.; vom 03.09.2020 – III ZR 136/18, NJW 2021, 765 Rn. 55 [jeweils zum Auskunftsanspruch nach § 242 BGB]; Beschluss vom 31.01.2018 XII ZB 175/17, NJW 2018, 950 Rn. 18 ff. [zum Auskunftsanspruch nach § 1379 BGB][]
  11. siehe hierzu Fleindl, WuM 2015, 212, 222[]
  12. vgl. etwa BGH, Urteile vom 04.06.1981 – III ZR 31/80, BGHZ 81, 21, 24; vom 26.09.2013 – VII ZR 227/12, NJW 2014, 381 Rn. 14; vom 03.09.2020 – III ZR 136/18, NJW 2021, 765 Rn. 51[]
  13. vgl. BGH, Beschluss vom 31.01.2018 XII ZB 175/17, NJW 2018, 950 Rn.19, 22[]
  14. vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 33[][]
  15. vgl. hierzu etwa BeckOGK-BGB/Fleindl, Stand: 1.04.2023, § 556g Rn. 156, 161; Fleindl, WuM 2015, 212, 216, 222[]
  16. vgl. BT-Drs. aaO, S. 29[]
  17. BT-Drs. aaO, S. 33 f.; siehe hierzu auch Fleindl, aaO S. 222[]
  18. vgl. BT-Drs. aaO, S. 34[][]
  19. vgl. BeckOGK-BGB/Fleindl, aaO Rn. 157 ff.; jurisPK-BGB/Heilmann, Stand: 1.02.2023, § 556g Rn. 52; Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb.2021, § 556g Rn. 69[]
  20. vgl. BT-Drs. aaO, S. 34; Fleindl, aaO, S. 223 f.; Staudinger/V. Emmerich, aaO, § 556g Rn. 76[]
  21. vgl. Fleindl, aaO S. 222[]
  22. st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 17.07.2019 – VIII ZR 224/18, ZIP 2020, 32 Rn. 16; vom 27.10.2022 – I ZR 141/21, ZIP 2023, 39 Rn.20; jeweils mwN[]
  23. vgl. BGH, Urteile vom 29.01.2008 – XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rn. 24; vom 03.11.2011 – III ZR 105/11, NJW 2012, 58 Rn. 29; vom 21.11.2014 – V ZR 32/14, NJW-RR 2015, 338 Rn. 26; vom 16.06.2016 – III ZR 282/14, NJW-RR 2016, 1391 Rn. 38; vom 04.05.2017 – I ZR 113/16, WM 2018, 915 Rn. 23; vom 25.03.2021 – VII ZR 94/20, BGHZ 229, 257 Rn. 26; vom 27.10.2022 – I ZR 141/21, aaO Rn. 35 f.[]
  24. vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 258; siehe auch BGH, Urteil vom 25.03.2021 – VII ZR 94/20, aaO[]
  25. vgl. BGH, Urteil vom 25.03.2021 – VII ZR 94/20, aaO; siehe auch MünchKomm-BGB/Grothe, 9. Aufl., § 199 Rn. 7; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearb.2019, § 199 Rn. 12; aA etwa Krämer, in Festschrift für Graf von Westphalen, 2010, S. 401, 413 f.; Winkelmann, Der Anspruch Funktion, Entstehung, Anknüpfungen, 2021, S. 436 ff.[]
  26. vgl. BGH, Urteile vom 21.11.2014 – V ZR 32/14, NJW-RR 2015, 338 Rn. 26; vom 25.03.2021 – VII ZR 94/20, BGHZ 229, 257 Rn. 22[]
  27. vgl. BGH, Urteile vom 16.06.2016 – III ZR 282/14, NJW-RR 2016, 1391 Rn. 37; vom 03.08.2017 – VII ZR 32/17, WM 2018, 1856 Rn. 23; vom 27.10.2022 – I ZR 141/21, ZIP 2023, 39 Rn. 36[]
  28. vgl. BGH, Urteile vom 04.05.2017 – I ZR 113/16, WM 2018, 915 Rn. 23 f.; vom 25.03.2021 – VII ZR 94/20, aaO; vom 27.10.2022 – I ZR 141/21, aaO; vgl. auch BT-Drs. 14/6040, S. 258, 269 [betreffend die Ansprüche aus § 604 Abs. 3, § 695 Satz 1, § 696 Satz 1 BGB-E][]
  29. so auch Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb.2021, § 556g Rn. 65, 83 sowie 69; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 15. Aufl., § 556g BGB Fn. 182 sowie Rn. 42 [die beide hieraus jedoch keine Folgerungen für den Verjährungsbeginn ziehen][]
  30. vgl. Gernhuber, Handbuch des Schuldrechts, Band 8, § 24 – I 6[]
  31. vgl. hierzu MünchKomm-BGB/Fetzer, 9. Aufl., § 368 Rn. 13[]
  32. vgl. hierzu BAG, NZA 2014, 31 Rn. 16 mwN[]
  33. vgl. hierzu BGH, Urteile vom 01.12.2011 – III ZR 71/11, BGHZ 192, 1 Rn. 11; vom 16.06.2016 – III ZR 282/14, NJW-RR 2016, 1391 Rn. 37[]
  34. vgl. BGH, Urteil vom 25.03.2021 – VII ZR 94/20, BGHZ 229, 257 Rn. 21 ff. [noch zu § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB aF][]
  35. vgl. hierzu BGH, Urteil vom 19.02.1986 IVb ZR 71/84, NJW 1986, 1751 unter – II 2 e; siehe auch die Aufzählung weiterer Fälle bei Staudinger/Bittner/Kolbe, BGB, Neubearb.2019, § 271 Rn. 7[]
  36. vgl. etwa die im Streitfall gemäß Art. 229 § 49 Abs. 2 Satz 1 EGBGB [noch] nicht anwendbare Regelung zur vorvertraglichen Auskunftspflicht in § 556g Abs. 1a Satz 1 BGB; hierzu BT-Drs.19/4672, S. 14, 27[]
  37. vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 32 f.[]
  38. vgl. BGH, Urteil vom 23.03.2022 – VIII ZR 133/20, NJW-RR 2022, 660 Rn. 34[]
  39. vgl. BT-Drs. aaO, S. 33[]
  40. vgl. BT-Drs. aaO[]
  41. BGBl. I S. 2648[]
  42. zum Verhältnis der beiden Ansprüche zueinander vgl. Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb.2021, § 556g Rn. 66; BeckOGK-BGB/Fleindl, Stand: 1.04.2023, § 556g Rn. 83[]
  43. vgl. hierzu Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 15. Aufl., § 556g BGB Rn. 42; Wichert in Spielbauer/Schneider, Mietrecht, 2. Aufl., § 556g BGB Rn. 46[]
  44. vgl. hierzu Schmidt-Futterer/Börstinghaus, aaO[]
  45. vgl. auch BT-Drs.19/4672, S. 14 [zur Scheu der Mieter, den Auskunftsanspruch aktiv geltend zu machen][]
  46. vgl. BT-Drs.19/4672, S. 11[]
  47. vgl. BT-Drs. 18/3121, S. 24, 45[]
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Vermietung von Wohnungen - und die Erbschaftsteuer

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  • Hausfassade Berlin-Kreuzberg: erge