Der erkennbar zahlungsunwillige Schuldner – und die Kosten des Inkassounternehmens

Ist der Schuldner für den Gläubiger erkennbar zahlungsunwillig und kann der Anspruch nur gerichtlich durchgesetzt werden, verstößt die vorgerichtliche Beauftragung eines Inkassounternehmens gegen die Schadensminderungspflicht und die daraus erwachsenen Kosten sind nicht erstattungsfähig.

Der erkennbar zahlungsunwillige Schuldner – und die Kosten des Inkassounternehmens

Im hier vom Amtsgericht Mannheim entschiedenen Fall hatte die Beklagte, die ein Geschäft betrieb, die bei der Klägerin gekauften, bis dahin nicht bezahlten Waren zurückgeschickt mit dem Vermerk, sie müsse ihr Geschäft bald aufgeben und würde die Ware deshalb zurückgeben. Die Klägerin hatte der Beklagten die Waren dann wieder zurückgeschickt, worauf diese die Annahme verweigerte und die Waren eingelagert werden mussten. Insgesamt hatte die Klägerin selbst zwölf mal die Beklagte erfolglos gemahnt, bevor die Angelegenheit dann einem Inkassobüro übergeben wurde. Das Amtsgericht sah die geltend gemachten Inkassokosten als nicht erstattungsfähig an:

Vorliegend kann die Klägerin deshalb die ihr entstandenen 22, 75 EUR für die Tätigkeit des Inkassobüros, berechnet auf Grundlage einer 0, 65 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG in Höhe von 22, 75 EUR nicht verlangen. Aus dem oben dargelegten Sachverhalt ergibt sich, dass die Beklagte spätestens mit der Verweigerung der Annahme der ihr zurückgesandten Ware sich als zahlungsunwillig – und was der Sachverhalt auch nahelegt, wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit auch als zahlungsunfähig – zu erkennen gab. Beauftragt der Gläubiger in einer solchen Konstellation gleichwohl ein Inkassobüro beauftragt, kann diese Kosten gemäß §§ 286, 254 BGB nicht als Verzugsschaden ersetzt verlangen1. Vielmehr war absehbar, dass sich die Klägerin zur Durchsetzung ihrer Rechte gerichtlicher Hilfe und damit der eines Rechtsanwaltes würde bedienen müssen. Dann sind die zusätzlichen Kosten eines Inkassobüros nicht erstattungsfähig2.

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Auch der Hinweis der Klägerin, in einer vergleichbaren Situation seien die Kosten des beauftragten Rechtsanwaltes zu ersetzen, weshalb kein höherer Schaden entstanden sei, als bei Beauftragung eines Rechtsanwaltsbüros. Das übersieht, dass bei einem erkennbar zahlungsunwilligen Schuldner ein Auftrag an den Rechtsanwalt zur vorgerichtlichen Zahlungsaufforderung gegen § 254 BGB verstößt und deshalb nicht erstattungsfähig ist3.

Der Verweis auf das Urteil des LG Wiesbaden vom 27.06.20134 überzeugt das Amtsgericht gleichfalls nicht. Zum Einen übersieht diese Entscheidung die mangelnde Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten im Einzelfall, weil sie gegen § 254 BGB verstößt. Zum Anderen sind die Gründe insoweit unzutreffend, als für anwaltliche Mahnschreiben generell eine anfallen solle. Ein Auftrag, gerichtet auf die bloße Erstellung eines anwaltlichen Mahnschreibens genügt nicht, um eine Geschäftsgebühr gemäß 2300 VV RVG auszulösen5. Die Geschäftsgebühr verursacht gesonderte, im Übrigen nicht anrechenbare Kosten6. Da diese nicht zu einer Kostenmehrung führen dürfen, ist derartiger Mehraufwand nicht zu erstatten2.

Amtsgericht Mannheim, Urteil vom 3. September 2014 – 10 C 241/14

  1. Palandt BGB 73. Aufl. § 286 Rn. 46; BeckOK BGB § 286 Rn. 74; Münchener Kommentar BGB 6. Auflage § 186 Rn. 157; Staudinger BGB 2014 § 286 Rn. 236[]
  2. OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 2692[][]
  3. Palandt a.a.O. Rn. 45aE[]
  4. LG Wiesbaden, Urteil vom 27.06.2013 – 8 S 16/13[]
  5. OLG Nürnberg NJW 2011, 621[]
  6. OLG Nürnberg a.a.O.; BGH NJW 2006, 2560[]
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