Auf der Grundlage des Insolvenzplans darf der Insolvenzverwalter nur einen bei Auf-hebung des Verfahrens bereits rechtshängigen Anfechtungsprozess fortsetzen.

Ansonsten ist die Klage unzulässig: Wäre sie als allgemeine Leistungsklage anzusehen, fehlte dem Insolvenzverwalter mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens die aus § 80 Abs. 1 InsO herrührende Klagebefugnis. Ist die Klage als Anfechtungsklage anzusehen, ist der Insolvenzverwalter auch nicht gemäß § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO prozessführungsbefugt, weil die vorliegende Klage erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhoben wurde.
Die zuletzt genannte Vorschrift verleiht dem Insolvenzverwalter nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Befugnis, einen anhängigen Anfechtungsrechtsstreit fortzuführen, wenn dies im gestaltenden Teil des Planes vorgesehen ist. Zwar kann die Insolvenzanfechtung als spezifisches Instrument des Insolvenzverfahrens grundsätzlich nur während der Dauer des Verfahrens von dem Insolvenzverwalter kraft seines Amtes ausgeübt werden. In Durchbrechung dieses Grundsatzes wird ausnahmsweise durch § 259 Abs. 3 InsO aufgrund einer Entscheidung der Gläubiger in dem Plan die Prozessführungsbefugnis des Verwalters für schwebende Verfahren über die Dauer des Insolvenzverfahrens hinaus aufrechterhalten. Ist das Insolvenzverfahren aufgehoben worden, schließt das Gesetz eine Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters für neue, erst anhängig zu machende Anfechtungsklagen schlechthin aus1.
Im vorliegend vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall wurde das Insolvenzverfahren zwischen Eingang der Klage beim Gericht und der Zustellung an den Beklagten aufgehoben. Damit konnte durch die spätere Zustellung die gemäß § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO für den Zeitpunkt der Aufhebung verlangte Rechtshängigkeit nicht begründet werden.
Der Verwalter kann nach dem Wortlaut der Regelung einen „anhängigen Rechtsstreit“, der eine Insolvenzanfechtung zum Gegenstand hat, auf der Grundlage des Insolvenzplans auch nach Aufhebung des Verfahrens fortsetzen. Bereits zur Auslegung des § 240 ZPO hat der Bundesgerichtshof erkannt, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei eine Unterbrechung nur stattfindet, wenn ein durch Klagezustellung bewirktes rechtshängiges Verfahren vorliegt2. Sowohl im Rahmen des § 240 ZPO als auch den darauf bezogenen konkurs- bzw. insolvenzrechtlichen Vorschriften wird Rechtshängigkeit vorausgesetzt3.
Auf diesem Verständnis beruht auch die hier maßgebliche Regelung des § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO. Ein „anhängiger Rechtsstreit“ im Sinne dieser Vorschrift scheidet aus, wenn – wie im Streitfall – zum Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung lediglich eine Anfechtungsklage eingereicht, aber noch nicht zugestellt ist. Durch die Verbindung des Tatbestandsmerkmals „anhängig“ mit dem Begriff „Rechtsstreit“ wird unmissverständlich verdeutlicht, dass eine Fortführung nur für eine im Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung bereits zugestellte Anfechtungsklage in Betracht kommt4. Dieses Verständnis liegt auch den §§ 85, 86 InsO zugrunde, die „anhängig“ im Sinne von „rechtshängig“ begreifen. In Übereinstimmung hiermit ist auch der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass der Insolvenzverwalter spätestens im Zeitraum zwischen der Abstimmung über den Insolvenzplan und der Verfahrensaufhebung Anfechtungsklage zu erheben hat und nur einen bereits rechtshängigen Anfechtungsrechtsstreit fortsetzen kann5.
Die Aufhebung unterliegt, wenn die Entscheidung von einem Richter getroffen wurde, gemäß § 6 Abs. 1 InsO nicht der Beschwerde6. Ergeht die Entscheidung – wie im Streitfall – durch einen Rechtspfleger, ist zwar nach § 11 Abs. 2 Satz 1 RpflG die befristete Erinnerung eröffnet7. Gleichwohl ist ebenso wie bei einer Entscheidung durch den Richter auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Aufhebung abzustellen, weil der Erinnerung, wie der Beschwerde gemäß § 570 Abs. 1 ZPO, keine aufschiebende Wirkung zukommt8. Bei dieser Sachlage ist die Regelung des § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO vorliegend nicht einschlägig, weil die Anfechtungsklage der Beklagten erst nach Verfahrensaufhebung zugestellt wurde. § 167 ZPO ist insofern nicht einschlägig.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. April 2013 – IX ZR 122/12
- BGH, Urteil vom 10.12.2009 – IX ZR 206/08, WM 2010, 136 Rn. 10[↩]
- BGH, Beschluss vom 11.12.2008 – IX ZB 232/08, WM 2009, 332 Rn. 9[↩]
- BGH, aaO[↩]
- zutreffend Wollweber/Hennig, ZInsO 2013, 49, 50 ff[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2009, aaO[↩]
- MünchKomm-InsO/Huber, 2. Aufl., § 258 Rn.19; HK-InsO/Flessner, 6. Aufl., § 258 Rn. 9; Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl., § 258 Rn. 2; HmbKomm-InsO/Thies, 4. Aufl., § 258 Rn.20[↩]
- MünchKomm-InsO/Huber, aaO Rn.20; Uhlenbruck/Lüer, aaO; HK-InsO/Flessner, aaO; HmbKomm-InsO/Thies, aaO[↩]
- BGH, Urteil vom 13.01.1975 – VII ZR 220/73, NJW 1975, 692; MünchKomm-InsO/Ganter, aaO § 6 Rn. 51; im Ergebnis ebenso MünchKomm-Inso/Huber, aaO[↩]