Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bleibt ein Rechtsanwalt auch bei solchen Fristen, die er nicht selbst zu berechnen hat, verpflichtet, durch allgemeine Anweisungen sicherzustellen, dass sein Büropersonal nicht eigenmächtig im Fristenkalender eingetragene Fristen ändert oder löscht.

Dies gilt insbesondere dann, wenn eine außergewöhnliche Verfahrensgestaltung Anlass zur Prüfung gibt, ob die bereits eingetragenen Fristen maßgeblich bleiben oder nicht1.
Gegen diese Sorgfaltspflicht hat in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall der Prozessbevollmächtigte des Beklagten verstoßen: In dem vom Personal des Prozessbevollmächtigten angenommenen Geschehensablauf lag eine außergewöhnliche Verfahrensgestaltung, die besonderen Anlass zur Prüfung gab, ob die bereits eingetragenen Fristen maßgeblich bleiben oder nicht. Denn es widerspricht der gängigen Gerichtspraxis, dass eine bereits verlängerte Berufungsbegründungsfrist wenige Tage nach ihrer Verlängerung ohne Antrag um lediglich drei weitere Tage erneut verlängert wird. Nach Darstellung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten hat die Rechtsanwaltsfachangestellte S. dennoch der zunächst richtig notierten verlängerten Berufungsbegründungsfrist nebst Vorfrist eine neue falsche Berufungsbegründungsfrist nebst Vorfrist hinzugefügt; in der Folge hat sich die Büroangestellte D. ohne weitere Prüfung auf die falsch eingetragene neue Frist verlassen und die richtige Frist nebst Vorfrist eigenmächtig gelöscht. Dass sie dadurch gegen eine in der Kanzlei bestehende organisatorische Anweisung verstoßen hätte, wonach Fristen nicht eigenmächtig abgeändert werden dürfen, insbesondere bei einer außergewöhnlichen Verfahrensgestaltung vor der Änderung der Frist mit dem Rechtsanwalt Rücksprache zu nehmen ist, ergibt sich aus dem Wiedereinsetzungsvorbringen nicht. Das Fehlen einer solchen allgemeinen Anweisung begründet das Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten2.
- vgl. BGH, Urteil vom 27.09.1989 – IVb ZB 73/89, VersR 1989, 1316; Beschluss vom 17.04.1991 – XII ZB 40/91, VersR 1991, 1309, 1310; Beschluss vom 08.02.1996 – IX ZB 95/95, NJW 1996, 1349, 1350; Beschluss vom 08.03.2004 – II ZB 21/03, NJOZ 2004, 1185, 1187; Beschluss vom 20.09.2007 – I ZB 108/05, AnwBl 2007, 869 Rn. 5[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2007 – I ZB 108/05, AnwBl 2007, 869 Rn. 5[↩]