Eine Unterscheidung beim Einlass nach dem optischen Alter ist bei Disco-Veranstaltungen nicht nur typisch, sondern hält auch einer vernünftigen Betrachtungsweise stand. Eine Auswahl der Gäste ist vernünftig, um den Interessen der Gäste und des Veranstalters gerecht zu werden.

Mit dieser Begründung hat das Amtsgericht München in dem hier vorliegenden Fall die Klage eines Münchner Selbständigen auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung abgewiesen. Am 26. August 2017 wollte der damals 44 Jahre alte Kläger mit zwei Freunden das von der beklagten Münchner Eventfirma veranstaltete Event „Isarrauschen“ auf der Praterinsel besuchen. Dem Kläger wurde der Einlass verwehrt, auf Nachfrage wurde ihm als Grund genannt, dass er zu alt sei.
Die Zahlung des vom Kläger nachfolgend geforderten Schadensersatzes ist von der Beklagten schriftlich verweigert worden unter Hinweis darauf, dass man aufgrund beschränkter Kapazitäten des Veranstaltungsbereichs das Personal am Einlass angewiesen habe, nicht passende Gäste abzuweisen. Es habe kein generelles Einlassverbot für Personen ab 35 Jahren bestanden, die Zielgruppe der Veranstaltung seien jedoch Personen zwischen 18 und 28 Jahren gewesen. Daher würden Gäste älteren Semesters, gerade auch in Gruppen, wohl auch künftig abgewiesen werden.
Wegen des darin liegenden Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)ist der Kläger der Meinung, Anspruch auf eine Entschädigung zu haben. Er habe die Abweisung als besonders kränkend empfunden, sehe auch nicht so alt aus und bot zum Beweis dafür seine deutlich jüngere Partnerin an, die bestimmt nicht mit ihm zusammen wäre, wenn er wie ihr Vater aussähe. Das von der Beklagten geltend gemachte spezielle Veranstaltungskonzept rechtfertige ja auch nicht beispielsweise Muslime, Frauen, Behinderte oder Homosexuelle auszuschließen.
Dem entgegnete die Beklagte damit, dass eine Entscheidung über den Einlass nach dem äußeren Eindruck der Gäste erfolge, die Gäste würden nicht nach ihrem Alter gefragt. Um eine homogene Gruppe zu erhalten, würden die Gäste nach einer bestimmten Zielgruppe ausgesucht. Diese solle vom Aussehen her passend gekleidet, vom Alter her optisch in die Zielgruppe passen und auch nicht alkoholisiert oder anderweitig berauscht sein. Der Kläger und seine Freunde hätten optisch nicht in diese Zielgruppe gepasst, was auch an deren optischen Alter gelegen haben mag.
In seiner Urteilsbegründung hat das Amtsgericht München ausgeführt, dass gemäß 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG eine Benachteiligung aus Gründen des Alters bei der Begründung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, unzulässig sei. (…) Soweit Schuldverhältnisse auf der individuellen Auswahl des Vertragspartners beruhen, stehen sie der Öffentlichkeit nicht „ohne Ansehen der Person“ zur Verfügung.
In dem hier vorliegenden Fall gehe das Amtsgericht München davon aus, dass es sich bei dem Event „Isarrauschen“ um eine Veranstaltung handelte, bei der junge Münchner Electronic-DJs auflegten, wobei es sich teilweise um ein Open-Air handelte. Die Kapazität auf der Praterinsel war auf 1.500 Gäste beschränkt. Der Einlass wurde durch Türsteher geregelt. Der Eintritt am Nachmittag war gratis, später war am Einlass ein Eintritt zu zahlen. (…)
Nach Meinung des Amtsgerichts München sei eine Unterscheidung beim Einlass nach dem optischen Alter bei solchen Veranstaltungen nicht nur typisch, sondern halte auch einer vernünftigen Betrachtungsweise stand. (…) Bei derartigen Disco-Veranstaltungen stehe nicht allein die Musik im Vordergrund, sondern das gemeinsame Feiern. Das Gelingen einer solchen Veranstaltung hänge damit entscheidend von einer gelingenden Interaktion unter den Gästen ab. (…) Daher sei eine Auswahl der Gäste, um einen gelungen Abend zu gestalten, vernünftig um den Interessen der Gäste und des Veranstalters gerecht zu werden. (…)
Da dem Kläger in München viele weitere ähnliche Veranstaltungen, auch bei der Beklagten, zur Verfügung stehen, bei denen nicht eine bestimmte jüngere Zielgruppe angesprochen werden soll, sei die vorliegende Benachteiligung auch hinnehmbar.
Amtsgericht München, Urteil vom 10. Oktober 2018 – 122 C 5020/18
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