Der Beschluss der Wohnungseigentumsgemeinschaft – und die Anfechtungsklage eines Nießbrauchers

Dem Nießbraucher von Wohnungseigentum steht die Befugnis zur Anfechtung eines von den Wohnungseigentümern gefassten Beschlusses nicht zu1.

Der Beschluss der Wohnungseigentumsgemeinschaft – und die Anfechtungsklage eines Nießbrauchers

Erhebt ein Dritter (hier: Nießbraucher), der von dem Wohnungseigentümer hierzu ermächtigt worden ist, Beschlussanfechtungsklage, ist diese zwar zulässig, wenn die Voraussetzungen der Prozessstandschaft im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung objektiv vorliegen und vorgetragen sind. Begründet kann sie – vorbehaltlich etwaiger Nichtigkeitsgründe – aber nur sein, wenn die Ermächtigung zur Prozessführung bereits innerhalb der Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 WEG objektiv vorliegt und offengelegt wird oder offensichtlich ist.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall waren die Nießbraucher und sind inzwischen wieder Mitglieder der mit den WEG-Mitglieder bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Mai 2001 übertrugen sie ihr Wohnungseigentum an ihre Tochter, wobei sie sich einen Nießbrauch an der Wohnung vorbehielten. In der Eigentümerversammlung vom 07.06.2018 fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich den Beschluss, ein bestimmtes Unternehmen mit der Pflege der Außenanlage zu beauftragen. Seit dem 25.10.2018 sind die Nießbraucher wieder zu einem geringen Anteil als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen. Anfang Juli 2018 haben die Nießbraucher Anfechtungsklage gegen den genannten Beschluss erhoben. Im September 2018 haben sie dem Gericht die Eigentumsübertragung aus dem Jahre 2001 mitgeteilt und nachfolgend eine auf den 24.05.2001 datierte Vollmacht eingereicht, mit der sie von ihrer Tochter bevollmächtigt worden sind, deren Rechte in Gerichtsverfahren als Prozessstandschafter im eigenen Namen geltend zu machen.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Amtsgericht Moers hat die Klage abgewiesen2. Die Berufung der Nießbraucher ist vor dem Landgericht Düsseldorf ebenfalls ohne Erfolg geblieben3. Und auch vor dem Bundesgerichtshof hatten die Nießbraucher keinen Erfolg; der Bundesgerichtshof wies die vom Landgericht zugelassenen Revision ebenfalls zurück:

Zulässigkeit der Klage

Die Klage ist zulässig. Die Nießbraucher sind prozessführungsbefugt für die von ihnen erhobene Anfechtungsklage.

Die Prozessführungsbefugnis ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung. Allgemein ist ein Nießbraucher prozessführungsbefugt, wenn er berechtigt ist, über das behauptete (streitige) Recht einen Prozess als Partei im eigenen Namen zu führen4. Für die Beschlussanfechtungsklage im Wohnungseigentumsrecht hat der Gesetzgeber die aktive und passive Prozessführungsbefugnis in § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG besonders geregelt5. Nach dieser Vorschrift darf die Klage – von der Verwalterklage abgesehen – nur von einem Wohnungseigentümer erhoben werden, d.h. von demjenigen, der im Wohnungsgrundbuch als Eigentümer eingetragen ist und das Wohnungs- oder Teileigentum nach materiellem Recht wirksam erworben hat; fehlt es daran, ist die Klage mangels Klagebefugnis des Nießbrauchers als unzulässig abzuweisen6.

Zum Zeitpunkt der Klageerhebung waren die Nießbraucher allerdings nicht Wohnungseigentümer, sondern lediglich Nießbraucher. Dem Nießbraucher von Wohnungseigentum steht die Befugnis zur Anfechtung eines von den Wohnungseigentümern gefassten Beschlusses nicht zu7. Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entspricht der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur8.

Soweit vereinzelt dagegen vorgebracht wird, der dingliche Charakter des Nießbrauchs spreche für die Annahme einer eigenen Klagebefugnis des Nießbrauchers9, überzeugt dies nicht. Der Gesetzgeber hat die Anfechtungsbefugnis ausdrücklich nur dem Wohnungseigentümer zugebilligt, nicht aber anderen dinglich Berechtigten. Eine Regelungslücke und ein Bedarf, die Klagebefugnis auf den Nießbraucher zu erstrecken, sind nicht erkennbar, zumal dieser – dazu sogleich – als Prozessstandschafter klagen kann, wenn der Wohnungseigentümer ihn hierzu ermächtigt.

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Die Klage ist gleichwohl zulässig, weil die Nießbraucher von ihrer Tochter zur Prozessführung ermächtigt worden sind und dies in der Tatsacheninstanz offengelegt haben.

Der Nießbraucher, der durch den Wohnungseigentümer zur Erhebung der Anfechtungsklage ermächtigt wird, ist als gewillkürter Prozessstandschafter anfechtungsbefugt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf jemand ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen im Prozess verfolgen, sofern er hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat10. Wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat, ist die gewillkürte Prozessstandschaft für einen klageberechtigten Wohnungseigentümer auch bei der Beschlussanfechtungsklage grundsätzlich möglich11. Das erforderliche eigene schutzwürdige Interesse an dieser Art der Prozessführung ist für den Nießbraucher des Wohnungseigentums im Hinblick auf dessen umfassende Nutzungsbefugnis (vgl. § 1030 BGB) regelmäßig gegeben12.

Für die Prozessführungsbefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Tatsachen, aus denen sich die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft ergeben, spätestens im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung objektiv vorliegen und vorgetragen sind13. Dies gilt auch für die Klagebefugnis bei der Beschlussanfechtungsklage nach § 46 WEG14. Erhebt ein Dritter (hier: Nießbraucher), der von dem Wohnungseigentümer hierzu ermächtigt worden ist, Beschlussanfechtungsklage, ist diese folglich zulässig, wenn die Voraussetzungen der Prozessstandschaft im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung objektiv vorliegen und vorgetragen sind.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Nießbraucher sind als Nießbraucher der im Eigentum ihrer Tochter stehenden Wohnung von der Tochter ermächtigt worden, deren Rechte als Wohnungseigentümerin in Gerichtsverfahren als Prozessstandschafter im eigenen Namen geltend zu machen. Diese Ermächtigung umfasst, da sie keine Einschränkung enthält, auch die Erhebung von Anfechtungsklagen gegen von den Wohnungseigentümern gefasste Beschlüsse. Den Nießbrauch und die Ermächtigung haben die Nießbraucher bereits in erster Instanz offengelegt. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Nießbraucher auch aus eigenem Recht klagebefugt sind, weil sie vor der letzten mündlichen Verhandlung erneut – wenn auch zu kleinem Bruchteil – als Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen wurden.

(Un-)Begründetheit der Klage

Die Klage ist aber unbegründet, weil die Nießbraucher bei der Klageerhebung nicht Wohnungseigentümer waren und nicht innerhalb der Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG offengelegt haben und auch nicht offensichtlich war, dass sie die Klage in Prozessstandschaft für ihre Tochter erheben.

Erhebt ein Dritter als Prozessstandschafter für einen Wohnungseigentümer Anfechtungsklage, muss die Ermächtigung zu dieser Prozessführung bereits innerhalb der Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 WEG objektiv vorliegen und offengelegt oder offensichtlich sein; anderenfalls ist die Klage – vorbehaltlich etwaiger Nichtigkeitsgründe – als unbegründet abzuweisen.

Die Klagefrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 WEG ist nur gewahrt, wenn die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats von einer Person erhoben wird, der entweder ein eigenes Anfechtungsrecht zusteht oder die zur Ausübung eines fremden Anfechtungsrechts befugt ist. Wird die Klage unter Berufung auf ein eigenes Anfechtungsrecht als Wohnungseigentümer erhoben, ist die Frist folglich nur gewahrt, wenn der Nießbraucher bei Klageerhebung bereits Wohnungseigentümer ist oder das Eigentum spätestens bis zum Ablauf der Klagefrist erwirbt15. Für die von einem Dritten als gewillkürtem Prozessstandschafter erhobene Klage gilt nichts anderes. Auch diese Klage wahrt die Anfechtungsfrist nur, wenn die Voraussetzungen der Prozessstandschaft innerhalb der Frist vorliegen, insbesondere die von dem Wohnungseigentümer erteilte Ermächtigung zur Prozessführung16. Wird die Klageerhebung durch den Dritten nach Ablauf einer materiell-rechtlichen Klagefrist von dem Inhaber des Rechts genehmigt, wirkt die Genehmigung nicht auf den Zeitpunkt der Klageerhebung zurück17. Die Klageerhebung des Nichtberechtigten stellt nämlich keine Verfügung über das Recht dar, die materiell-rechtlich nach § 185 BGB genehmigt werden könnte18.

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Es entspricht auch – soweit ersichtlich – einhelliger Ansicht, dass die gewillkürte Prozesstandschaft bei der Anfechtungsklage innerhalb der Fristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG offengelegt werden muss. Streitig ist allein, innerhalb welcher dieser Fristen die Offenlegung zu erfolgen hat.

Nach ganz herrschender Meinung ist die Prozessstandschaft innerhalb der Klagefrist von einem Monat offenzulegen19.

Nach anderer Ansicht reicht es aus, wenn die Prozessstandschaft innerhalb der Begründungsfrist von zwei Monaten offengelegt wird20.

Die herrschende Auffassung trifft zu. Die gewillkürte Prozessstandschaft muss innerhalb der einmonatigen Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 WEG offengelegt werden oder offensichtlich sein.

Es ist allgemein anerkannt, dass die Wirkungen der gewillkürten Prozessstandschaft erst in dem Augenblick eintreten, in dem sie prozessual offengelegt wird oder offensichtlich ist. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits mehrfach entschieden, so etwa für die Hemmung der Verjährung21, aber auch für Klagefristen, die materiell-rechtlich zum Verlust des Rechts führen, wie etwa zu Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB22 oder zur Ausschlussfrist nach § 12 Abs. 3 VVG aF23.

Die Offenlegung der Prozessstandschaft ist zur Klarstellung des Prozessrechtsverhältnisses erforderlich. Nur wenn der Gegner weiß, dass der Nießbraucher für sich in Anspruch nimmt, ein fremdes Recht im eigenen Namen geltend machen zu können, kann er die behauptete Ermächtigung bestreiten oder auch das Rechtsschutzinteresse des Nießbrauchers in Frage stellen24. Zudem erstreckt sich bei der gewillkürten Prozessstandschaft die Rechtskraft des auf die Klage des Ermächtigten ergehenden Urteils auf den Ermächtigenden nur, wenn sich der Ermächtigte im Rechtsstreit auf die Ermächtigung gestützt hat25.

Dies gilt gleichermaßen für die Beschlussanfechtungsklage im Wohnungseigentumsrecht. Der Umstand, dass es sich bei den Fristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG um materiell-rechtliche Ausschlussfristen handelt, deren Versäumung – vorbehaltlich etwaiger Nichtigkeitsgründe – zur Abweisung der Klage als unbegründet führt26, hat hier – wie auch sonst – nicht zur Folge, dass es für die Wahrung der Fristen allein auf die objektive materielle Berechtigung des Nießbrauchers ankommt.

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Dafür, dass die gewillkürte Prozessstandschaft innerhalb der Fristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG offenzulegen ist, sprechen auch Sinn und Zweck dieser Fristen. Diese sind Ausdruck des gesetzgeberischen Anliegens, über die Herstellung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit die ordnungsmäßige Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu gewährleisten. Sie führen dazu, dass für die Wohnungseigentümer und für den zur Ausführung von Beschlüssen berufenen Verwalter zumindest im Hinblick auf Anfechtungsgründe alsbald Klarheit darüber besteht, ob, in welchem Umfang und auf Grund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden27. Hierzu gehört auch die Frage, ob die Klage durch eine anfechtungsberechtigte Person erhoben wurde28. Diesbezügliche Klarheit besteht erst ab dem Zeitpunkt, in dem die Prozessstandschaft offengelegt wird, da erst dann ersichtlich ist, dass die Berechtigung zur Klage auf eine Ermächtigung durch einen Wohnungseigentümer gestützt wird. Das gesetzgeberische Ziel alsbaldiger Klarheit über Umfang und Grund der Anfechtung würde verfehlt, wenn die Prozessstandschaft nicht innerhalb der Fristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG offengelegt werden müsste, sondern – wie für die Zulässigkeit der Klage ausreichend – erst in der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz.

Es besteht auch kein Anlass, bei der Beschlussanfechtungsklage ausnahmsweise eine Offenlegung innerhalb der Begründungsfrist ausreichen zu lassen, und hiermit von dem Grundsatz abzuweichen, dass die Klage des Dritten erst ab Offenlegung der gewillkürten Prozessstandschaft Wirkung entfaltet. Die Begründungsfrist, die in dem ursprünglichen Regierungsentwurf zur WEG-Reform des Jahres 2007 noch nicht enthalten war29, wurde erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens in das Gesetz aufgenommen. Sie wurde für erforderlich gehalten, weil die Niederschrift über die Versammlung der Wohnungseigentümer, die für die Begründung der Anfechtungsklage wichtig sein könne, den Wohnungseigentümern manchmal erst kurz vor Ablauf der Klagefrist zur Verfügung stehe, so dass die zur Begründung der Klage verbleibende Zeit zu knapp sein könne30. Eine solche Besorgnis besteht hinsichtlich der dem Nießbraucher ohne weiteres möglichen Offenlegung der gewillkürten Prozessstandschaft nicht.

Soweit vertreten wird, meint, der Zweck des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG werde auch ohne Offenlegung der Prozessstandschaft schon dadurch erreicht, dass die beklagten Wohnungseigentümer unabhängig davon, ob der Anfechtende zur Anfechtung befugt sei, mit einer etwaigen Aufhebung des gefassten Beschlusses rechnen müssten, trifft dies so nicht zu. Für die Rechtsverteidigung und für die Einschätzung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage kann es aus Sicht der WEG-Mitglieder einen erheblichen Unterschied machen, ob der Nießbraucher aus eigenem Recht klagebefugt ist, oder ob er sich auf eine Ermächtigung durch einen Wohnungseigentümer stützt.

Unerheblich ist auch, dass die WEG-Mitglieder – worauf die Revision gesondert hinweist – vorliegend ohne Offenlegung der Prozessstandschaft davon ausgehen mussten, die Nießbraucher seien weiterhin Wohnungseigentümer und als solche klagebefugt. Denn der Zweck der Fristen des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG, dem Verwalter und den Wohnungseigentümern alsbald Klarheit darüber zu verschaffen, ob, in welchem Umfang und auf Grund welcher tatsächlichen Grundlage gefasste Beschlüsse einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden, wird auch dann verfehlt, wenn diese irrig von einer eigenen Klagebefugnis des Nießbrauchers ausgehen, weil dieser ihnen die zwischenzeitliche Veräußerung des Wohnungseigentums verschweigt. Die Klage eines Dritten, der die Prozessstandschaft verschweigt und den Eindruck erweckt, er sei (noch) Wohnungseigentümer und als solcher aus eigenem Recht klagebefugt, wahrt die Anfechtungsfrist nicht.

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Das Landgericht Düsseldorf kommt auch rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis, dass die Prozessstandschaft der Nießbraucher nicht offenkundig und ihre Offenlegung daher nicht ausnahmsweise entbehrlich war.

Die Offenlegung der Prozessstandschaft ist ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn aufgrund anderer Umstände für alle Beteiligten des Rechtsstreits Klarheit darüber besteht, dass der Nießbraucher die Klage als gewillkürter Prozessstandschafter erhebt31. In anderer Weise kann die notwendige Klarheit unter den Beteiligten auch durch vorprozessuale Vorgänge, etwa vorprozessuale Korrespondenz, erreicht werden32.

Die Annahme des Landgerichts Düsseldorf, dass die Nießbraucher ihre Behauptung, sie hätten die WEG-Mitglieder über den Eigentumsübergang und die von ihrer Tochter erteilte Vollmacht in der Eigentümerversammlung vom 20.04.2002 informiert, nicht bewiesen haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die darauf bezogene Verfahrensrüge der Nießbraucher hat der Bundesgerichtshof geprüft und als nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).

Die Offenlegung der Prozessstandschaft war auch nicht deshalb entbehrlich, weil  für alle Beteiligten klar gewesen sei, dass das Recht des Eigentümers der Wohneinheit Nr. 1 geltend gemacht werde. Wie bereits dargelegt, kann es nämlich für die WEG-Mitglieder der Beschlussanfechtungsklage einen erheblichen Unterschied machen, ob der Nießbraucher selbst Eigentümer der konkreten Wohnung ist und die Klage daher in Ausübung eines eigenen Anfechtungsrechts erhebt oder ob er Dritter ist und (nur) auf der Grundlage einer von dem Wohnungseigentümer erteilten Ermächtigung handelt. Die Offenlegung der Prozessstandschaft ist daher nicht schon dann entbehrlich, wenn offenkundig ist, welches konkrete Wohnungseigentum Grundlage der Klagebefugnis sein soll. Vielmehr muss auch offenkundig sein, dass dieses Wohnungseigentum nicht dem Nießbraucher zusteht und dieser die Klage (lediglich) als gewillkürter Prozessstandschafter erhebt.

Da die Nießbraucher die Klagefrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 BGB versäumt haben, waren nur Nichtigkeitsgründe (§ 23 Abs. 4 Satz 1 WEG) zu prüfen33. Für die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Somit ist die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen worden und die Revision der Nießbraucher daher zurückzuweisen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. November 2020 – V ZR 71/20

  1. Bestätigung von BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 194/14, NJW 2015, 2968 Rn. 8[]
  2. AG Moers, Urteil vom 08.11.2018 – 564 C 28718[]
  3. LG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2020 – 25 S 153/18[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 06.06.2019 – I ZR 67/18, NJW 2019, 3065 Rn. 12 mwN[]
  5. vgl. Bärmann/Roth, WEG, 14. Aufl., § 46 Rn. 28 f.[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 20.07.2012 – V ZR 241/11, NJW 2012, 3232 Rn. 7 f.; zur – hier nicht vorliegenden – Ausnahme für den werdenden Wohnungseigentümer BGH, Urteil vom 23.06.2017 – V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 Rn. 6[]
  7. vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 194/14, NJW 2015, 2968 Rn. 8[]
  8. vgl. Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 46 Rn. 52; MünchKomm-BGB/Engelhardt, 8. Aufl., WEG § 46 Rn. 12; Heinemann in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, Sachenrecht, WEG § 46 Rn. 14; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 46 Rn. 17; Then in: Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 46 Rn. 3; BeckOK WEG/Elzer [1.08.2020], § 46 Rn. 112; BeckOK BGB/Scheel, [1.08.2020], WEG § 46 Rn. 2; Bärmann/Seuß/Bergerhoff, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 87 Rn. 11[]
  9. vgl. Suilmann in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 46 Rn. 65; ders., Das Beschlussmängelverfahren im Wohnungseigentumsrecht, 1998, S. 154 ff.[]
  10. vgl. etwa BGH, Urteil vom 29.09.2017 – V ZR 19/16, BGHZ 216, 83 Rn. 28 mwN[]
  11. vgl. BGH, Beschluss vom 21.06.2012 – V ZB 56/12, NZM 2012, 732 Rn. 6; Beschluss vom 21.01.2016 – V ZR 108/15, ZWE 2016, 189 Rn. 5[]
  12. zutreffend LG Hamburg, ZWE 2015, 224; i. Erg. auch Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 46 Rn. 17; Heinemann in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, Sachenrecht, 4. Aufl., WEG Vorb. §§ 43 ff. Rn. 34[]
  13. st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 06.06.2003 – V ZR 320/02, WM 2003, 1974, 1975; Urteil vom 28.06.1985 – V ZR 43/84, NJW 1985, 2825 mwN; BGH, Urteil vom 11.08.2010 – XII ZR 181/08, BGHZ 187, 10 Rn. 7; Urteil vom 07.07.2008 – II ZR 26/07, NZI 2008, 561 Rn. 14; Urteil vom 24.02.1994 – VII ZR 34/93, BGHZ 125, 196, 201[]
  14. zutreffend LG Hamburg, ZWE 2015, 224; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 46 Rn. 5; Staudinger/Lehmann-Richter, WEG [2018], § 46 Rn. 86; Heinemann in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, Sachenrecht, 4. Aufl., WEG Vorb. §§ 43 ff. Rn. 34[]
  15. vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1992, 1170; Staudinger/Lehmann-Richter, WEG [2018], § 46 Rn. 150; BeckOK WEG/Elzer [1.08.2020], § 46 Rn. 96.1; Bärmann/Seuß/Bergerhoff, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 87 Rn. 8[]
  16. vgl. Suilmann in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 46 Rn. 95[]
  17. vgl. BGH, Urteil vom 06.06.2003 – V ZR 320/02, WM 2003, 1974, 1976 zu Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB; BGH, Urteil vom 03.03.1993 – IV ZR 267/91, NJW-RR 1993, 669, 670 f. zu § 12 Abs. 3 VVG aF[]
  18. vgl. BGH, Urteil vom 03.03.1993 – IV ZR 267/91, aaO[]
  19. vgl. LG Berlin, ZMR 2012, 119; LG Hamburg, ZWE 2015, 224; Bärmann/Roth, 14. Aufl., WEG § 46 Rn. 85 und Vorb. § 43 Rn. 25; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 46 Rn. 52; Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 46 Rn. 5; Staudinger/Lehmann-Richter, WEG [2018], § 46 Rn. 151; MünchKomm-BGB/Engelhardt, 8. Aufl., WEG § 46 Rn. 12; Palandt/Wicke, BGB, 79. Aufl., WEG § 46 Rn. 5; Then in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 46 Rn. 4; jurisPK-BGB/Reichel-Scherer, WEG [1.07.2020], § 46 Rn. 4; BeckOGK/Karkmann [1.03.2020], WEG § 46 Rn. 33; BeckOK WEG/Elzer [1.08.2020], § 46 Rn. 111; BeckOK BGB/Scheel [1.08.2020], WEG § 46 Rn.19; Bärmann/Seuß/Bergerhoff, Praxis des Wohnungseigentums, 7. Aufl., § 87 Rn. 10; Sauren, WEG, 6. Aufl., Vorb. § 43 Rn. 14P; zu § 23 Abs. 4 WEG aF: KG, NJW-RR 1995, 147, 148 a.E.; NJW-RR 2004, 878, 879; OLG Celle, ZWE 2001, 34[]
  20. vgl. Suilmann in Jennißen, WEG, 6. Aufl., § 46 Rn. 95; Heinemann in Ring/Grziwotz/Keukenschrijver, BGB, Sachenrecht, WEG § 46 Rn. 14[]
  21. vgl. BGH, Urteil vom 30.05.1972 – I ZR 75/71, NJW 1972, 1580; Urteil vom 03.07.1980 – IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 6; Urteil vom 21.03.1985 – VII ZR 148/83, BGHZ 94, 117, 122; Urteil vom 12.12.2013 – III ZR 102/12, ZLR 2014, 162 Rn. 36 mwN[]
  22. vgl. BGH, Urteil vom 06.06.2003 – V ZR 320/02, WM 2003, 1974, 1975; Urteil vom 27.09.2013 – V ZR 43/12, NJOZ 2014, 1101 Rn. 23[]
  23. vgl. BGH, Urteil vom 03.03.1993 – IV ZR 267/91, NJW-RR 1993, 669[]
  24. vgl. BGH, Urteil vom 30.05.1972 – I ZR 75/71, NJW 1972, 1580; Urteil vom 07.07.2008 – II ZR 26/07, NZI 2008, 561 Rn. 14[]
  25. vgl. BGH, Urteil vom 28.06.1985 – V ZR 43/84, NJW 1985, 2825; BGH, Urteil vom 30.05.1972 – I ZR 75/71, aaO; Urteil vom 07.07.2008 – II ZR 26/07, aaO[]
  26. st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2009 – V ZR 74/08, BGHZ 179, 230 Rn. 7 ff.; Urteil vom 02.10.2009 – V ZR 235/08, BGHZ 182, 307 Rn. 9; Urteil vom 08.02.2013 – V ZR 238/11, NJW 2013, 3092 Rn.20; Urteil vom 14.12.2018 – V ZR 2/18, NZM 2019, 374 Rn. 6[]
  27. vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2009 – V ZR 74/08, BGHZ 179, 230 Rn.20; Urteil vom 28.09.2012 – V ZR 251/11, BGHZ 195, 22 Rn. 12; Urteil vom 16.09.2016 – V ZR 3/16, ZWE 2017, 188 Rn. 16[]
  28. zutreffend Bärmann/Roth, WEG, 14. Aufl., § 46 Rn. 70[]
  29. BT-Drs. 16/887 S. 7[]
  30. BT-Drs. 16/887 S. 73[]
  31. vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2013 – V ZR 43/12, NJOZ 2014, 1001 Rn. 23 zu Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB; BGH, Urteil vom 03.07.1980 – IVa ZR 38/80, BGHZ 78, 1, 6; Urteil vom 21.03.1985 – VII ZR 148/83, BGHZ 94, 117, 122 jeweils zur Verjährungsunterbrechung; Urteil vom 07.07.2008 – II ZR 26/07, NZI 2008, 561 Rn. 14 zur Klage des Insolvenzverwalters[]
  32. vgl. BGH, Urteil vom 27.09.2013 – V ZR 43/12, aaO[]
  33. vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2018 – V ZR 2/18, NZM 2019, 374 Rn. 6[]
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Der Richter als Kläger im Parallelverfahren

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