Der Umstand, dass eine Eigentumswohnung zunächst schenkweise (hier: an einen Angehörigen) übereignet worden war, hindert die Entstehung eines Vorkaufsrechts nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht.

Bei dem späteren Verkauf der Wohnung durch die Beschenkte handelt es sich um einen das Vorkaufsrecht auslösenden1 Erstverkauf. Denn der davor vollzogene Eigentumsübergang auf die Beschenkte war nicht aufgrund eines Verkaufsgeschäfts, sondern aufgrund einer von § 577 BGB nicht erfassten unentgeltlichen Übertragung erfolgt.
Die Annahme, ein Vorkaufsrecht des Mieters gemäß § 577 BGB sei auch dann ausgeschlossen, wenn dem Verkauf an einen Dritten – wie hier – eine schenkweise Übertragung an Familienangehörige vorausgegangen sei, findet im Gesetz keine Stütze. Ein Vorkaufsrecht entsteht nach der Regelung des § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB nur, wenn der Vorkaufsverpflichtete eine ihrem inhaltlichen Gehalt nach als Kaufvertrag zu beurteilende Vereinbarung abgeschlossen hat. Hiervon macht § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB eine Einschränkung bei einem Verkauf an Familien- und Haushaltsangehörige des Vermieters, weil der Gesetzgeber in diesen Fällen dem Interesse des Vermieters, die Wohnung an eine bestimmte Person zu verkaufen, höheres Gewicht beigemessen hat2. Dass ein Ausschluss des Vorkaufsrechts auch in den Fällen gegeben sein sollte, in denen der Vermieter die Wohnung dem Familienangehörigen schenkweise überlassen hat, ist weder dem Wortlaut noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Eine analoge Anwendung der als solche eng auszulegenden Ausnahmeregelung des § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt schon mangels Bestehens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht.
Schenkungen des Vermieters an Familien- oder Haushaltsangehörige lösen danach einerseits schon kein Vorkaufsrecht des Mieters aus, weil es sich hierbei nicht um ein nach § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB vorausgesetztes Kaufgeschäft handelt. Andererseits führen sie, wenn der mit einer Schenkung bedachte Familienangehörige die Wohnung später an einen Dritten verkauft, anders als die in § 471 BGB genannten Verkäufe im Wege der Zwangsvollstreckung/aus der Insolvenzmasse und die in § 577 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten Verkäufe an Familienangehörige3, nicht dazu, dass es sich bei einem späteren Verkauf an einen Dritten um einen das Entstehen eines Vorkaufsrechts hindernden Zweitverkauf handelt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Januar 2015 – VIII ZR 51/14
- vgl. BGH, Urteil vom 22.06.2007 – V ZR 269/06, NJW 2007, 2699 Rn. 8; vgl. auch BGH, Urteile vom 14.04.1999 – VIII ZR 384/97, BGHZ 141, 194, 197 ff. [zu § 2b Abs. 1 WoBindG]; vom 29.03.2006 – VIII ZR 250/05, BGHZ 167, 58, 61 ff. [zu § 570b BGB aF][↩]
- BT-Drs. 12/3013, S. 18[↩]
- vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22.06.2007 – V ZR 269/06, aaO[↩]