Gibt der medizinische Sachverständige in seinen mündlichen Ausführungen neue und ausführlichere Beurteilungen gegenüber dem bisherigen Gutachten ab, so ist den Parteien unter dem Blickpunkt des rechtlichen Gehörs Gelegenheit zu geben, hierzu Stellung zu nehmen. Dabei sind auch Ausführungen in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz zur Kenntnis zu nehmen und die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, sofern die Ausführungen Anlass zu weiterer tatsächlicher Aufklärung geben.

Geschieht dies nicht, wird der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
Will das Gericht seine Entscheidung auf diesen neuen Gesichtspunkt stützen, dann darf es nicht diese Ausführungen ohne weiteres als bewiesen ansehen. Vielmehr muss es die Parteien nach § 139 ZPO auf diesen neuen Gesichtspunkt hinweisen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme und Ergänzung ihres tatsächlichen Vorbringens einschließlich der Bezeichnung von Beweismitteln geben1. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dabei unter dem Blickpunkt des rechtlichen Gehörs auch der Behandlungsseite Gelegenheit zu geben, nochmals Stellung zu nehmen, wenn der medizinische Sachverständige in seinen mündlichen Ausführungen neue und ausführlichere Beurteilungen gegenüber dem bisherigen Gutachten abgegeben hat2.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30. November 2010 – VI ZR 25/09