Der Mahnbescheid zur Verjährungshemmung

Ein Gläubiger, der im Mahnverfahren bewusst falsche Angaben macht, kann sich nicht auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids berufen. Dies gilt insbesondere für die (falsch) Angabe, dass der Mahnanspruch nicht von einer Gegenleistung abhänge.

Der Mahnbescheid zur Verjährungshemmung

In dem jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall erwarb der Kläger im Jahr 1992 Wohnungseigentum. Den Kaufpreis finanzierte er über Darlehen der beklagten Bank. Spätestens im Jahr 2005 erfuhr der Kläger von möglichen Ansprüchen gegen die Bank aus dem Gesichtspunkt einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung. Er stelle daraufhin am 30.12 2008 durch seinen vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids, mit dem er in der Hauptsache Zahlung von „großem“ Schadensersatz geltend machte. In dem Antrag auf Erlass des Mahnbescheids erklärte er, dass der Anspruch von einer Gegenleistung nicht abhänge, obwohl der für ihn handelnde Prozessbevollmächtigte wusste, dass die Beklagte „großen“ Schadensersatz nur Zug um Zug gegen Übertragung des Wohnungseigentums schuldete. Der antragsgemäß erlassene Mahnbescheid ist der Bank im Januar 2009 zugestellt worden. Nach Widerspruch der Bank und Abgabe an das Landgericht hat der Kläger seinen Anspruch unter dem 6.05.2010 begründet.

Die Klage auf Leistung von „großem“ Schadensersatz, der die Banke die Einrede der Verjährung entgegengehalten hat, blieb vor dem Landgericht Freiburg1 und dem Oberlandesgericht Karlsruhe2 ohne Erfolg. Und die vom Oberlandesgericht Karlsruhe im Berufungsurteil zugelassene Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof nun ebenfalls zurückgewiesen:

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Nach § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO findet das Mahnverfahren nicht statt, wenn die Geltendmachung des Anspruchs von einer noch nicht erbrachten Gegenleistung abhängt. Wer den Erlass eines Mahnbescheids beantragt, muss nach § 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO erklären, dass der Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhängt oder dass die Gegenleistung erbracht ist.

Gibt der Antragsteller im Mahnverfahren in Kenntnis der Rechtslage bewusst eine sachlich unrichtige Erklärung ab, weil er „großen“ Schadensersatz nur Zug um Zug gegen einen im Zusammenhang mit der Schädigung erlangten Vorteil – hier die Eigentumswohnung – verlangen kann, im Antrag aber behauptet, der Anspruch sei von einer Gegenleistung nicht abhängig, wird die Verjährung zwar nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt. Die Geltendmachung des „großen“ Schadensersatzes stellt in diesem Fall aber einen Missbrauch des Mahnverfahrens dar. Dieser Missbrauch verwehrt es dem Antragsteller nach § 242 BGB grundsätzlich, sich auf die Hemmung der Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids zu berufen.

Unter diesen Umständen ist es ihm im Regelfall auch versagt, sich wenigstens auf eine Hemmung der Verjährung in Höhe des „kleinen“ Schadensersatzes zu berufen. Deshalb musste sich auch der Kläger, nachdem die Verjährungsfrist ohne Zustellung des Mahnbescheids abgelaufen wäre, so behandeln lassen, als sei sein Anspruch verjährt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 23. Juni 2015 – XI ZR 536/14

  1. LG Freiburg, Urteil vom 05.10.2012 – 5 O 15/11[]
  2. OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.12 2014 – 13 U 203/12[]
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