Ein Sachverständiger setzt sich der Besorgnis der Befangenheit aus, wenn er einer Partei nicht offenbart, dass er bestimmte Unterlagen für die Erfüllung seines Gutachterauftrags von der anderen Partei herangezogen und, wenn auch nur zur Überprüfung der Prämissen seines Hauptgutachtens, verwertet hat.

Die Ablehnung eines Sachverständigen findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es muss sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber1.
Das Telefonat zwischen der Klägerin und einem Mitarbeiter des Sachverständigen über die vom Sachverständigen noch benötigten Unterlagen begründet bei einer vernünftigen Partei jedenfalls unter den konkreten Umständen nicht die Besorgnis einer Befangenheit. Der Sachverständige hatte über das Gericht bei beiden Parteien bestimmte Unterlagen angefordert. Die Beklagten selbst gingen davon aus, dass diese Unterlagen seitens der Klägerin zur Verfügung gestellt werden. Der Sachverständige hat damit gerade nicht verschwiegen, dass er für seine Begutachtung wichtige Unterlagen von der anderen Partei besorgen wollte2.
Wenn dann die andere Partei vor diesem Hintergrund beim Sachverständigen direkt nachfragt, welche konkreten Unterlagen er begehrt, dient dies allein der Abwicklung der allen Beteiligten bekannten Anfrage des Sachverständigen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass bei dem Telefonat über den Inhalt der Begutachtung selbst gesprochen worden wäre. Der Sachverständige muss angesichts des bekannten Wunsches nach weiteren Unterlagen nicht jedes Telefonat, das der Konkretisierung gilt, in seinem Gutachten erwähnen. Das von den Beklagten zur Begründung ihres Antrags auf Befangenheit herangezogene Telefonat ist nicht geeignet, bei einer vernünftigen Partei die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen auszulösen.
Ein Sachverständiger setzt sich der Besorgnis der Befangenheit aus, wenn er einer der Parteien nicht offenbart, dass er bestimmte Unterlagen für die Erfüllung seines Gutachterauftrags herangezogen und verwertet hat.
Der Sachverständige hat in seiner Begutachtung die Grundlagen seines Gutachtens offenzulegen. Nur so können die Parteien überprüfen, ob der Sachverständige von einem richtigen und vollständigen Sachverhalt ausgegangen ist und aus diesem die richtigen Schlüsse gezogen hat. Der Sachverständige hatte in seinem Ergänzungsgutachten nicht offen gelegt, welche Unterlagen er von der Klägerin erhalten hatte und ob bzw. wie er sie zur Überprüfung seines Hauptgutachtens verwertet hat.
Dadurch hat er die Beklagten einseitig benachteiligt. Zwar hatten die Beklagten aus dem Anwaltsschriftsatz vom 22.07.2013 Kenntnis, dass die Klägerin dem Sachverständigen Pläne zugänglich gemacht hatte. Aus dem Ergänzungsgutachten war für die Beklagten jedoch nicht ersichtlich, welche Pläne dies waren und welche Schlüsse der Sachverständige daraus gezogen hat. Allein die Klägerin wusste, welche Unterlagen sie dem Sachverständigen zugänglich gemacht hatte, und konnte aufgrund dieses Wissensvorsprungs das Ergebnis der Begutachtung überprüfen. Dies belastete die Beklagten einseitig.
Der Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen steht entgegen seiner Auffassung nicht entgegen, dass die ihm von der Klägerin vorgelegten Unterlagen keine Abweichung vom Erstgutachten gerechtfertigt haben. Der Sachverständige hat die Unterlagen zur Überprüfung seiner Annahmen herangezogen. Ob er sich berechtigt durch die Unterlagen in seiner ursprünglichen Annahme bestätigt gesehen hat, muss von den Parteien des Rechtsstreits überprüft werden können. Diese Möglichkeit der Überprüfung seines Gutachtens hat der Sachverständige den Beklagten genommen, indem er nicht offen gelegt hat, welche Unterlagen ihm von der Klägerseite übersandt worden waren und welche Schlüsse er aus diesen gezogen hat. Die Vorgehensweise des Sachverständigen kann bei einer Partei bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken, der Sachverständige wolle durch die Beschränkung der Überprüfung seines Gutachtens durch die Beklagten sein Hauptgutachten einseitig zugunsten der Klägerin verteidigen und damit nicht mehr unvoreingenommen begutachten.
Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 14. Januar 2014 – 10 W 43/13