Der Umzug im laufenden Restschuldbefreiungsverfahren

In der Wohlverhaltensperiode ist der Schuldner gemäß § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO verpflichtet, jeden Wechsel der Anschrift, unter der er persönlich und per Post zu erreichen ist, dem Insolvenzgericht und dem Treuhänder unverzüglich mitzuteilen, auch wenn die Wohnsitzgemeinde dieselbe bleibt. Auf den Wohnsitzbegriff des § 7 BGB kommt es nicht an. Ein Schuldner, der in der Wohlverhaltensperiode den Zugang von Auskunftsersuchen des Treuhänders vereitelt, hat die von ihm verlangten Auskünfte nicht erteilt.

Der Umzug im laufenden Restschuldbefreiungsverfahren

Der Wohnsitzbegriff in § 7 BGB meint nicht die Wohnung bzw. konkrete Anschrift meint, sondern die kleinste politische Einheit, in der die Wohnung liegt1. Der Begriff des Wohnsitzes in § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist jedoch nicht im Sinne des § 7 BGB auszulegen. Der Schuldner hat vielmehr jeden Umzug in eine andere Wohnung, auch in derselben Gemeinde, unverzüglich mitzuteilen.

Die Gesetzesbegründung zu § 244 RegE-InsO führt aus, dass die Anzeige jeden Wechsels des Wohnsitzes dem Treuhänder und dem Insolvenzgericht ermöglichen solle, das Verhalten des Schuldners ohne großen eigenen Untersuchungsaufwand zu überwachen und zu überprüfen. Die Anzeige eines jeden Wechsels des Wohnsitzes habe dabei besondere Bedeutung2. Mit der Mitteilungspflicht soll sichergestellt werden, dass der Schuldner für Gericht und Treuhänder jederzeit erreichbar ist3. Deshalb ist es zu Recht völlig herrschende Meinung, dass mit dem Begriff „Wohnsitz“ im Sinne des § 295 Abs. 1 Nr. 3 InsO die konkrete Anschrift gemeint ist4. Entscheidend ist, wo sich der Schuldner tatsächlich aufhält und per Post oder persönlich erreichbar ist.

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Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, dass der Schuldner auch jeden Umzug in eine andere Wohnung in derselben Gemeinde unverzüglich mitzuteilen hatte. Das ist für jeden Schuldner auch unmittelbar einleuchtend.

Es wäre allerdings zweckmäßig, bei entsprechenden Belehrungen des Schuldners die Verpflichtung konkret zu fassen und dazu aufzufordern, jeden Wechsel der Wohnung oder des sonstigen tatsächlichen Aufenthaltsortes unverzüglich mitzuteilen.

Nach § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO rechtfertigt ein Verstoß gegen eine der in § 295 InsO aufgeführten Obliegenheiten die Versagung der Restschuldbefreiung nur, wenn dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt wird. Deren Schlechterstellung muss konkret messbar sein; eine bloße Gefährdung der Befriedigungsaussichten der Insolvenzgläubiger reicht nicht aus5.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. Juni 2010 – IX ZB 153/09

  1. vgl. Palandt/Ellenberger, BGB 69. Aufl. § 7 Rn. 1 m.w.N.[]
  2. BT-Drs. 12/2443 S. 192[]
  3. vgl. AG Hannover ZInsO 2007, 48, 49[]
  4. MünchKomm-InsO/Ehricke, 2. Aufl. § 295 Rn. 77; FK-InsO/Ahrens, 5. Aufl. § 295 Rn. 46; Wenzel in Kübler/ Prütting/Bork, InsO § 295 Rn. 22; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl. § 295 Rn. 15; Uhlenbruck/Vallender, InsO 13. Aufl. § 295 Rn. 45; Graf-Schlicker/Kexel, InsO 2. Aufl. § 295 Rn. 13[]
  5. BGH, Beschlüsse vom 08.02.2007 – IX ZB 88/06, NZI 2007, 297; vom 14.05.2009 – IX ZB 116/08, ZInsO 2009, 1268; vom 08.10.2009 – IX ZB 169/08, ZInsO 2009, 2162, 2163; und vom 21.01.2010 – IX ZB 67/09, ZInsO 2010, 391, 392[]
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