Der Mahnbescheid und die Kosten

Wenn ein Unternehmen eine Forderung mithilfe eines Mahnbescheides geltend macht und nach Widerspruchseinlegung die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklären, können die Kosten des Rechtsstreits nicht immer der Klägerin auferlegt werden. Ist der Verfahrensausgang bei summarischer Prüfung offen, kann das zur Aufhebung der angefochtenen Kostenentscheidungen und zur Aufhebung der Kosten des Rechtsstreits gegeneinander führen.

Der Mahnbescheid und die Kosten

So hat der Bundesgerichtshof in dem hier vorliegenden Fall einer Rechtsbeschwerde entschieden und die Entscheidung der Vorinstanz, der Klägerin die Kosten aufzuerlegen, aufgehoben.

Ein Unternehmen aus dem Bereich der Werbe- und Medientechnik hatte Klage eingereicht, um von der Beklagten die Vergütung für die Schaltung einer Werbeanzeige im Internet zu erhalten. Die Klägerin hat einen Mahnbescheid über 1.231,65 Euro zuzüglich Zinsen und Nebenkosten erwirkt, gegen den die Beklagte Widerspruch eingelegt hat. Im Anschluss haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Nach §91a ZPO hat das Amtsgericht die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Nachdem die sofortige Beschwerde der Klägerin ohne Erfolg geblieben ist, hat sie ihr Ziel mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde weiterverfolgt.

Allgemein möchte ein Unternehmen, dass offene Forderungen beizutreiben versucht, nicht noch weitere Kosten verursachen. Allerdings ist das gerichtliche Mahnverfahren nicht kostenlos. Bereits mit der Antragstellung entstehen Gerichtskosten für den Mahnbescheid. Nimmt der Antragsteller später den Antrag zurück, bleiben diese Kosten bestehen. Wer sich als Privatperson oder auch als Geschäftsmann nicht in der Lage sieht, einen Mahnbescheid zu beantragen, dem stehen diverse Möglichkeiten offen: Einerseits ist der Gang zum Rechtsanwalt eine Lösung, aber auch der Blick ins Internet. Hier bieten einige auf Forderungsbeitreibung spezialisierte Portale ihre Hilfe an. So ist es durchaus möglich, einen Mahnbescheid online beantragen zu lassen. Kommt es dann zu einer Erledigungserklärung, sollen die Kosten natürlich so gering wie möglich gehalten werden.

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In dem hier vorliegenden Fall wäre die Klägerin nach Auffassung des Beschwerdegerichts1 ohne die übereinstimmende Erledigungserklärung in der Hauptsache voraussichtlich mit ihrer Klage unterlegen gewesen. Die Klägerin habe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung der vor Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache geltend gemachten Vergütung. Ein solcher ergebe sich insbesondere nicht aus § 631 Abs. 1 BGB. Der zwischen den Parteien geschlossene Werbevertrag sei rechtlich als Werkvertrag einzuordnen. Der geschlossene Vertrag enthalte indes keine Regelungen, die Rückschlüsse auf den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige und damit auf deren Werbewirksamkeit zuließen. Wie bei jedem Vertrag müsse auch im zu beurteilenden Fall die geschuldete Leistung hinlänglich bestimmt sein, um den Willen zu einer vertraglichen Bindung annehmen zu können. An einer solchen hinreichenden Bestimmtheit der von dem Unternehmer geschuldeten Leistung fehle es aber, wenn der Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige bei potentiellen Kunden und damit die Werbewirksamkeit, auf die es nach dem Vertragszweck entscheidend ankomme, gänzlich ungeregelt bleibe. Ein solcher Werbevertrag sei für den Besteller faktisch wertlos, so dass auch nicht davon ausgegangen werden könne, dass er unter diesen Umständen eine vertragliche Bindung eingehen und sich zur Zahlung einer Vergütung verpflichten wolle. Der Vertragsinhalt sei bei Werbeverträgen nur dann hinreichend bestimmt, wenn die Vertragserklärungen Angaben zur Auflage und Verbreitung des Werbeträgers enthielten. Ferner müsse vertraglich vereinbart werden, an welchen Stellen die Werbung verteilt werden solle, weil anderenfalls vom Gericht nicht festgestellt werden könne, ob der geschuldete Werbeeffekt tatsächlich erzielt werden könne beziehungsweise tatsächlich eingetreten sei. Auch im vorliegenden Fall wäre es möglich gewesen, Kriterien vertraglich zu regeln, die den Umfang der Bekanntmachung der Werbeanzeige an potentielle Kunden bestimmten. So könnten etwa Angaben dazu, wie viele Besuche (sog. „clicks“) auf der von der Klägerin unterhaltenen Internetseite in einem bestimmten Zeitraum mindestens stattfinden, Auskunft über die Auffindbarkeit und die Attraktivität der Seite für interessierte Internetnutzer geben. Keiner dieser Punkte sei im Vertrag geregelt. Auch andere Kriterien, nach denen die Werbewirksamkeit bestimmt werden könnte, fehlten. Der Vertragsinhalt könne insoweit auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden.

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Dieser Auffassung ist der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung nicht gefolgt: Zwar sei die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO mit Bindungswirkung für den Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft2 und auch zulässig, sie hätte allerdings nicht zugelassen werden dürfen. Die Rechtssache hat, anders als das Beschwerdegericht meint, weder grundsätzliche Bedeutung noch ist sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen, weil die Frage, ob es sich bei einer Eintragung in einem elektronischen Branchenverzeichnis um einen Werkvertrag oder um einen Dienstvertrag mit werkvertraglichen Elementen handele, für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung sei. Auch die Folgefrage, ob die Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Wirksamkeit von Werbeverträgen im Bereich der Printmedien auf Anzeigenschaltungen im Internet entsprechend übertragbar sei, habe grundsätzliche Bedeutung.

Es ist nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht3. Grundlage der Entscheidung ist lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären4. Deshalb sieht sich der Bundesgerichtshof nicht veranlasst, die aufgeworfenen Rechtsfragen zu entscheiden. Bei summarischer Prüfung ist der Verfahrensausgang offen. Mangels anderer Verteilungskriterien sind die Kosten daher gegeneinander aufzuheben.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. Februar 2018 – VII ZB 28/17

  1. LG Bad Kreuznach, Beschluss vom 01.03.2017 – 1 T 169/16[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 03.03.2004 – IV ZB 21/03, NJW-RR2004, 999[]
  3. vgl. BGH, Beschluss vom 07.10.2008 – XI ZB 24/07; Urteil vom 21.12.2006 – IX ZR 66/05, NJW 2007, 1591 Rn. 22; Beschluss vom 17. 03.2004 – IV ZB 21/02, NJW-RR 2004,1219, 1220[]
  4. BGH, Beschluss vom 05.06.2014 – VII ZB 54/13 Rn.5; Beschluss vom 15.09.2009 – IX ZB 36/08, ZVI 2010, 22 Rn.3; Beschluss vom 28.10.2008 – VIII ZB 28/08[]