Ist die Abrede in einem Mietvertrag über Wohnraum, der Mieter habe einen Betriebskostenvorschuss in bestimmter Höhe zu zahlen, gleichzeitig auch eine wirksame Vereinbarung über die Umlegung von Betriebskosten? Mit dieser Frage hat sich aktuell der Bundesgerichtshof befasst:

Nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Vermieter hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen (§ 535 Abs. 1 Satz 3 BGB). Dazu gehören auch die Betriebskosten. Das Gesetz geht mithin davon aus, dass der Vermieter die aus der Gebrauchsgewährung herrührenden Kosten in die Miete einkalkuliert und diese mit dem vereinbarten Mietentgelt abgegolten werden. Abweichungen hiervon bedürfen der Vereinbarung. Demgemäß sieht § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB nF vor, dass die Vertragsparteien regeln können, der Mieter solle Betriebskosten tragen.
Eine Vereinbarung dieses Inhalts muss dem Mietvertrag allerdings klar und eindeutig zu entnehmen sein. Es bedarf deshalb einer ausdrücklichen, inhaltlich bestimmten Regelung, aus der sich ergibt, dass der Mieter neben der Grundmiete ganz oder anteilig Betriebskosten zu tragen hat. Letztere müssen der Art nach konkretisiert werden. Nur dann ist es dem Mieter möglich, sich zumindest ein grobes Bild davon zu machen, welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen können [1].
Diese Voraussetzungen sind selbst bei einer formularmäßigen Vereinbarung in einem Wohnraummietvertrag erfüllt, wenn der Vertrag zur Umlegung der Betriebskosten eine Verweisung auf die Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung enthält, sofern es sich nicht um „sonstige Betriebskosten“ im Sinne von Nr. 17 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung handelt [2]. Denn der allgemeine Verweis auf die Anlage 3 gibt dem Mieter hinsichtlich der Nr. 116 hinreichende Klarheit darüber, mit welchen Nebenkosten er jedenfalls dem Grunde nach zu rechnen hat, weil diese dort im Einzelnen aufgeführt sind.
Im vorliegend vom Bundesgerichtsof entschiedenen Fall enthält der Mietvertrag weder eine Aufzählung der umzulegenden Betriebskosten noch eine Verweisung auf die – seinerzeit noch geltende – Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung. Genannt wird unter der Überschrift „Nebenkosten“ vielmehr nur das Wort „Betriebskostenvorschuss“; außerdem findet sich die Abrede, Nebenkosten für Betriebskosten würden in Form monatlicher Abschlagszahlungen erhoben.
Ob eine derart gestaltete Vereinbarung grundsätzlich als hinreichend bestimmte Regelung über die Übernahme von Betriebskosten im Sinne der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung durch den Mieter angesehen werden könnte, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Auch wenn die Verwendung des Begriffs „Betriebskosten“ hierfür teilweise als ausreichend angesehen wird [3], kann dies hier jedenfalls nicht gelten.
Wie sich aus den Bestimmungen des Mietvertrages ergibt, waren für Heizkosten keine Vorauszahlungen vorgesehen. Dass diese Position nicht in den im Mietvertrag genannten Betrag von 232,50 DM einbezogen worden ist, wird durch die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 bestätigt, in der insofern keine Kosten aufgeführt sind. Daraus folgt, dass die Vertragsparteien den Begriff der Betriebskosten nicht im Sinne der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung verstanden haben, in der Heizkosten unter Ziff. 4 genannt sind.
Welchen anderen Inhalt die Vertragsparteien dem Begriff beigelegt haben, lässt sich auch durch eine Auslegung des Mietvertrages nicht erkennen.
Die Vereinbarung einer Vorauszahlung deutet allerdings darauf hin, dass jedenfalls einzelne Betriebskosten umgelegt werden sollten. Insofern kann die Höhe der Vorauszahlungen ein Indiz für den Umfang der Betriebskostenumlegung sein [4]. Im vorliegenden Fall belaufen sich die Vorauszahlungen auf rund 40 % der Miete, obwohl Heizkosten, die in der Regel einen beträchtlichen Anteil der Betriebskosten ausmachen, gerade nicht in dem Betrag enthalten sind. Angesichts dieser Höhe der Vorauszahlungen kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass mit „Betriebskosten“ bzw. „Nebenkosten“ auch Positionen gemeint sein sollten, die in der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung nicht enthalten sind. Infolge der insofern bestehenden Unklarheit ist eine inhaltlich bestimmte Vereinbarung über die Umlage von Betriebskosten nicht zustande gekommen.
Diesem Ergebnis steht das BGH-Urteil vom 9. Dezember 20009 [5] nicht entgegen. In dem seinerzeit entschiedenen Fall waren die „Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung“ neben weiteren ausdrücklich genannten Mietnebenkosten in einer im Mietvertrag in Bezug genommenen Aufstellung aufgeführt. Zur Ausfüllung des Begriffes konnte auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Definitionen in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV und § 26 Abs. 1 II. Berechnungsverordnung zurückgegriffen werden, weshalb die erforderliche Bestimmtheit gegeben war. Ein solcher Rückgriff ist im vorliegenden Fall – wie ausgeführt – nicht möglich.
Das Auslegungsergebnis wird im Übrigen durch das Verhalten der Vertragsparteien nach Abschluss des Mietvertrages bestätigt. Im Rahmen des im Jahr 2000 geführten Rechtsstreits bestand Einvernehmen darüber, dass eine Umlegung von Betriebskosten nicht vereinbart worden ist. Das ergibt sich eindeutig aus dem von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Schreiben des damaligen Klägervertreters vom 17.07.2000. Eine entsprechende Abrede ist auch später nicht erfolgt. Vielmehr hat die Beklagte seitdem über 8 Jahre und insgesamt über 15 Jahre bis zur Erhebung der vorliegenden Klage Vorauszahlungen erbracht, ohne dass ihr gegenüber – außer für 1997/1998 und 2007 – abgerechnet worden ist.
Bei dieser Sachlage ist nicht nur davon auszugehen, dass eine Umlegung von Betriebskosten nicht vereinbart worden ist. Vielmehr ist durch schlüssiges Verhalten eine Änderung der Mietstruktur im Sinne einer Bruttomiete bzw. einer Teilinklusivmiete erfolgt [6]. Denn den Vertragsparteien war – jedenfalls seit dem Jahr 2000 – die fehlende Umlegungsvereinbarung bewusst. Gleichwohl hat die Beklagte weiterhin die „Vorauszahlungen“ geleistet, ohne dass die Betriebskosten abgerechnet wurden. Der Klägerin ist es auch deshalb verwehrt, die geforderte Nachzahlung zu verlangen, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob es sich bei dem Mietvertrag um einen Individual– oder um einen Formularvertrag handelt.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 2. Mai 2012 – XII ZR 88/10
- BGH, Urteil vom 06.04.2005 – XII ZR 158/01 – NZM 2005, 863 Rn. 28; SchmidtFutterer/Langenberg Mietrecht 10. Aufl. § 556 Rn. 35; Sternel Mietrecht aktuell 3. Aufl. V Rn. 124; Staudinger/Weitemeyer BGB [2011] § 556 Rn. 49; MünchKomm-BGB/Schmid 6. Aufl. § 556 Rn. 12; Eisenschmid/Wall BetriebskostenKommentar 3. Aufl. § 556 Rn. 1510[↩]
- BGH Urteile vom 08.04.2009 – VIII ZR 128/08, NJW 2009, 2058 Rn. 10; vom 27.06.2007 – VIII ZR 202/06, NJW 2007, 3060 Rn.19 und vom 07.04.2004 – VIII ZR 167/03, NJW-RR 2004, 575 unter II 1 b bb[↩]
- so MünchKomm-BGB/Schmid 6. Aufl. § 556 Rn. 18; a.A. SchmidtFutterer/Langenberg aaO § 556 Rn. 36; Eisenschmid/Wall aaO § 556 Rn. 1519 ff.; Staudinger/Weitemeyer aaO § 556 Rn. 50; für einen gewerblichen Mietvertrag: OLG Düsseldorf ZMR 2003, 109, 111[↩]
- MünchKomm-BGB/Schmid aaO §556 Rn. 13[↩]
- BGH, Urteil vom 09.12.2009, BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671[↩]
- vgl. hierzu Schmitt-Futterer/Langenberg aaO § 556 Rn. 56[↩]