Durch schriftsätzliche Zustimmung beider Parteien zu dem durch das Gericht unterbreiteten Vergleichsvorschlag ist gemäß § 278 Abs. 6 S. 1 ZPO ein gerichtlicher Vergleich (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) zu Stande gekommen. Dass das Zustandekommen und der Inhalt des Vergleichs bisher nicht nach § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO festgestellt worden ist, ändert hieran nichts [1].

Folglich hat die Anfechtung durch die Beklagte zur Folge, dass der Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs durch Fortsetzung des Verfahrens auszutragen ist [2].
Da aber der Vergleich im vorliegenden Verfahren nicht nach § 142 Abs. 1 BGB wegen der Anfechtungserklärung der Beklagten als von Anfang an nichtig anzusehen ist, war nunmehr in analoger Anwendung des § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO (Entscheidung durch Urteil statt durch Beschluss) das Zustandekommen und der Inhalt des Vergleichs festzustellen [3].
Der Vergleich war im vorliegenden Fall nicht anfechtbar, dies insbesondere nicht wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB. Weil die Beklagte dem Kläger Täuschung durch Verschweigen vorwirft, könnte etwas anderes nur dann gelten, wenn der Kläger der Beklagten gegenüber verpflichtet gewesen wäre, im Termin vom 21.06.2016 oder in der Zeit danach bis zum Vergleichsschluss von seinem Pfändungsantrag zu berichten. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten war der Kläger hierzu aber nicht verpflichtet.
Die Möglichkeit des Klägers, das angefochtene Urteil nach Sicherheitsleistung zu vollstrecken, war der Beklagten bekannt. Beträge, die dem Kläger durch Wahrnehmung dieser Möglichkeit zugeflossen wären, hätte er der Beklagten ohnehin – also auch ohne ausdrückliche Regelung im Vergleich – zu erstatten bzw. auf den Vergleichsbetrag anzurechnen. Denn ein wirksamer Vergleich im Berufungsverfahren macht das angefochtene Urteil wirkungslos, soweit es den nämlichen Gegenstand betrifft [4]. Hierauf hat das Oberlandesgericht in seiner Terminsverfügung hingewiesen.
Inwiefern der Kläger, wie die Beklagte mutmaßt, durch das Verschweigen seines Pfändungsantrags das Fehlen seiner Bereitschaft zum Vergleichsschluss verschleiert haben sollte, erschließt sich nicht. Tatsächlich hat der Kläger den Vergleich ja geschlossen, war hierzu also offensichtlich auch bereit. Auf die Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss konnte der Kläger vernünftiger Weise erst verzichten, nachdem auch die Beklagte dem Vergleichsvorschlag des Oberlandesgerichts zugestimmt hatte. Tatsächlich hat er auf diese Rechte sogar schon verzichtet, bevor er von der schriftsätzlichen Zustimmung der Beklagten erfahren hatte.
Die Frage nach der Auslegung des – demnach wirksamen – Vergleichs hat das Oberlandesgericht nicht zu entscheiden. Er hat deshalb insbesondere nicht über die Frage zu entscheiden, ob die Beklagte sich heute noch auf die dort getroffene Ratenzahlungsvereinbarung berufen kann, obwohl sie – möglicherweise im Vertrauen auf die Wirksamkeit ihrer Anfechtung und damit auf die Unwirksamkeit des Vergleichs – die dort vereinbarte erste Rate nicht pünktlich gezahlt hat.
Schleswig ‑Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 11 U 119/15
- vgl. Zöller/Greger, ZPO, 31.Aufl., § 278 Rn.35, wonach die Feststellung nur dazu dient, den bereits zu Stande gekommenen Vergleich zum Vollstreckungstitel zu machen[↩]
- vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., § 794 Rn.15, 15a[↩]
- vgl. Assmann in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4.Aufl., § 278 Rn.97, wonach der Streit über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs auch dann durch Fortsetzung des Verfahrens auszutragen ist, wenn der Vergleich schriftlich geschlossen wurde; ferner Zöller/Greger, a.a.O., § 278 Rn.34, wonach das Gericht stets einen Termin anberaumen kann, statt einen Beschluss nach § 278 Abs.6 S.2 ZPO zu erlassen[↩]
- vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 794 Rn.13[↩]
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