Der Vollstreckungstitel der GbR – und die Namensänderung der Titelgläubigerin

Mit den Anforderungen an den Nachweis der Namensänderung der Titelgläubigerin bei der „Beischreibung“ eines Vollstreckungstitels hatte sich erneut1 der Bundesgerichtshof zu befassen:

Der Vollstreckungstitel der GbR – und die Namensänderung der Titelgläubigerin

Anlass hierfür bot dem Bundesgerichtshof ein Fall aus Berlin: Die Antragstellerin begehrt die Anbringung einer klarstellenden Klausel hinsichtlich der Gläubigerbezeichnung auf einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Schöneberg. Dieser Vollstreckungsbescheid lautete zunächst auf eine Firma I. AG. Später wurde gemäß § 727 ZPO eine Rechtsnachfolgeklausel für die F. GbR erteilt.

Die als F. OHG firmierende nunmehrige Antragstellerin ist seit dem 13.10.2015 in das Handelsregister des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein mit den persönlich haftenden Gesellschaftern He. V. und We. J. eingetragen. Unter dem 10.11.2015 erstellte der Notar eine Bescheinigung gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 2 BNotO. Aus dieser ergibt sich, dass die Gesellschafter der Antragstellerin in ihren Handelsregisteranmeldungen erklärt haben, dass die Gesellschaft in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bereits zuvor bestanden habe, unter der Bezeichnung „V. und J. GbR“ 1995 gegründet worden sei und diese Bezeichnung später in „We. J. u.a. GbR“ und dann in „F. – V. und J. GbR“ geändert worden sei. In einer notariellen Urkunde vom 15.07.2016 erklärt der Gesellschafter J. im eigenen und auch im Namen des Mitgesellschafters V., die Antragstellerin sei bereits im Jahr 1995 als Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung „F. – V. und J. GbR“ gegründet worden und sodann unter – in der Urkunde im Einzelnen genannten – elf weiteren Bezeichnungen, darunter auch der Bezeichnung „F. GbR“, aufgetreten. Er erklärt ferner, dass die Gesellschafter V. und J. keine weiteren Gesellschaften gegründet oder geführt hätten und lediglich die ursprünglich als „F. – V. und J. GbR“ gegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts diese Bezeichnungen geführt habe.

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Die Antragstellerin hat – anwaltlich vertreten – beim Amtsgericht Schöneberg die Anbringung einer klarstellenden Klausel bezüglich der Gläubigerbezeichnung auf dem oben genannten Titel beantragt, da sie mit der Titelgläubigerin, der F. GbR, identisch sei. Das Amtsgericht Schöneberg hat den Antrag zurückgewiesen2. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist beim Landgericht Berlin erfolglos geblieben3. Mit der vom Landgericht in seiner Beschwerdeentscheidung zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Antragstellerin weiterhin, die der F. GbR am 11.03.2013 erteilte vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids dahingehend klarstellend zu ergänzen, dass die Antragstellerin Gläubigerin sei, hilfsweise, den Vollstreckungsbescheid nach § 727 Abs. 1 ZPO durch Rechtsnachfolgeklausel auf die Antragstellerin umzuschreiben, scheitert nun aber auch vor dem Bundesgerichtshof, der die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückweist:

Zutreffend nimmt das Landgericht Berlin an, ein in einem Titel bezeichneter Gläubiger könne bei identitätswahrender Änderung seiner Bezeichnung beim Klauselerteilungsorgan beantragen, dass sein neuer Name auf dem Titel vermerkt wird (sogenannte Beischreibung). Zwar ist eine solche Beischreibung verzichtbar, wenn die Identität des Vollstreckungsgläubigers mit der im Titel bezeichneten Person für das Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden zweifelsfrei nachgewiesen wird. Jedoch können die Vollstreckungsorgane mit der Prüfung der Identität der betreffenden Person überfordert sein, so dass der Beginn der Vollstreckung (§ 750 Abs. 1 ZPO) gefährdet sein könnte; dieser Gefahr kann ein Gläubiger durch eine Beischreibung seines neuen Namens auf dem Titel vorbeugen4.

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Ebenfalls zutreffend geht das Landgericht Berlin davon aus, dass die kraft Gesetzes eintretende Umwandlung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine offene Handelsgesellschaft eine solche identitätswahrende Umwandlung darstellt, bei der die Beischreibung der Firma der offenen Handelsgesellschaft auf der bereits erteilten Vollstreckungsklausel möglich ist.

Das Landgericht Berlin nimmt weiter zu Recht an, Voraussetzung für eine solche Beischreibung sei der Nachweis, dass die antragstellende offene Handelsgesellschaft mit der im Titel – hier in der Rechtsnachfolgeklausel – genannten Gesellschaft bürgerlichen Rechts identisch ist.

Das Landgericht Berlin hat den Nachweis als nicht geführt angesehen. Der Bundesgerichtshof als Rechtsbeschwerdegericht ist an diese Feststellung grundsätzlich gebunden, § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 2 ZPO. Es überprüft sie auf eine entsprechende Verfahrensrüge nur darauf, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und etwaigen Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt. Die hierzu erhobenen Rügen greifen nicht durch.

Dem Landgericht Berlin hat die Notarbescheinigung vom 10.11.2015 in Verbindung mit der Anmeldung zum Handelsregister zum Nachweis der Identität ebenso wenig genügt wie die Namensgleichheit bis auf den Zusatz GbR beziehungsweise OHG. Hiergegen werden zu Recht keine Rügen erhoben. Auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17.05.20175, der dieselbe Antragstellerin betrifft, wird verwiesen.

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Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht Berlin den zweifelsfreien Nachweis der Identität auch nicht unter Berücksichtigung der notariellen Urkunde vom 15.07.2016 als erbracht angesehen.

Die Antragstellerin rügt erfolglos, das Landgericht Berlin überspanne die Anforderungen, die an den Nachweis einer Personenidentität gestellt werden dürften, weil es verkenne, dass es für die Frage, ob die Gesellschafter eine oder mehrere Gesellschaften gegründet haben, allein auf den Willen der Gesellschafter ankomme, so dass nur diese ihn – wie in der Urkunde vom 15.07.2016 geschehen – bestätigen könnten.

Zwar ist selbst der Nachweis einer Rechtsnachfolge gemäß § 727 ZPO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden bereits dann geführt, wenn aufgrund der Beweiskraft dieser Urkunden mit dem Eintritt der nachzuweisenden Tatsache dem gewöhnlichen Geschehensablauf nach gerechnet werden kann6. Dieser Grundsatz gilt in gleicher Weise, wenn keine Rechtsnachfolge festzustellen ist, sondern der Vermerk einer Namensänderung beantragt wird und diese nachzuweisen ist. Deshalb ist es in Fällen der identitätswahrenden Umwandlung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine offene Handelsgesellschaft nicht von vornherein ausgeschlossen, auch Erklärungen der Gesellschafter zu berücksichtigen.

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin steht jedoch mit diesem Grundsatz in Einklang. Es hat festgestellt, dass es unter Berücksichtigung aller Umstände des Streitfalls an den Voraussetzungen für die Annahme fehlt, von der Identität der Gesellschaften könne nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf ausgegangen werden. Dabei hat es – wie geboten – alle, auch die besonderen, Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die festgestellten – unterschiedlichen – Erklärungen der Gesellschafter, für die es zudem nachvollziehbare Erläuterungen vermisst hat, rechtsfehlerfrei gewürdigt.

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Das Landgericht Berlin hat nicht verkannt, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch ohne Gesellschafterbeschlüsse verschiedene Bezeichnungen führen könne, da sie keine Firma habe. Ersichtlich hat das Landgericht Berlin mit „Firma“ den Namen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemeint und Gesellschafterbeschlüsse deshalb erwähnt, weil sich aus ihnen möglicherweise eine Plausibilität der Vielzahl der Bezeichnungen mit der Folge einer Ableitung der Identität bis hin zur offenen Handelsgesellschaft hätte ergeben können. Deshalb musste es auch nicht darauf eingehen, dass sich in der Urkunde vom 15.07.2016 die Erklärungen der Gesellschafter der Antragstellerin auch in der Form eines Gesellschafterbeschlusses der Antragstellerin finden. Die Relevanz dieses Umstands ist nicht ersichtlich.

Auch musste das Landgericht Berlin die Tatsache, dass die Antragstellerin über die der F. GbR erteilte vollstreckbare Ausfertigung verfügt, nicht als starkes Indiz für die Identität der Gesellschaften werten. Vielmehr schließt im Gegenteil der von der Antragstellerin selbst behauptete Umstand, dass beide Gesellschaften von denselben alleinigen Gesellschaftern vertreten wurden oder werden, es aus, aus den Besitzverhältnissen etwas für die Zuordnung zu einem bestimmten Gesellschaftsvermögen abzuleiten. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass dieselben Gesellschafter in ihrer Anmeldung der F. OHG zum Handelsregister ausweislich der vom Landgericht Berlin in Bezug genommenen Notarbescheinigung vom 10.11.2015 zudem zum Gesellschaftsvermögen der F. OHG ausdrücklich erklärt haben: „Bisher wurden die Geschäfte in der Rechtsform der bisher bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit dem Namen „F. V. und J. GbR“, Sitz: H, geführt, bestehend aus dem und dem Gesellschafter Herrn He. V. und dem GEsellschafter Herrn We. J. Diese Gesellschaft hat folgende wesentliche Aktiva: Sie ist Inhaberin von titulierten Geldforderungen, bezüglich derer auch auf die Gesellschaft, und zwar unter den Bezeichnungen „V. und J. GbR“, „We. J. u.a. GbR“ und „F. – V. und J. GbR“, als Gläubigerin lautende Vollstreckungsbescheide ausgestellt sind. Alle Rechte hieran und hierauf stehen der Gesellschaft künftig in der Rechtsform der OHG und unter deren Firma „F. OHG“, Sitz: Ha., zu.“ Vollstreckungsbescheide, die auf die „F. GbR“ als Gläubigerin lauten, sind hier gerade nicht enthalten.

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Die erstmals in der Rechtsbeschwerdebegründung ausdrücklich – hilfsweise – beantragte Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO kommt nicht in Betracht. Der Antrag der anwaltlich vertretenen Antragstellerin lautete in den Tatsacheninstanzen ausschließlich auf die Beischreibung ihrer behaupteten Namensänderung auf dem Titel. Dieser Antrag kann auch nicht dahin ausgelegt werden, dass hilfsweise eine qualifizierte Vollstreckungsklausel gemäß § 727 ZPO beantragt worden ist. Die notarielle Urkunde vom 15.07.2016 ist von dem Rechtsanwalt der Antragstellerin ohne weiteren Kommentar vorgelegt worden. Nachdem das Amtsgericht den „Antrag … auf Anbringung einer klarstellenden Klausel bezüglich der Gläubigerbezeichnung …“ zurückgewiesen hatte, hat der Verfahrensbevollmächtigte hiergegen „sofortige Beschwerde“ eingelegt, ohne einen neuen Antrag zu stellen oder zu rügen, das Amtsgericht hätte (jedenfalls) eine Rechtsnachfolge feststellen müssen. Vielmehr hat er die Beschwerde ausschließlich wie folgt begründet: „Die Identität zwischen ‚F. OHG‘ und ‚F. GBR‘ ergibt sich aus der dem Gericht bereits vorgelegten notariellen Urkunde vom 15.07.16.“

Damit bestand auch für das Landgericht Berlin kein Anlass, einen stillschweigend gestellten Hilfsantrag auf Erteilung einer Rechtsnachfolge anzunehmen und zu bescheiden. Die Tatsache, dass in der notariellen Urkunde vom 15.07.2016 auch von einer „vorsorglichen Übertragung von Forderungen“ die Rede ist, ändert daran nichts. Denn bei dem Begehren auf Anbringung einer klarstellenden Klausel bezüglich der Gläubigerbezeichnung und dem Begehren, eine Rechtsnachfolgeklausel gemäß § 727 ZPO zu erteilen, handelt es sich um unterschiedliche Rechtsschutzziele.

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Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13. Januar 2021 – VII ZB 30/18

  1. Fortführung von BGH, Beschluss vom 30.08.2017 – VII ZB 23/14, MDR 2017, 1206; Beschluss vom 22.05.2019 – VII ZB 87/17, MDR 2019, 959[]
  2. AG Schöneberg, Beschluss vom 20.09.2017 – 28 B 3661/86[]
  3. LG Berlin, Beschluss vom 12.04.2018 – 54 T 14/17[]
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 17.05.2017 – VII ZB 64/16 Rn. 9 m.w.N., MDR 2017, 905[]
  5. BGH, Beschluss vom 17.05.2017 – VII ZB 64/16, Rn. 10-12, MDR 2017, 905[]
  6. vgl. BGH, Beschluss vom 30.08.2017 – VII ZB 23/14 Rn. 15, MDR 2017, 1206; Beschluss vom 22.05.2019 – VII ZB 87/17 Rn. 28, MDR 2019, 959[]