Bestellt ist der Prozessbevollmächtigte bzw. – in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit – der Verfahrensbevollmächtigte, wenn er selbst oder die Partei bzw. der Beteiligte die Vollmacht dem Gericht oder im Falle der Parteizustellung dem Gegner formlos, auch durch schlüssiges Handeln, mitgeteilt hat1.

Für eine Bestellung genügte es im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall einer Zurückweisungshaft nicht, dass sich der Verfahrensbevollmächtigte im Zusammenhang mit der Einlegung der Beschwerde gegen den Haftanordnungsbeschluss für den Betroffenen bestellt hatte. Insoweit handelte es sich nämlich um ein eigenständiges Verfahren, das mit dem hier in Rede stehenden Verfahren nicht identisch ist. Beide Verfahren betreffen einen unterschiedlichen Gegenstand und wurden auch vor unterschiedlichen Gerichten in jeweils gesonderten Akten geführt2. Denn der Haftrichter, der über die Verlängerung der Haft entscheidet, prüft in den Fällen, in denen ein anderes Gericht die Haft erstmalig angeordnet hat, nicht zugleich, ob die Haft überhaupt angeordnet werden durfte. Vielmehr bleibt das Gericht, das die ursprüngliche Haftanordnung erlassen hat, für die Entscheidung über die Aussetzung oder Aufhebung dieser Haft gemäß § 424 oder § 426 FamFG so lange zuständig, bis es gemäß § 106 Abs. 2 Satz 2 AufenthG die Sache an das Gericht des Haftortes abgegeben hat3.
Ob sich die von dem Verfahrensbevollmächtigten in dem Verfahren vor dem zunächst zuständigen Amtsgericht vorgelegte Vollmacht auf die gesamte Haft einschließlich einer Verlängerung der Haft bezog, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn dies zu Gunsten des Betroffenen unterstellt wird, hatte das Amtsgericht Mühldorf am Inn im Zeitpunkt der Aushändigung des Beschlusses vom 11.05.2017 von der Vollmacht keine Kenntnis. Der Abgabebeschluss des Amtsgerichts Lindau, an das das Amtsgericht Kempten das Verfahren durch Beschluss vom 18.04.2017 abgegeben hatte, ist erst am 11.05.2017 ergangen, so dass die Akten, die die Vollmacht enthielten, dem Amtsgericht Mühldorf am Inn am Tag der Aushändigung des Beschlusses vom 11.05.2017 noch nicht vorlagen. In dem Haftantrag der beteiligten Behörde vom 08.05.2017 wurde die Bevollmächtigung nicht erwähnt, weil die Behörde nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts von der Bevollmächtigung nicht in Kenntnis gesetzt wurde.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 3. Mai 2018 – V ZB 230/17
- vgl. BGH, Beschluss vom 01.12 2011 – V ZB 73/11, FGPrax 2012, 83 Rn. 10; MünchKomm-ZPO/Häublein, 5. Aufl., § 172 Rn. 5; BeckOK ZPO/Dörndorfer, 27. Ed. [1.12.2017], § 172 Rn. 4; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 172 Rn. 6[↩]
- vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Beschluss vom 01.12 2011 – V ZB 73/11, FGPrax 2012, 83 Rn. 10[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 02.03.2017 – V ZB 122/15, InfAuslR 2017, 293 Rn. 13[↩]