Der trotz Prozessfähigkeit bestellte Prozesspfleger

Ist ein Verfahrensbeteiligter, für den ein besonderer Vertreter nach § 57 ZPO (Prozesspfleger) bestellt wurde, tatsächlich prozessfähig oder erlangt er die Prozessfähigkeit im Laufe des Verfahrens wieder, endet das Amt des Prozesspflegers nicht von selbst, sondern erst mit dem Wirksamwerden der gerichtlichen Aufhebung der Bestellung.

Der trotz Prozessfähigkeit bestellte Prozesspfleger

Eine trotz Prozessfähigkeit des Verfahrensbeteiligten an den Prozesspfleger erfolgte Zustellung des Zuschlagsbeschlusses ist deshalb wirksam und löst die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde des § 96 ZVG i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO aus.

Der Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist nicht gegeben, wenn der Verfahrensbeteiligte durch einen Prozesspfleger gemäß § 57 ZPO vertreten wird, obwohl die Voraussetzungen für dessen Bestellung nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.

Ein Rechtsmittel des Verfahrensbeteiligten ist ungeachtet seiner möglicherweise fehlenden Prozessfähigkeit zulässig, da auch eine Partei, deren Prozessfähigkeit in der Vorinstanz verneint worden ist, wirksam ein Rechtsmittel einlegen kann, um eine andere Beurteilung zu erreichen1. Die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 57 ZPO steht dem nicht entgegen. Sieht der Prozesspfleger von einem Rechtsmittel in der Hauptsache ab, kann die Partei dieses selbst einlegen; insoweit gilt sie als prozessfähig2.

Zustellung an den Prozesspfleger

Nach § 189 ZPO gilt ein unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangenes Dokument zwar in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist. Hätte die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses nicht an den Prozesspfleger, sondern an die Beteiligte erfolgen müssen, wären die Voraussetzungen für eine Heilung nach dieser Vorschrift aber dennoch nicht gegeben. Die Heilung setzt nämlich voraus, dass das Gericht eine förmliche Zustellung mit Zustellungswillen bewirken wollte. Dieser Zustellungswille muss sich auf einen bestimmten Adressaten beziehen. Nur Zustellungsmängel, die der an diesen gerichteten Zustellung anhaften, können nach § 189 ZPO geheilt werden. Nicht ausreichend für eine Heilung ist es hingegen, wenn dieser Person, ohne dass seitens des Gerichts an sie zugestellt werden sollte, das Dokument tatsächlich zugeht3. War der Wille des Gerichts auf Zustellung an den gesetzlichen Vertreter der Partei gerichtet, kann die Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften deshalb nicht durch den tatsächlichen Zugang des zuzustellenden Schriftstücks bei der vertretenen Partei geheilt werden.

Danach kommt in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall -einem Teilungsversteigerungsverfahren- eine Heilung nach § 189 ZPO nicht in Betracht. Der Zustellungswille des Vollstreckungsgerichts war auf die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den Prozesspfleger als gesetzlichen Vertreter der Beteiligten gerichtet, weil es die Zustellung nach § 172 Abs. 1 ZPO an diesen als geboten angesehen hat. Einen Willen, an die Beteiligte persönlich zuzustellen, hatte das Vollstreckungsgericht nicht. Die Zustellung an diese erfolgte allein im Parteibetrieb im Rahmen der Zwangsvollstreckung durch die weiteren Beteiligten.

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Die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den besonderen Vertreter gemäß § 57 ZPO war jedoch gleichwohl wirksam und hat für die Beteiligte die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde in Gang gesetzt. Die Zuschlagsbeschwerde der (vermeintlich) prozessunfähigen Beteiligten ist daher  hier nach Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist des § 96 ZVG i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt worden und damit verfristet:

Das Ende der Bestellung eines Prozesspflegers

Nach § 57 ZPO kann auf Antrag des Klägers ein besonderer Vertreter (sog. Prozesspfleger) bestellt werden, wenn Klage gegen eine prozessunfähige Partei erhoben werden soll und Gefahr im Verzug ist. Der Prozesspfleger hat die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Seine Vertretungsmacht entspricht weitgehend dem gesetzlichen Umfang der Prozessvollmacht gemäß § 81 ZPO, d.h. er ist befugt, Prozesshandlungen vorzunehmen und sachlich rechtliche Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen4. Er ist Zustellungsadressat (§ 170 Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 182 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Zustellung an die nicht prozessfähige Partei ist unwirksam (§ 170 Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Die Vorschrift des § 57 ZPO gilt auch in der Teilungsversteigerung.

Die nach dem Wortlaut nur das Klageverfahren erfassende Vorschrift des § 57 ZPO ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Zwangsvollstreckungsverfahren grundsätzlich entsprechend anwendbar, wenn sich die Zwangsvollstreckung gegen einen prozessunfähigen Schuldner richtet5; davon ausgenommen soll das Verfahren der Vermögensauskunft nach § 807 ZPO sein6. Auch in der Teilungsversteigerung nach § 180 ZVG gilt § 57 ZPO, wenn der Antrag auf Aufhebung der Gemeinschaft gegen einen prozessunfähigen Teilhaber gerichtet ist. Andernfalls könnte der andere Teilhaber seinen Auseinandersetzungsanspruch nur schwer oder unter Umständen gar nicht durchsetzen. Er ist nicht weniger schutzwürdig als die klagende Partei im Erkenntnisverfahren.

Funktionell zuständig für die Bestellung des Prozesspflegers gemäß § 57 ZPO in dem Teilungsversteigerungsverfahren ist entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht der Richter, sondern der Rechtspfleger. Diesem sind in vollem Umfang die nach den gesetzlichen Vorschriften vom Richter wahrzunehmenden Geschäfte des Amtsgerichts in Verfahren nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung übertragen (§ 3 Nr. 1 Buchst. i RPflG). Der Rechtspfleger trifft alle Maßnahmen, die zur Erledigung der ihm übertragenen Geschäfte erforderlich sind (§ 4 Abs. 1 RPflG). Dazu gehört als verfahrensleitende Maßnahme die Bestellung des Prozesspflegers gemäß § 57 ZPO. Ein Ausnahmefall des § 4 Abs. 2 RPflG liegt nicht vor. Auch die Vorschrift des § 15 RPflG, wonach bestimmte Angelegenheiten, die dem Betreuungsgericht übertragen sind, dem Richter vorbehalten bleiben, ist nicht einschlägig. Bei der Bestellung des Prozesspflegers handelt es sich nicht um eine Betreuungssache im Sinne dieser Vorschrift.

Die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses an den Prozesspfleger wäre auch dann wirksam gewesen, wenn – was die Rechtsbeschwerde geltend macht – die Voraussetzungen für dessen Bestellung nicht vorgelegen haben sollten. Sein Amt wäre in diesem Fall nicht erloschen.

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Unter welchen Voraussetzungen das Amt des Prozesspflegers endet, wenn der Vertretene prozessfähig war oder im Laufe des Verfahrens prozessfähig geworden ist, ist höchstrichterlich allerdings noch nicht geklärt. Der Bundesgerichtshof hat die Frage bislang, anders als das Schrifttum es teilweise verstanden hat7, offengelassen8.

Die überwiegende Ansicht nimmt an, das Amt des Prozesspflegers ende kraft Gesetzes, wenn die Partei prozessfähig wird. Die Stellung des besonderen gesetzlichen Vertreters gemäß § 57 ZPO könne nicht stärker sein als die des gesetzlichen Vertreters der Partei9.

Nach anderer Ansicht endet die Bestellung des Prozesspflegers nicht von selbst; sie müsse bei Feststellung bzw. Eintritt der Prozessfähigkeit oder bei Wegfall der sonstigen Voraussetzungen aufgehoben werden10.

Die zuletzt genannte Ansicht ist vorzugswürdig. Ist ein Verfahrensbeteiligter, für den ein besonderer Vertreter nach § 57 ZPO (Prozesspfleger) bestellt wurde, tatsächlich prozessfähig oder erlangt er die Prozessfähigkeit im Laufe des Verfahrens wieder, endet das Amt des Prozesspflegers nicht von selbst, sondern erst mit dem Wirksamwerden der gerichtlichen Aufhebung der Bestellung. Eine trotz Prozessfähigkeit des Verfahrensbeteiligten an den Prozesspfleger erfolgte Zustellung des Zuschlagsbeschlusses ist deshalb wirksam und löst die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde des § 96 ZVG i.V.m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO aus.

Die Bestellung des Prozesspflegers beruht auf der Anordnung des Gerichts. Die Beendigung des Amts des Prozesspflegers muss schon deshalb – von dem Fall des Verfahrenseintritts des ordentlichen gesetzlichen Vertreters des Verfahrensbeteiligten abgesehen11 – ebenfalls der gerichtlichen Entscheidung vorbehalten bleiben12. Das entspricht der Rechtslage bei dem einstweiligen besonderen Vertreter nach § 779 Abs. 2 Satz 1 ZPO, dessen Amt erst mit der gerichtlichen Aufhebung der Vertreterbestellung endet8, sowie derjenigen bei der Betreuung gemäß § 1896 BGB. Eine gerichtlich angeordnete Betreuung endet, wenn sie nicht befristet ist oder der Betroffene verstirbt, durch die gerichtliche Aufhebung (§ 1908d Abs. 1 Satz 1 BGB; vgl. BGH, Beschluss vom 14.12.2011 – XII ZB 489/10, FamRZ 2012, 295 Rn. 11 f.).

Dass die Prozesspflegschaft nur durch gerichtliche Aufhebung endet, ist aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit geboten.

Im gerichtlichen Verfahren muss verlässlich feststehen, ob der Verfahrensbeteiligte durch den Prozesspfleger wirksam vertreten wird und Zustellungen an diesen wirksam vorgenommen werden können (§ 170 Abs. 1 ZPO). Würde die Bestellung des Prozesspflegers von selbst enden, wenn der Verfahrensbeteiligte prozessfähig wird, oder wäre sie unwirksam, wenn der Beteiligte von Anfang an prozessfähig war, wären nachfolgende Zustellungen an ihn nicht zulässig. Das führte zu erheblicher Rechtsunsicherheit. Weil der Verfahrensbeteiligte jederzeit, auch noch im Rechtsmittelverfahren, geltend machen kann, von Anfang prozessfähig gewesen oder zwischenzeitlich geworden zu sein13, und die Prozessunfähigkeit zweifelhaft sein kann, müsste das Gericht vorsorglich vor jeder Zustellung von mit befristeten Rechtsmitteln anfechtbaren Entscheidungen die Prozessfähigkeit des betroffenen Verfahrensbeteiligten neu prüfen. Dazu wäre regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich. Das wäre mit dem Zweck des § 57 ZPO, den anderen Verfahrensbeteiligten einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren14, nicht vereinbar. Richtigerweise bleiben Verfahrenshandlungen des Prozesspflegers und Zustellungen an ihn auch dann wirksam, wenn seine Bestellung aufgehoben wird, weil sich herausstellt, dass der Vertretene doch prozessfähig ist15.

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Dass Zustellungen an einen Prozesspfleger auch dann wirksam sind, wenn die Voraussetzungen für seine Bestellung nicht (mehr) vorlagen, steht nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zum Zustellungsvertreter gemäß § 6 Abs. 1 ZVG16. § 6 ZVG dient der Erleichterung der Zustellung in Fällen, in denen der Aufenthalt des Schuldners unbekannt ist oder die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung aus sonstigen Gründen gegeben sind. Der Zustellungsvertreter wird nicht gesetzlicher Vertreter der Partei bzw. des Verfahrensbeteiligten; seine Aufgabe beschränkt sich darauf, die zuzustellenden Schriftstücke entgegen zu nehmen und den Adressaten zu ermitteln und zu benachrichtigen. Das rechtfertigt es, die Wirksamkeit von Zustellungen, die auf diese Weise bewirkt werden, nach den für öffentliche Zustellungen geltenden Grundsätzen zu beurteilen. Dazu gehört, dass eine unter Verstoß gegen § 185 ZPO angeordnete öffentliche Zustellung die Zustellungsfiktion des § 188 ZPO jedenfalls dann nicht auslöst und damit keine Frist in Lauf setzt, wenn die öffentliche Zustellung bei sorgfältiger Prüfung der Unterlagen nicht hätte angeordnet werden dürfen17. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof die Zustellung an einen für den Schuldner bestellten Zustellungsvertreter für unwirksam erachtet, der bestellt worden ist, obwohl für das Gericht erkennbar war, dass der Schuldner über ein Postfach erreicht werden konnte18.

Nichtigkeitsbeschwerde?

Die verspätet eingegangene Zuschlagsbeschwerde der Beteiligten ist auch nicht als sogenannte Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 569 Abs. 1 Satz 3 ZPO statthaft.

Nach dieser Vorschrift wird, wenn die Erfordernisse der Nichtigkeitsoder Restitutionsklage vorliegen, die Beschwerdefrist dergestalt verlängert, dass die Beschwerde innerhalb der für diese Klagen geltenden Frist erhoben werden kann. Die Regelung eröffnet kein Wiederaufnahmeverfahren gegen Beschlüsse, sondern erschöpft sich in der Fristverlängerung. Gegen den Zuschlagsbeschluss ist die sogenannte Nichtigkeitsbeschwerde statthaft, wenn ein Beschwerdegrund nach § 100 Abs. 1 ZVG geltend gemacht wird. Um einen solchen Beschwerdegrund handelt es sich bei dem Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO19.

Der Nichtigkeitsgrund des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO setzt voraus, dass eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat. Die Vorschrift bezweckt den Schutz der Partei, die ihre Angelegenheiten im Prozess nicht verantwortlich regeln konnte oder der die Handlungen eines vollmachtlosen Vertreters nicht zugerechnet werden darf. Dadurch wird das verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) der Partei gesichert. Es soll vermieden werden, dass jemand in einem Verfahren, in dem er nicht persönlich als Handelnder auftreten kann, eine für ihn nachteilige Entscheidung hinnehmen muss, wenn ihm nicht das Handeln eines Vertreters oder einer Vertreterin aufgrund gesetzlicher Vorschriften zugerechnet werden kann20. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn eine für prozessfähig gehaltene Partei tatsächlich prozessunfähig ist21.

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Dagegen bewirkt die gerichtliche Bestellung des Prozesspflegers auch dann eine gesetzmäßige Vertretung im Sinne des § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, wenn der Verfahrensbeteiligte von vornherein prozessfähig war oder er während des Verfahrens prozessfähig wird22. Der Prozesspfleger ist, wie oben ausgeführt23, bis zum Wirksamwerden der gerichtlichen Aufhebung der Bestellung gesetzlicher Vertreter des Beteiligten. Er kann alle erforderlichen Verfahrenshandlungen vornehmen. Diese bleiben auch dann wirksam, wenn die Bestellung aufgehoben wird, weil sich herausgestellt hat, dass der Vertretene doch prozessfähig ist24. Der Nichtigkeitsgrund nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist deshalb nicht gegeben, wenn der Verfahrensbeteiligte durch einen Prozesspfleger gemäß § 57 ZPO vertreten wird, obwohl die Voraussetzungen für dessen Bestellung nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.

Keine Rechtsschutzlücke für den Betroffenen

Eine Rechtsschutzlücke entsteht für den von dem Prozesspfleger vertretenen Verfahrensbeteiligten dadurch nicht. Ihm wird insbesondere nicht der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verweigert.

Die Bestellung des Prozesspflegers gemäß § 57 ZPO ist zwar nicht mit der sofortigen Beschwerde des § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anfechtbar, weil mit der Bestellung dem entsprechenden Antrag nach § 57 Abs. 1 ZPO stattgegeben wurde25. Im Zwangsversteigerungsverfahren ist eine Anfechtung sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Nach § 95 ZVG kann gegen eine Entscheidung, die vor der Beschlussfassung über den Zuschlag erfolgt, die sofortige Beschwerde nur eingelegt werden, soweit die Entscheidung die Anordnung, Aufhebung, einstweilige Einstellung oder Fortsetzung des Verfahrens betrifft.

Die Bestellung des Prozesspflegers kann aber regelmäßig mit der Hauptsache – hier mit der Zuschlagsbeschwerde (§ 95 ZVG) – zur Überprüfung gestellt werden26. Sieht der Prozesspfleger von einem Rechtsmittel in der Hauptsache ab, kann die vermeintlich prozessunfähige Partei dieses selbst einlegen2.

Der betroffene Verfahrensbeteiligte kann außerdem in dem Rechtstreit bzw. hier in dem Zwangsversteigerungsverfahren jederzeit geltend machen, prozessfähig zu sein. Er hat Anspruch auf Klärung seiner Prozessfähigkeit durch das Gericht, wenn und soweit sein persönliches Vorbringen die Möglichkeit einer ihm günstigeren Entscheidung eröffnet; auch insoweit gilt er als prozessfähig Um ihm eine sachgerechte Wahrnehmung seiner Rechte zu ermöglichen, ist er deshalb weiterhin an dem Verfahren zu beteiligen, insbesondere sind ihm die Schriftsätze, Verfügungen und Entscheidungen zur Kenntnis zu bringen13. Das muss nicht, kann aber durch eine förmliche Zustellung erfolgen27. Das bedeutet aber nicht, dass eine solche Zustellung eine gesonderte Rechtsmittelfrist in Gang setzt.

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Wenn es konkrete Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Verfahrensbeteiligte prozessfähig ist, muss zudem das Gericht dem von Amts wegen nachgehen. Das gilt auch im Zwangsversteigerungsverfahren28. Dabei ist das Vollstreckungsgericht nach § 79 ZVG an eine Entscheidung, die es im Verlaufe des Zwangsversteigerungsverfahrens getroffen hat, nicht gebunden. Es hat deshalb, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, bei der Entscheidung über den Zuschlag nochmals zu überprüfen, ob die von ihm angenommene Prozessunfähigkeit des Beteiligten, für den der Prozesspfleger bestellt worden ist, (fort)besteht.

Schließlich ist der Prozesspfleger verpflichtet, die Interessen des Vertretenen zu wahren15 und mit ihm in geeigneter Form Verbindung zu halten4. Dazu gehört es in einem Zwangsversteigerungsverfahren im Allgemeinen, den Vertretenen über die Zustellung des Zuschlagsbeschlusses so rechtzeitig zu unterrichten, dass dieser gegebenenfalls selbst Zuschlagsbeschwerde einlegen kann.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. Dezember 2020 – V ZB 128/19

  1. st. Rspr.: vgl. BGH, Urteil vom 22.12.1982 – V ZR 89/80, BGHZ 86, 184, 186; Urteil vom 23.02.1990 – V ZR 188/88, BGHZ 110, 294, 295; Urteil vom 06.12.2013 – V ZR 8/13, WM 2014, 1054; BGH, Urteil vom 04.11.1999 – III ZR 306/98, BGHZ 143, 122, 123[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1966 – IV ZR 37/65, FamRZ 1966, 571; Beschluss vom 03.11.1994 – LwZB 5/94, NJW 1995, 404; Beschluss vom 22.06.2016 – XII ZB 142/15, FamRZ 2016, 1679 Rn.19[][]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 29.03.2017 – VIII ZR 11/16, BGHZ 214, 294 Rn. 37 mwN[]
  4. vgl. Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 13[][]
  5. vgl. BGH, Beschluss vom 17.08.2011 – I ZB 73/09, WuM 2011, 530 Rn. 9 mwN[]
  6. vgl. MünchKomm-ZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 5; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 2; Wieczorek/Schütze/Schulte, ZPO, 4. Aufl., § 57 Rn. 2; Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 1a; generell ablehnend Musielak/Voit/Weth, ZPO, 17. Aufl., § 57 Rn. 1; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 1; HK-ZPO/Bendtsen, 8. Aufl., § 57 Rn. 2[]
  7. vgl. BeckOK ZPO/Hüsch [1.12.2020], § 57 Rn. 9; Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 9[]
  8. vgl. BGH, Beschluss vom 23.09.2009 – V ZB 60/09, BGHZ 182, 293 Rn.19[][]
  9. vgl. Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle/Vogt-Beheim, ZPO, 79. Aufl., § 57 Rn. 12; BeckOK ZPO/Hüsch [1.12.2020], § 57 Rn. 9; Musielak/Voit/Weth, ZPO, 17. Aufl., § 57 Rn. 5; MünchKomm-ZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn.20; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 5; Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 9; Wieczorek/Schütze/Schulze, ZPO, 4. Aufl., § 57 Rn.19[]
  10. vgl. RGZ 105, 401, 405 f.; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 14 f.; Käck, Der Prozesspfleger, 1990, S. 90 ff., 101[]
  11. MünchKomm-ZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn.20; Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn.9[]
  12. vgl. Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 14[]
  13. vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2016 – XII ZB 142/15, FamRZ 2016, 1679 Rn.19[][]
  14. vgl. BGH, Beschluss vom 19.01.2011 – XII ZB 326/10, NJW 2011, 1739 Rn. 11[]
  15. vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2016 – XII ZB 142/15, FamRZ 2016, 1679 Rn.20[][]
  16. vgl. Beschluss vom 14.06.2012 – V ZB 182/11, NJW-RR 2012, 1012[]
  17. vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2018 – I ZR 20/18, NJW-RR 2019, 294 Rn. 11 mwN[]
  18. Beschluss vom 14.06.2012 – V ZB 182/11, NJW-RR 2012, 1012 Rn. 7[]
  19. vgl. BGH, Beschluss vom 05.03.2020 – V ZB 20/19, WM 2020, 1432 Rn. 9 und 17 f.[]
  20. vgl. BGH, Urteil vom 05.05.1982 – IVb ZR 707/80, BGHZ 84, 24, 28 ff.; Beschluss vom 18.06.2020 – I ZB 83/19, NJW-RR 2020, 1191 Rn. 15[]
  21. vgl. BGH, Beschluss vom 05.03.2020 – V ZB 20/19, WM 2020, 1432 Rn. 18[]
  22. vgl. Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 15; Käck, Der Prozeßpfleger, 1990, S. 101; vgl. zur Betreuung OLG Karlsruhe, FamRZ 2017, 653, 654; BeckOK ZPO/Fleck [1.12.2020], § 579 Rn. 6; Musielak/Voit/Musielak, ZPO, 17. Aufl., § 579 Rn. 5; PG/Meller-Hannich, ZPO, 12. Aufl., § 579 Rn. 9; kritisch Dunz, NJW 1961, 441, 443[]
  23. Rn.20[]
  24. vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2016 – XII ZB 142/15, FamRZ 2016, 1679 Rn.20; RGZ 105, 401, 406[]
  25. vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2016 – XII ZB 142/15, FamRZ 2016, 1679 Rn. 16 f.; so auch MünchKomm-ZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 18; Musielak/Voit/Weth, 17. Aufl., § 57 Rn. 4; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 4; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 12; aA Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 7[]
  26. vgl. BGH, Beschluss vom 22.06.2016 – XII ZB 142/15, FamRZ 2016, 1679 Rn. 18 f.; so auch MünchKomm-ZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 18; Musielak/Voit/Weth, 17. Aufl., § 57 Rn. 4; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 4; Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 12; aA Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl., § 57 Rn. 7[]
  27. vgl. Musielak/Voit/Weth, ZPO, 17. Aufl., § 57 Rn. 5; MünchKomm-ZPO/Lindacher/Hau, 6. Aufl., § 57 Rn. 23; PG/Gehrlein, ZPO, 12. Aufl., § 57 Rn. 5; Käck, Der Prozeßpfleger, 1990, S. 97; Dunz, NJW 1961, 441, 442 f.; kritisch Stein/Jonas/Jacoby, ZPO, 23. Aufl., § 57 Rn. 13[]
  28. vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1992, 846; Stöber/Keller, ZVG, 22. Aufl., Einleitung Rn. 150[]
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