Die Feststellungswirkung nach § 106 Abs. 2 SachenRBerG erfasst auch die in dem notariellen Vermittlungsvorschlag enthaltenen und durch das Gericht festgestellten dinglichen Erklärungen.

Die Eintragung des bewilligten Erbbaurechts in das Grundbuch des Erbbaugrundstücks und die Anlegung des Erbbaugrundbuchs setzen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ErbbauRG, § 873 BGB die dingliche Einigung der Beteiligten zu 1 mit den Beteiligten zu 2 und 3 über die Bestellung des Erbbaurechts und deren Nachweis in der in §§ 20, 29 GBO vorgeschriebenen Form voraus. Entsprechendes gilt für die Einigung über die Bestellung der Erbbauzinsreallast und das Erlöschen des Nutzungsrechts. Die erforderliche dingliche Einigung kann sich in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nur aus der Feststellung in dem Versäumnisurteil des Landgerichts nach § 106 Abs. 2 SachenRBerG in Verbindung mit dem notariellen Vermittlungsvorschlag ergeben. In einem notariellen Vermittlungsvorschlag enthaltene dingliche Erklärungen können nur dann wie eine dingliche Einigung wirken, wenn sie an der Feststellungswirkung nach § 106 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG teilnehmen.
Allerdings umfasst die Feststellungswirkung nach § 106 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG nicht nur die in dem notariellen Vermittlungsvorschlag vorgesehenen schuldrechtlichen Erklärungen. Vielmehr nehmen auch dingliche Erklärungen in dem Vermittlungsvorschlag an den Wirkungen der gerichtlichen Feststellung teil, die deshalb nach § 106 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG nach Eintritt der Rechtskraft für die Parteien wie eine vertragsmäßige dingliche Einigung verbindlich ist.
Die Frage ist allerdings umstritten. Nach einer auch von dem Beschwerdegericht vertretenen Ansicht bezieht sich die Regelung in § 106 Abs. 2 SachenRBerG nur auf die schuldrechtlichen Erklärungen in dem Vermittlungsvorschlag1. Nach der Gegenansicht erfasst die Vorschrift auch die dinglichen Erklärungen in dem Vermittlungsvorschlag2.
Die zweite Meinung trifft zu.
Der Wortlaut der Vorschrift lässt ein solches Verständnis zu. Dem Beschwerdegericht ist zwar einzuräumen, dass die in § 106 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG verwendete Formulierung „Rechte und Pflichten“ im Allgemeinen eher schuldrechtliche Erklärungen ansprechen und im Sinne von „Ansprüchen und Verpflichtungen“ zu verstehen sein wird. Für seine Ansicht lässt sich auch die Entwurfsbegründung anführen, in der bei der Erläuterung der Vorschrift von „wechselseitigen Ansprüchen und Verpflichtungen“ die Rede ist3. Mit der Formulierung „Rechte und Pflichten“ meint § 106 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG indessen nichts anderes als Absatz 1 dieser Vorschrift. Danach kann das Gericht bei seiner Entscheidung über eine Klage nach § 104 SachenRBerG im Urteil auch von dem Klageantrag abweichende „Rechte und Pflichten“ der Parteien feststellen. In dem Klageantrag hat sich der Kläger wiederum nach § 105 SachenRBerG auf den notariellen Vermittlungsvorschlag zu beziehen und darzulegen, ob und in welchen Punkten er eine hiervon abweichende Feststellung begehrt. Mit „Rechte und Pflichten“ meint § 106 SachenRBerG damit alle Erklärungen, die Gegenstand eines notariellen Vermittlungsvorschlags sein können. Das sind nach § 98 Abs. 1 Halbsatz 2 SachenRBerG bei einem entsprechenden Antrag eines Beteiligten auch die zum Vollzug eines Kauf- oder Erbbaurechtsbestellungsvertrags nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz erforderlichen Erklärungen, also auch die dingliche Einigung nach §§ 873, 925 BGB, § 11 ErbbauRG und die Einigung über die Begründung der Erbbauzinsreallast und das Erlöschen des Nutzungsrechts.
Dass auch solche dinglichen Erklärungen an der Feststellungswirkung teilnehmen, entspricht dem Konzept der Vorschrift und ihrem legislativen Vorbild.
Die in § 32 (und § 61) SachenRBerG bestimmten Bereinigungsansprüche sowohl des Nutzers als auch des Grundstückseigentümers auf Annahme eines Angebots zur Bestellung eines Erbbaurechts (oder für einen Grundstückskaufvertrag) können nicht mit einer Leistungsklage auf Abgabe der erforderlichen Vertragserklärung, sondern nur mit der Feststellungsklage nach § 104 SachenRBerG durchgesetzt werden4. Dieses Klageverfahren ist dem heute in §§ 363 bis 372 FamFG geregelten Verfahren zur Erbauseinandersetzung nachgebildet5. Das Prozessgericht sollte nicht gezwungen sein, den oft nicht einfach festzustellenden Inhalt des Kauf- oder – hier – Erbbaurechtsbestellungsvertrags selbst zu erarbeiten, sondern auf einem im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch den fachkundigen Notar vorbereiteten notariellen Vermittlungsvorschlag aufbauen können und sich nur noch mit den umstrittenen Punkten befassen müssen6. Die Einigung der Parteien wird bei diesem Modell nach § 106 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG, der sich insoweit an den heutigen § 371 Abs. 1 FamFG anlehnt, durch die gerichtliche Feststellung ersetzt. Ähnlich wie der Auseinandersetzungsplan nach dem heutigen § 368 Abs. 1 Satz 1 FamFG7 kann der notarielle Vermittlungsvorschlag, wie bereits angesprochen, nach § 98 Abs. 1 Halbsatz 2 SachenRBerG auch die zur Erfüllung der vorgesehenen Verpflichtungen erforderlichen dinglichen Erklärungen enthalten.
Die Aufnahme der dinglichen Erklärungen, die zur Erfüllung der in dem Vermittlungsvorschlag vorzusehenden schuldrechtlichen Verpflichtungen erforderlich sind, steht nicht im Belieben des Notars. Er hat sie nach § 98 Abs. 1 Halbsatz 2 SachenRBerG in den Vorschlag aufzunehmen, wenn ein Beteiligter das beantragt hat. Das Gericht soll nämlich auch schon einen ausgearbeiteten Entwurf für die dinglichen Erklärungen in dem Vermittlungsvorschlag vorfinden8. Zweckmäßig ist eine entsprechende Ausgestaltung des Vermittlungsvorschlags nur, wenn mit diesem Vermittlungsvorschlag auch die dinglichen Erklärungen Gegenstand des Feststellungsklageverfahrens werden, wenn sie von dem Gericht geändert werden können und wenn sie an der Feststellungswirkung nach § 106 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG teilnehmen. Jedenfalls wäre anders nicht zu erklären, weshalb die dinglichen Erklärungen überhaupt in den Vermittlungsvorschlag aufzunehmen sind. Ohne eine Teilnahme an der Feststellungswirkung des § 106 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG wäre ihre Aufnahme in den Vermittlungsvorschlag wirkungslos. Das Gericht müsste den Vermittlungsvorschlag sogar in diesem Punkt stets nach § 106 Abs. 1 Satz 1 SachenRBerG ändern, um eine Irreführung der Parteien zu vermeiden. Das ist ersichtlich nicht gewollt. Die dinglichen Erklärungen sollen in den Vorschlag aufgenommen werden, damit sie an der Feststellungswirkung teilnehmen und zwischen den Parteien wie eine dingliche Einigung wirken.
Entgegen der Ansicht des Kammergerichts9 ergibt sich aus der Regelung in § 106 Abs. 3 SachenRBerG nichts anderes. Danach kann das Gericht auf Antrag den Notar und eine andere geeignete Person im Namen der Parteien beauftragen, die zur Erfüllung notwendigen Rechtshandlungen vorzunehmen, sobald die hierfür erforderlichen Voraussetzungen eingetreten sind. Der Gesetzgeber hat, das ist dem Berufungsgericht zuzugeben, ausweislich der Begründung bei dieser Regelung allerdings in erster Linie an die Beauftragung des Notars gedacht, die Auflassung zur Erfüllung eines Grundstückskaufvertrags nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz vorzunehmen, wenn die Fälligkeitsvoraussetzungen eingetreten sind10. Das freilich wäre nicht nötig, wenn ein Beteiligter die Aufnahme der dinglichen Einigung nach § 873 BGB, § 11 ErbbauRG über die Bestellung des Erbbaurechts in den Vermittlungsvorschlag beantragt und erreicht hätte. Denn dann wirkt dieser Teil des Vorschlags nach § 106 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG wie eine dingliche Einigung nach § 873 BGB. Das nimmt der Ermächtigung in § 106 Abs. 3 SachenRBerG aber nicht ihren Sinn. Zum einen sind dingliche Erklärungen nach § 98 Abs. 1 Halbsatz 2 SachenRBerG nur auf Antrag eines Beteiligten in den Vermittlungsvorschlag aufzunehmen. Zum anderen kommt die Einbeziehung der dinglichen Erklärungen in den Vermittlungsvorschlag nicht in jedem Fall in Betracht. Muss das mit dem Erbbaurecht zu belastende Grundstück, was sehr häufig der Fall ist, erst noch im Wege der Teilung und Vereinigung von Grundstücken oder Grundstücksteilen gebildet werden, können die dinglichen, anders als die schuldrechtlichen Erklärungen erst abgegeben werden, wenn das geschehen ist11. Soll ein bestehendes Grundstück nach Maßgabe von § 61 Sachen-RBerG verkauft werden, kann es erforderlich sein, die Feststellungswirkung gemäß § 106 Abs. 1 Satz 1 SachenRBerG auf die schuldrechtlichen Teile des Vorschlags zu beschränken, um einen verfrühten Übergang des Eigentums vor Zahlung des Kaufpreises auszuschließen12. In solchen Fällen lässt sich der von dem Gesetzgeber angestrebte einfache Vollzug10 sachgerecht nur durch eine Beauftragung des Notars und anderer Personen nach § 106 Abs. 3 SachenRBerG erreichen. Dass diese auch erfolgen muss, wenn die dinglichen Erklärungen in dem Vermittlungsvorschlag enthalten sind und dieser uneingeschränkt festgestellt wird, folgt daraus nicht.
Der Vermittlungsvorschlag enthält im vorliegenden Fall zwar keine Erklärung über die – nach § 78 Abs. 1 Satz 3 SachenRBerG vorgeschriebene – Aufgabe des Gebäudeeigentums, dessen Erlöschen Voraussetzung für die auch beantragte Schließung des Gebäudegrundbuchs ist. Er sieht aber die Einigung auch über das Erlöschen des Nutzungsrechts der Beteiligten zu 2 und 3 an dem Grundstück vor. Sie ist als Einigung über die Aufhebung zu verstehen, die nach Art. 233 § 4 Abs. 6 Sätze 1 und 3 und Abs. 7 EGBGB das Erlöschen des Gebäudeeigentums zur Folge hat.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. Mai 2015 – V ZB 66/14
- OLG Rostock, OLGR 2002, 265, 268; Baumgart in Rädler/Raupach/Bezzenberger, Vermögen in der ehemaligen DDR, § 106 Sachen-RBerG Rn. 6, 9 ff.; Eickmann, SachenRBerG, § 106 Rn. 11, 14; von Falckenhayn in RVI, § 106 SachenRBerG Rn. 9; Prütting in Prütting/Zimmermann/Heller, Grundstücksrecht Ost, § 106 SachenRBerG Rn. 22 f.[↩]
- OLG Jena, VIZ 2002, 646 f.; Tropf in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG, § 106 Rn. 26; ders., VIZ 1999, 377, 383; MünchKomm-BGB/Cremer, 4. Aufl., § 106 SachenRBerG Rn. 12; Vossius, SachenRBerG, 2. Aufl., § 106 Rn. 16 f.; jedenfalls für den hier gegebenen Fall der Bestellung eines Erbbaurechts auch Erman/Ganten, BGB, 10. Aufl., § 106 SachenRBerG Rn. 6 und Kimme/Toussaint, Offene Vermögensfragen, Stand: November 2007, § 106 SachenRBerG Rn. 10 aE[↩]
- BT-Drs. 12/5992 S. 174 l. Sp. unten[↩]
- BGH, Urteil vom 14.01.2005 – V ZR 139/04, NJW-RR 2005, 666, 667[↩]
- Entwurfsbegründung in BT-Drs. 12/5992 S. 164, 174 zu § 107[↩]
- Entwurfsbegründung in BT-Drs. 12/5992 S. 170, Einzelheiten in BGH, Urteil vom 14.01.2005 – V ZR 139/04, NJW-RR 2005, 666, 667[↩]
- für diesen: KG, KGJ 41, 249, 251 und JFG 1, 362, 365 zu der nahezu wortgleichen Vorgängervorschrift in § 93 Abs. 1 des früheren FGG; Bork/Jacoby/Schwab/Rellermeyer, FamFG, 2. Aufl., § 368 Rn. 3 f.; Haußleiter/Schemmann, FamFG, § 368 Rn. 3; Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl., § 68 Rn. 52; Prütting/Helms/Fröhler, FamFG, 3. Aufl., § 368 Rn. 21, 25[↩]
- Entwurfsbegründung in BT-Drs. 12/5992 S. 170 zu § 99[↩]
- KG, Beschluss vom 13.03.2014 – 1 W 494495/13[↩]
- BT-Drs. 12/5992 S. 174[↩][↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2015 – V ZR 318/13 8, 16[↩]
- vgl. Kimme/Toussaint, Offene Vermögensfragen, Stand: November 2007, § 106 SachenRBerG Rn. 10; Tropf, VIZ 1999, 377, 383[↩]