Mit der Pflicht des Sachverständigen zur Prüfung eingezahlter Vorschüsse im Rahmen von § 13 JVEG hatte sich aktuell das Oberlandesgericht Karlsruhe befasst. Anlass hierfür bot ein Verfahren, in dem einer Partei, dem Beklagten, Prozesskostenhilfe bewilligt worden war:

Die besondere Vergütung nach § 13 JVEG kann nur gewährt werden, wenn deren Voraussetzungen vorliegen und anderenfalls nur ein Anspruch auf die gesetzliche Vergütung besteht. Vor Bewilligung der Prozesskostenhilfe galt daher §§ 13 Abs. 1 und 2 JVEG, danach für die Beklagte § 13 Abs. 3 und 4 JVEG. Nach § 13 und 2 JVEG wird ein Sachverständiger bei beiderseitiger Zustimmung (Absatz 1 Satz 1) oder einseitiger Parteizustimmung und Zustimmung des Gerichts (Absatz 2 Satz 1) nur dann zu einem besonderen Stundenlohn herangezogen, wenn ein ausreichender Betrag für die gesamten zu erwartenden Kosten an die Staatskasse bezahlt ist. Durch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entfiel eine Vorschusspflicht der Beklagten nach §§ 402, 379 ZPO nur hinsichtlich der zu erwartenden Sachverständigenkosten auf der Basis des gesetzlichen Stundenlohns (§ 9 JVEG). Ein Vorschuss für den Erhöhungsbetrag war aber grundsätzlich nach § 13 Abs. 3 Satz 2 JVEG erforderlich, sofern nicht die Voraussetzungen des § 13 Abs. 4 Satz 1 JVEG vorlagen. Dieselbe Rechtslage galt auch nach § 13 Abs. 1 bis 4 JVEG in den insoweit wortgleichen Fassungen vom 19.10.2012 und 17.12.2008, die vorliegend teilweise anzuwenden sind. Das JVEG begrenzt damit die Dispositionsmöglichkeiten der Beteiligten, indem es die Wirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung von der Deckung der Staatskasse abhängig macht.
Hinsichtlich der Zustimmungserklärungen der Parteien oder des Gerichts zu einer besonderen Vergütung kann eine Auslegung nach den allgemein für Erklärungen geltenden Regeln entsprechend §§ 133, 157 BGB dahin erfolgen, dass der objektive, dem Empfänger vernünftigerweise erkennbare Sinn maßgeblich ist. Auf diese Weise vermag auch eine Erklärung des Gerichts, Zustimmung bestehe, als gerichtliche Zustimmung ausgelegt werden, selbst wenn das Gericht nur vermeintliche oder tatsächlich nicht vorliegende Parteierklärungen wiedergeben wollte.
Für den Vorschuss sieht das Gesetz nur in § 13 Abs. 4 Satz 1 JVEG eine Erklärung des Gerichts vor, die gegebenenfalls eine Auslegung nötig macht.
Im Übrigen bindet das Gesetz einen über das Normalmaß hinausgehenden Vergütungsanspruch des Sachverständigen an einen Geldeingang bei der Staatskasse. Der Staatskasse und damit der Allgemeinheit sollen nämlich keine über die gesetzlich vorgesehene Vergütung hinausgehenden Kosten zur Last fallen, zumal die gesetzlich vorgesehene Vergütung im Wege der Marktanalyse ermittelte Marktpreise umsetzt [1] und damit mit dem Anspruch auftritt, in der Summe aller Vergütungsbestandteile eine als angemessen anzusehende Entlohnung widerzuspiegeln. § 407 ZPO normiert für öffentlich bestellte Sachverständige wie den Beschwerdeführer eine Pflicht zur Gutachtenerstattung zu dem gesetzlich vorgesehenen Honorar. Ein solcher Sachverständiger ist daher allenfalls in hier nicht gegebenen besonderen Ausnahmefällen als „schutzbedürftig“ anzusehen, wenn er sich mit der Normalvergütung nicht begnügen will. Das Gesetz hat in § 13 Abs.1 und 3 JVEG eine Abwägung vorgenommen und den Schutz der Staatskasse dem besonderen Vergütungswunsch des Sachverständigen übergeordnet und nur im Fall des § 13 Abs. 4 Satz 2 JVEG hiervon einen Ausnahme gemacht.
Selbst wenn man einen „Vertrauensschutz“ bejahen wollte [2], wäre davon auszugehen, dass ein öffentlich bestellter Sachverständiger, der eine besondere Vergütung beantragt, § 13 JVEG und zwar mit allen seinen Absätzen kennt beziehungsweise kennen muss. In jeder Aktenübersendung wird er auf diese Bestimmung hingewiesen und darauf, dass eine Vergütung an das Vorliegen von deren Voraussetzungen gebunden ist. Der Sachverständige zitiert auch § 13 Abs. 1 und 2 JVEG in seinen Anschreiben an das Gericht. Warum ihm unter diesen Umständen die Absätze 3 und 4 unbekannt sein sollten oder er sie nicht zu kennen bräuchte, wie die Beschwerde vorbringt, erschließt sich nicht. Im Gegenteil sieht das Gesetz eigene Pflichten des Sachverständigen zur Beobachtung seiner Kosten im Verhältnis zu den Vorschüssen und sogar dem – oft nicht einfach zu beurteilenden – Streitwert der Rechtssache vor (§ 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO), deren Verletzung es mit einem (teilweisen) Verlust sogar des gesetzlichen Vergütungsanspruchs ahndet [3]. Den Sachverständigen trifft daher die Pflicht zur Mitbeobachtung der Vorschüsse im Verhältnis zu seinen Kosten, selbst wenn das Gericht die Vorschüsse anfordern und prüfen muss [4]. Schon von daher ist er hinsichtlich der gewünschten Vergütungserhöhung nicht schutzwürdig, wenn Vorschüsse fehlen. Ob etwas anderes gelten kann, wenn das Fehlen eines genügenden Vorschusses für ihn nicht erkennbar ist, kann dahinstehen [5].
Die Zustimmungen nach § 13 Abs. 1 JVEG lagen vor.
Hinsichtlich des Vorschusses hatte der Sachverständige mitgeteilt, 7.500 EUR inklusive USt. seien der Maximalbetrag für das Gutachten Er gehe von 40 bis 50 Stunden Arbeit aus. Nachdem zuvor EUR 2.000 Kostenvorschuss eingezahlt waren, kam es im Hinblick auf diese zu erwartenden Sachverständigenkosten zur Beantragung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Damit war nach § 13 Abs. 3 Satz 2 JVEG ein Vorschuss nur noch in Höhe der zu erwartenden Stundenlohndifferenz zu erbringen. Unter Zugrundelegung von einer Stundenlohnerhöhung von EUR 30 für 40 bis 50 Arbeitsstunden genügte der geleistete Vorschuss diesen Anforderungen. Zwar geht das Landgericht davon aus, dass der geleistete Kostenvorschuss auf die Regelvergütung verrechnet wird. Darin ist ihm jedoch nicht beizupflichten. Hat eine prozesskostenhilfeberechtigte Partei einen Kostenvorschuss erbracht, und Zustimmung zu einer Stundenlohnerhöhung erteilt, ist es naheliegend, dass ihre Vorschussleistung im Hinblick auf ihre Pflicht nach § 13 Abs. 3 Satz 2 JVEG erfolgt ist, oder jedenfalls aufgrund des erfolgreichen Prozesskostenhilfegesuchs diese Bestimmung nachträglich erhält. Zwar fehlt der gemäß § 13 Abs. 3 Satz 3 JVEG erforderliche Beschluss des Gerichts über die Festsetzung des Differenzvorschusses. Das Gericht hatte aber nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe allen Beteiligten wie auch dem Sachverständigen am 11.05.2010 mitgeteilt, dass der Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt sei, ein weiterer Vorschuss deshalb nicht mehr angefordert werden müsse und das Gutachten fertig gestellt werden möge. Diese zwar nicht in Beschlussform ergangene Erklärung, wonach sich das Gericht mit dem Vorschuss in Höhe von EUR 2.000 begnügte, machte einen förmlichen Beschluss nach § 13 Abs. 3 Satz 3 JVEG entbehrlich.
Vorliegend hatte der Sachverständige aber auf Bedenken der Parteien gegen die Höhe der zu erwartenden Sachverständigenkosten mehrfach mitgeteilt, dass incl. Umsatzsteuer maximal EUR 7.500 anfielen. Auf dieser Grundlage war Prozesskostenhilfe beantragt und bewilligt worden. In diesen Erklärungen ist die Zusage einer Pauschalierung der Kosten nach oben zu sehen, an die sich der Sachverständige halten muss.
§ 13 Abs. 3 und 4 JVEG regeln nur die Vorschusspflicht des Prozesskostenhilfeempfängers, nicht die des Gegners. Danach war klar, dass die Klägerseite einen Kostenvorschuss zu zahlen hatte, soweit die voraussichtlichen Kosten auf die von ihrer Seite gestellten Beweisfragen entfielen. Der Sachverständige erbat auch die Einholung eines Kostenvorschusses in Höhe von EUR 4.000, woraufhin ihm das Gericht mitteilte, eine Vorschussanordnung erübrige sich im Hinblick auf die Prozesskostenhilfebewilligung.
Diese gerichtliche Äußerung war ausgehend von einem objektivierten Empfängerhorizont dahin zu verstehen, dass wegen der Prozesskostenhilfebewilligung kein Vorschuss vom Gericht verlangt wurde (§§ 133, 157 BGB). Das durfte ein Empfänger zwar für die Beklagte als Zustimmung nach § 13 Abs. 4 Satz 1 JVEG auffassen. Hingegen war die Erklärung bezüglich des von der Klägerseite zu fordernden Vorschusses mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht zu vereinbaren. Aus dem Beweisbeschluss ging klar hervor, dass die Streithelferin 11 der 23 Fragen stellte und damit erheblich zu den anfallenden Kosten beitrug. Ausgehend von der dargestellten Pflicht nach § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO, wonach ein Sachverständiger die Kosten seiner Beauftragung ebenso wie die Vorschussleistungen im Blick zu behalten hat, durfte ein solcher Empfänger nicht davon ausgehen, dass für die Klägerseite die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 JVEG vorlagen. Es musste sich ihm vielmehr aufdrängen, dass das Gericht einem Irrtum unterlag, wie auch daraus deutlich wird, dass bei dem später von Klägerseite veranlassten zweiten Ergänzungsgutachten Vorschüsse von der Klägerseite eingeholt wurden. Aufgrund der einem Sachverständigen neben dem Gericht durch Gesetz auferlegten Pflicht zur Mitbeobachtung der Kosten konnte sich ein Sachverständiger nicht auf das Schreiben des Gerichts verlassen. Er musste vielmehr davon auszugehen, dass er, wie es ihm von Gesetzes wegen nach § 407 ZPO oblag, für den gesetzlichen Stundenlohn nach dem JVEG tätig wurde, soweit die Beweisaufnahme von Klageseite veranlasst war.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Beschluss vom 18. August 2014 – 7 W 44/14
- BT-Drs. 17/11471 S. 260[↩]
- vgl hierzu:. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. § 13 Rn 16 mwN; Binz in Binz/Dörndorfer, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl., § 13 Rn 7; OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2013 – 14 W 458/13, m. zahlreichen w.N[↩]
- die bisherige Rspr. aufnehmend: § 8a Abs. 3 und 4 JVEG; BT-Drs. 17/11471 S. 259[↩]
- BT-Drs. 17/11471 S. 262[↩]
- so im Fall des OLG Koblenz, Beschluss vom 20.08.2013 – 14 W 458/13[↩]
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