Der Hundebiss im Sabbatjahr – und der Schadensersatz für die dienstunfähige Beamtin

Die Beeinträchtigung der Dienstfähigkeit einer Beamtin führt erst dann zu einem Vermögensschaden, wenn diese sich konkret auswirke. Das ist bei einem Hundebiss während des Sabbatjahres nicht der Fall.

Der Hundebiss im Sabbatjahr – und der Schadensersatz für die dienstunfähige Beamtin

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Stuttgart in dem hier vorliegenden Fall dem Land Baden-Württemberg als Dienstherrn keinen Schadensersatz zugesprochen und gleichzeitig ein anderslautendes Urteil des Landgerichts Rottweil1 abgeändert. Die Beamtin war während ihres Sabbatjahres am 12. Februar 2015 im Landkreis Tuttlingen vom Hund des beklagten Hundehalters unvermittelt von hinten in die Kniekehle gebissen worden. Sie erlitt neben starken Schmerzen und Krämpfen u.a. eine tiefe Venenthrombose, die zur Aufhebung ihrer Dienstfähigkeit in einem Zeitraum von 2 Monaten führte. Während dieser Zeit wurden – wie im gesamten Sabbatjahr – ihre Dienstbezüge weiterbezahlt. Nach § 81 Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg (LBG BW) geht ein möglicher Schadensersatzanspruch des verletzten Beamten auf den Dienstherrn über, soweit dieser während der auf der Körperverletzung beruhenden Aufhebung der Dienstfähigkeit zur Gewährung der Leistung verpflichtet ist. Das Land und der Hundehalter streiten darüber, ob dies auch während des sog. Sabbatjahres einer Beamtin gilt, was erstinstanzlich bejaht wurde. Vom Landgericht Rottweil war dem Land Baden-Württemberg als Dienstherrn der verletzten Beamtin über 7.000,00 Euro zugesprochen worden1. Dagegen hat sich der Hundehalter mit der Berufung gewehrt.

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In seiner Entscheidung hat das Oberlandesgericht Stuttgart ausgeführt, dass der Beamtin zum Einen schon kein eigener ersatzfähiger Erwerbsschaden entstanden sei, zum Anderen der Hundebiss nicht kausal für die Erbringung der Dienstbezüge sei, was aber Voraussetzung eines Anspruchübergangs gemäß § 81 LBG BW auf den Dienstherrn sei.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart führe eine Beeinträchtigung der Dienstfähigkeit erst dann zu einem Vermögensschaden, wenn diese sich konkret auswirke, da die Beamtin ihre Arbeitskraft verletzungsbedingt tatsächlich nicht verwerten könne. Dies sei aber in der Freistellungsphase einer nach § 69 Abs. 5 LBG BW bewilligten Teilzeitbeschäftigung (sog. Sabbatjahr) nicht der Fall. Vielmehr habe die Beamtin im Freistellungsjahr keine Dienstleistungspflicht, da sie in den Jahren zuvor durch Mehrarbeit ein Arbeitszeitguthaben für das Sabbatjahr erwirtschaftet habe. Dabei führten Ausfallzeiten infolge kurzer Dienstunfähigkeiten – anders als bei Zusammentreffen von Urlaubs- und Krankheitszeiten – weder zu einer Verkürzung noch zu einer Verlängerung des Sabbatjahres. Das Berufungsgericht lässt es dabei offen, ob die verletzte Beamtin selbst möglicherweise einen Schadensersatzanspruch wegen der Beeinträchtigung ihrer Freizeit und dem eingeschränkten Genuss des Sabbatjahres habe.

Zudem fehle es an der nach dem Wortlaut des § 81 LBG BW erforderlichen Ursächlichkeit zwischen dem Hundebiss als Schadensereignis und der Leistungspflicht des Landes. Die Dienstbezüge wurden gerade nicht aufgrund der Dienstunfähigkeit der Beamtin, sondern aufgrund der vorgeleisteten Tätigkeit der Beamtin und dem Bestand ihres Arbeitszeitkontos während der Freistellungsphase bezahlt.

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Aus diesen Gründen wurde auf die Berufung des Hundehalters seine Verurteilung zur Erstattung der vom Land während der Dienstunfähigkeit an die Beamtin bezahlten Dienstbezüge aufgehoben.

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 21. Juni 2018 – 13 U 55/17

  1. LG Rottweil, Urteil vom 08.03.2017 – 6 O 29/16[][]