Der Widerstand gegen eine Festnahme und das Schmerzensgeld

Wird eine Person unter Beteiligung von 7 Polizeibeamten festgenommen, begründet allein ein Kneifen in den Oberschenkel eines Polizisten keinen Schmerzensgeldanspruch. Diese Verletzungshandlung liegt unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze. Genauso wenig löst eine Beleidigung einen Schmerzensgeldanspruch aus, wenn sich der Festgenommene in der Festnahmesituation insgesamt 7 Polizeibeamten gegenübersieht, wodurch nicht ein bestimmter Polizist persönlich herabgewürdigt wird, so dass nicht von einer erheblichen Persönlichkeitsverletzung ausgegangen werden kann.

Der Widerstand gegen eine Festnahme und das Schmerzensgeld

Mit dieser Begründung hat das Amtsgericht Hannover in dem hier vorliegenden Fall die Schmerzensgeldklage eines Polizisten abgewiesen. Der Kläger hatte geltend gemacht, am 21.6.2012 gegen 23.40 Uhr bei einer Festnahme durch den Festgenommenen an Ellenbogen und Unterarm Schürfwunden, sowie im Bereich von Oberschenkel und Hals Schmerzen erlitten zu haben. Der Beklagte habe wegen Besitzes von Marihuana zur Wache gebracht werden sollen, worauf dieser aggressiv geworden sei. Der Beklagte habe in dieser Situation versucht, sich eine Zigarette anzuzünden, was ein weiterer Polizist ihm untersagt habe. Nun sei dem Beklagten die Zigarette aus dem Mund geschlagen worden, worauf dieser aufgesprungen sei und zu einem Schlag ausgeholt habe. Der Kläger habe nun den Beklagten von hinten ergriffen und ihn zu Boden gebracht. Der Beklagte habe herumgezappelt und in Richtung des Klägers geschlagen, es seien mehrere Kniestöße gegen die Arme des Beklagten erforderlich geworden. Als dem Beklagten Handschellen angelegt werden sollten, habe er die Arme nach vorne bringen wollen und kraftvoll in den Oberschenkel des Klägers gegriffen. Der Beklagte habe erst nach 2 Schlägen ins Gesicht den Angriff beendet. Danach habe der Beklagte noch mehrfach gegen das Bein des Klägers getreten und diesen mit den Worten „Ficker“ und „Hurensohn“ beleidigt.

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Der Beklagte hat bestritten, dass ihm das Rauchen zuvor untersagt worden sei, vielmehr sei ihm plötzlich und unvermittelt die Zigarette aus dem Mund geschlagen worden, woraufhin er den Arm gehoben habe, um sich zu schützen. Als er zu Boden gebracht worden sei, habe er keine Luft mehr bekommen, so dass er dagegen an „gestrampelt“ habe.

An der Festnahme des Beklagten waren insgesamt 7 Polizeibeamte beteiligt. Der Beklagte erlitt durch die Festnahme eine Schädelprellung, eine Gehirnerschütterung, Orbitahämatome beidseitig, Schürfwunden und Prellungen der Bauchdecke, der oberen und unteren Extremitäten, eine Gastralgie und einen schweren psychischen Schock erlitt. Nachdem der Beklagte schließlich auf der Polizeiwache ärztlich untersucht wurde, wurde er von einem Arzt ins Krankenhaus überwiesen.

In seiner Entscheidung hat das Amtsgericht Hannover ausgeführt, dass es in der Beweisaufnahme keinerlei körperlichen Angriff des Beklagten feststellen konnte, der den Einsatz von Gewalt der Polizeibeamten gerechtfertigt hätte. Es konnte lediglich ein Kneifen in den Oberschenkel des Klägers festgestellt werden. Diese Verletzungshandlung liegt aber unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze. Die Zeugen konnten sich nur an verbalaggressives Verhalten des Beklagten, nicht aber an einen körperlichen Angriff auf den Kläger oder einen seiner Kollegen erinnern. Auch in einem polizeilichen Vermerk vom 9.7.2012 im Ermittlungsverfahren ist nur von „verbalaggressiven Verhalten des Beklagten und einem Heben der Arme“ die Rede. Die Freunde des Beklagten hatten nicht in die Festnahmesituation eingegriffen, konnten aber bekunden, dass der Beklagte nach seinem Aufenthalt im Krankenhaus „ein völlig zugeschwollenes Gesicht gehabt und erhebliche Verletzungen aufgewiesen habe“.

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Die Beleidigung löst angesichts der Gesamtumstände auch keinen Schmerzensgeldanspruch aus, in der Festnahmesituation sah sich der Beklagte insgesamt 7 Polizeibeamten gegenüber, hier wurde zur Überzeugung des Amtsgerichts nicht der Kläger persönlich herabgewürdigt, so dass nicht von einer erheblichen Persönlichkeitsverletzung ausgegangen werden kann.

Amtsgericht Hannover, Urteil vom 28. März 2014 – 529 C 7984/13

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