Der Nebenintervenient – und die Kostenerstattung aus einem selbständigen Beweisverfahren

Die Kosten eines Nebenintervenienten aus einem selbständigen Beweisverfahren können auch dann von der kostenpflichtigen Partei des anschließenden Klagverfahrens zu erstatten sein, wenn nur einer der Antragsteller des Beweisverfahrens Partei des Klagverfahrens wird, die Parteirollen der Beteiligten – Angreifer oder Verteidiger – im Klagverfahren und Beweisverfahren verschieden sind und der Streitgegenstand beider Verfahren nur teilweise identisch ist (hier : Verwendung der Erkenntnisse aus dem Beweisverfahren für eine Hilfsaufrechnung gegen die Klagforderung)

Der Nebenintervenient – und die Kostenerstattung aus einem selbständigen Beweisverfahren

In dem vorliegenden Verfahren hat die Klägerin den Beklagten auf Bezahlung von Werklohn für die Sanierung eines Dachstuhls in Anspruch genommen. Parallel hierzu haben der Beklagte und seine Ehefrau als Antragsteller gegen die Klägerin als Antragsgegnerin ein selbständiges Beweisverfahren betrieben, mit dem Mängel der Arbeiten der Klägerin und die Höhe etwaiger Mängelbeseitigungskosten festgestellt werden sollten. An beiden Verfahren war die Beschwerdegegnerin als Nebenintervenientin auf Seiten des Beklagten bzw. der Antragsteller des Beweisverfahrens beteiligt.

Der Beklagte hat sich gegen die Werklohnklage u.a. damit verteidigt, dass er mit den Kosten der Mängelbeseitigung hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass der Klägerin die Werklohnforderung unabhängig von etwaigen Gegenansprüchen des Beklagten nicht zustehe. Dabei hat es sich auch auf das im Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten bezogen. Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention hat es der Klägerin auferlegt.

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Die Nebenintervenientin hat u.a. die Festsetzung der ihr im selbständigen Beweisverfahren entstandenen Anwaltskosten beantragt. Diesem Antrag hat das Landgericht Hamburg entsprochen1. Das Hanseatische Oberlandesgerichts Hamburg wies die hiergegen gerichtete Beschwerde als unbegründet zurück.

Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens gehören zu den Kosten des Klagverfahrens, wenn die Parteien und der Streitgegenstand des Beweisverfahrens identisch sind2. Es ist unschädlich, wenn nur Teile des Streitgegenstandes des selbständigen Beweisverfahrens auch Gegenstand des Klagverfahrens werden. Nach diesen Maßstäben ist hier von einer hinreichenden Identität der Parteien auszugehen, auch wenn nur einer der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens anschließend Beklagter des Klagverfahrens geworden ist. Auch der Wechsel der Parteirollen steht einer Einbeziehung der Kosten des Beweisverfahrens in die Kostenerstattung nicht entgegen. Schließlich besteht eine hinreichende Teilidentität bezüglich des Streitgegenstandes, indem sich der Beklagte mit den Erkenntnissen aus dem Beweisverfahren im Wege der Hilfsaufrechnung gegen die Klagforderung zur Wehr gesetzt hat. Für den Fall, dass sich ein von der beklagten Partei beantragtes selbständiges Beweisverfahren auf eine im anschließenden Klagverfahren erhobenen Widerklage der beklagten Partei bezieht, hat der Senat dies in dem oben genannten Beschluss bereits entschieden. Die vorliegende Fallkonstellation der Hilfsaufrechnung ist nicht anders zu beurteilen.

Darüber hinaus ist das im selbständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten auch vom Landgericht zur Begründung seines Urteils herangezogen worden, wobei dies für die Kostenerstattung nicht einmal erforderlich gewesen wäre3.

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Auch ist der Beklagte durch diese Entscheidung nicht daran gehindert, seinerseits noch Klage gegen die Klägerin wegen der Mängelbeseitigungskosten zu erheben. Auch steht es den Parteien frei, welche Regelungen sie in einem etwaigen späteren Vergleich über die Kosten der Nebenintervenientin aus dem selbständigen Beweisverfahren treffen wollen4. Auch ist es unschädlich, wenn von mehreren Antragsgegnern nur einer anschließend verklagt wird5. Schließlich ist es nicht erforderlich, dass die Parteirollen – Angreifer oder Angegriffener – im selbständigen Beweisverfahren und im Klagverfahren identisch sind. Erstattungsfähig können auch Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens sein, das sich auf Tatsachen bezieht, die im Klagverfahren der Rechtsverteidigung dienen6. Mit dem Begriff des Streitgegenstandes ist hier nicht der Streitgegenstand im technisch-zivilprozesssualen Sinne gemeint – dies wäre in der Tat nur der Werklohnanspruch der Klägerin7 -.

Nach diesen Maßstäben ist hier von einer hinreichenden Identität der Parteien auszugehen, auch wenn nur einer der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens anschließend Beklagter des Klagverfahrens geworden ist. Auch der Wechsel der Parteirollen steht einer Einbeziehung der Kosten des Beweisverfahrens in die Kostenerstattung nicht entgegen. Schließlich besteht eine hinreichende Teilidentität bezüglich des Streitgegenstandes, indem sich der Beklagte mit den Erkenntnissen aus dem Beweisverfahren im Wege der Hilfsaufrechnung gegen die Klagforderung zur Wehr gesetzt hat. Für den Fall, dass sich ein von der beklagten Partei beantragtes selbständiges Beweisverfahren auf eine im anschließenden Klagverfahren erhobenen Widerklage der beklagten Partei bezieht, hat das Oberlandesgericht dies in dem oben genannten Beschluss bereits entschieden. Die vorliegende Fallkonstellation der Hilfsaufrechnung ist nicht anders zu beurteilen.

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Darüber hinaus ist das im selbständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten auch vom Landgericht zur Begründung seines Urteils herangezogen worden, wobei dies für die Kostenerstattung nicht einmal erforderlich gewesen wäre8.

Auch ist der Beklagte durch diese Entscheidung nicht daran gehindert, seinerseits noch Klage gegen die Klägerin wegen der Mängelbeseitigungskosten zu erheben. Auch steht es den Parteien frei, welche Regelungen sie in einem etwaigen späteren Vergleich über die Kosten der Nebenintervenientin aus dem selbständigen Beweisverfahren treffen wollen.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 4. März 2014 – 8 W 12/14

  1. LG Hamburg, Beschluss vom 17.01.2014 – 313 O 144/11[]
  2. BGH, Beschluss vom 09.02.2006 – VII ZB 59/05, Rn.11 m.w.N. ; Beschluss vom 08.10.2013 – VIII ZB 61/12, Rn.9 m.w.N.[]
  3. BGH MDR 2003, 1130; Zöller-Herget a.a.O. []
  4. BGH vom 09.02.2006 a.a.O. Rn.12[]
  5. BGH NJW-RR 2004, 1651[]
  6. OLG Hamburg, Beschluss vom 26.11.2013 – 8 W 106/13; Zöller-Herget, ZPO; 30.Aufl., § 91 Rn.13 „Selbständiges Beweisverfahren“; OLG Nürnberg JurBüro 96, 35; OLG Köln, Beschluss vom 09.06.1999 – 17 W 241/98, Rn.4; vgl. auch im Zusammenhang mit einem Kostenantrag nach § 494a Abs.2 ZPO: BGH , Beschluss vom 25.08.2005 – VII ZB 35/04, Rn.9[]
  7. s. auch OLG Nürnberg a.a.O.[]
  8. BGH MDR 2003, 1130; Zöller-Herget a.a.O.[]