Auch der Vertrag mit einem Schlüsseldienst kann als wucherähnliches Rechtsgeschäft gemäß § 138 Abs.1 BGB sittenwidrig und damit nichtig sein.

Ein wucherähnliches Rechtsgeschäft liegt vor, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein besonders grobes Missverhältnis besteht und die hierdurch begründete tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Vertragspartners von diesem nicht widerlegt wird. Für die Annahme eines besonders groben Missverhältnisses genügt bereits, dass der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist, wie der der Gegenleistung1.
Gerichtsentscheidung
Ein solches besonders grobes Missverhältnis lag in dem hier vom Amtsgericht Essen entschiedenen Fall vor: Denn das Amtsgericht bezifferte den objektiven Wert der Türöffnung auf 296,61 €, so dass die Leistung des Wohnungsinhabers – gezahlt wurden 824,55 € – mehr als doppelt so hoch ausfiel, wie die empfangene Gegenleistung.
Seriöser Schlüsseldienst
Zu solch einem Missverhältnis muss es nicht kommen, wenn man bei der Beauftragung auf einen seriösen Schlüsseldienst achtet. Gerade auf schwammige Preisversprechen sollte sich der Kunde nicht einlassen. Besonderen Wert legen seriöse Schlüsseldienste auf Transparenz und bieten für ihre Leistungen Festpreise an. Darüber hinaus können sie eine Preisliste vorlegen. So findet man z.B. im Internet unter www.069er-schluesseldienst.de klare Aussagen zu Öffnungspreise inkl. Anfahrt und möglichem Nachtzuschlag. Außerdem wird der Abzocke in der Branche durch Verbraucherhinweise entgegengewirkt.
Berechnung der Türöffnung
Bei der Bestimmung des objektiven Wertes der hier streitgegenständlichen Türöffnung war dabei die Preisempfehlung des Bundesverbandes Metall (BVM) zugrunde zu legen.
Insoweit verfängt der Einwand des Schlüsseldienst, dass Schlüsselnotdienste diesem Gewerke nicht unterliegen, nicht. Denn bei der Preisempfehlung handelt es sich gerade um Preise für Türöffnungen durch einen Schlüsseldienst.
Auch der Einwand des Schlüsseldienst, dass ein 24 Stunden Notdienst mit höheren Preisen kalkulieren müsse, greift insoweit nicht durch. Denn die Uhrzeit der jeweiligen Türöffnung berücksichtigt bereits die die Preisempfehlung des Bundesverbandes Metall durch ein abgestuftes Vergütungssystem, welches gerade nach Uhrzeiten differenziert. Soweit hierbei keine Unterscheidung zwischen 24 Stunden-Notdiensten und regional agierenden ebenfalls auf Notdienste ausgerichtete Unternehmen vorgenommen wird, erscheint dies dem Amtsgericht richtig, da schlussendlich beide Unternehmen die Aufgabenstellung gleichermaßen erfüllen. Die Nebenleistungen, wie die Bereitstellung des Notdienst-Personals und deren Erreichbarkeit sowie Mobilität fallen für beide Unternehmen gleichermaßen an. Dass für eine Türöffnung erforderliche Werkzeug muss ebenso von beiden bereit gehalten werden.
Bei Zugrundelegung der Preisempfehlung des Bundesverbandes Metall ist für die streitgegenständliche Türöffnung ein Werklohn in Höhe von 296,61 € angemessen. Dieser ergibt sich daraus, dass es sich um eine Türöffnung am Sonntag in Frankfurt geht, für die eine Pauschale in Höhe von 168,00 € als angemessen anzusehen ist. Hinzu kommt ein Zuschlag für die Arbeitszeit von unter ¼ Stunde in Höhe von 42,00 € und Fahrtkosten in Höhe von 36,00 €.
Soweit hier ein neuer Schließzylinder eingebaut wurde sieht die Preisempfehlung hierfür einen angemessenen Betrag von weiteren 36,00 € vor.
Dass hier ein Sicherheitsschloss verbaut worden wäre, für das evtl. ein höherer Preis in Ansatz zu bringen wäre, ergibt sich aus der Rechnung des Schlüsseldienst vom 17.07.2016 nicht. So wurde dies in dem Formular nicht entsprechend angekreuzt, obwohl hierfür eine Möglichkeit bestanden hätte. Insoweit hätte es dem Schlüsseldienst daher oblegen näher darzulegen und unter Beweis zu stellen, dass hier entgegen dem Rechnungsinhalt doch ein Sicherheitsschloss verbaut worden ist.
In Summe ergibt sich daher ein Betrag von 282,00 €. Da sich die in der Preisempfehlung des Bundesverbandes Metall aufgeführten Kosten auf August 2011 beziehen (Datum der Preisempfehlung des BVM), ist den dort zu findenden Werten eine Teuerungsrate aufzuschlagen. Der Verbraucherpreisindex lag im August 2011 bei 102,3 Punkten. Im Juli 2016 (Zeitpunkt der Türöffnung) lag der Verbraucherpreisindex bei 107,6 Punkten.
Daraus folgt, dass die Türöffnung im Juli 2016 insgesamt 296,61 € kosten durfte. (282,00 € ÷ 102,3 × 107,6). Tatsächlich in Rechnung gestellt wurde ein Betrag in Höhe von 824,55 €.
Vor diesem Hintergrund wird daher auch eine verwerfliche Gesinnung des Schlüsseldienst vermutet. Diese Vermutung ist von Seiten des Schlüsseldienst auch nicht widerlegt worden.
Da sich der geschlossene Vertrag demnach als sittenwidrig erweist, ist der Schlüsseldienst jedenfalls zu Rückzahlung des von Wohnungsinhaberseite geltend gemachten Betrages in Höhe von 522,88 € verpflichtet, da er diesen Betrag ohne Rechtsgrund durch Leistung des Wohnungsinhabers erlangt hat.
Amtsgericht Essen, Urteil vom 11. November 2016 – 14 C 162/16
- Palandt-Ellenberger § 138 Rn 34a[↩]