Steht eine Doppelstockgarage in einer Wohnungseigentumsanlage im Bruchteilssondereigentum mehrerer Personen, können die Bruchteilseigentümer die Nutzung der einzelnen Stellplätze gemäß § 745 Abs. 1, § 1010 BGB regeln; zulässig ist aber auch eine Zuweisung der Stellplätze mittels Gebrauchsregelung durch Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer gemäß § 15 Abs. 1 WEG.

Streitigkeiten zwischen Bruchteilssondereigentümern über die Benutzung der Stellplätze sind unabhängig von der Rechtsgrundlage der Benutzungsregelung stets Wohnungseigentumssachen im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG.
Zu den Wohnungseigentumssachen gehören gemäß § 43 Nr. 1 WEG unter anderem Streitigkeiten über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander; diese Bestimmung ist weit auszulegen1. Ausschlaggebend für die Zuständigkeit des Gerichts ist nicht die jeweilige Rechtsgrundlage, aus der die Ansprüche hergeleitet werden, sondern allein der Umstand, ob das von einem Wohnungseigentümer in Anspruch genommene Recht oder die ihn treffende Pflicht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit steht, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen ist2.
Daran gemessen ist der Rechtsstreit als Wohnungseigentumssache im Sinne von § 43 Nr. 1 WEG einzuordnen.
Streitigkeiten, die die internen Rechtsbeziehungen von Bruchteilssondereigentümern betreffen, sind allerdings im Grundsatz keine Wohnungseigentumssachen3. Denn weder bilden die Bruchteilseigentümer eine Wohnungseigentümergemeinschaft noch sind deren Binnenbeziehungen Gegenstand des Gemeinschaftsverhältnisses der Wohnungseigentümer. Maßgeblich ist nicht das Wohnungseigentums, sondern das allgemeine Zivilrecht. Daher sind die allgemeinen Zivilgerichte zuständig, wenn Wohnungseigentum im Bruchteilseigentum mehrerer Personen steht und deren Rechtsbeziehungen untereinander Gegenstand eines Rechtsstreits sind.
Eine Ausnahme bilden jedoch die internen Beziehungen von Bruchteilseigentümern, in deren Teileigentum eine Doppelstockgarage (bzw. ein Mehrfachparker) steht.
In dieser Fallgestaltung kommt die Zuweisung fester Stellplätze an die Miteigentümer auf der Grundlage von Sondernutzungsrechten im Sinne von § 5 Abs. 4 Satz 2 WEG nicht in Betracht4, weil Sondernutzungsrechte nur an gemeinschaftlichem Eigentum bestehen können5. Vielmehr bedarf es einer internen Nutzungsregelung zwischen den Bruchteilseigentümern6.
Eine solche auf Dauer angelegte Benutzungsregelung können Bruchteilseigentümer gemäß § 745 Abs. 1 BGB treffen; in den Grenzen des § 745 Abs. 3 BGB können sie die Nutzung ihres Eigentums ganz oder in Teilen einem einzelnen Teilhaber überlassen7. Gemäß § 1010 BGB bedarf eine solche Regelung allerdings der Eintragung in das Grundbuch, wenn sie auch gegenüber Sondernachfolgern wirken soll. Nach verbreiteter Ansicht, der das Landgericht Wiesbaden folgt8, ist als weitere Gestaltungsmöglichkeit eine Gebrauchsregelung durch Vereinbarung aller Wohnungs- und Teileigentümer gemäß § 15 Abs. 1 WEG zulässig9. Zuständig seien insoweit die Wohnungseigentumsgerichte10. Andere halten derartige Gebrauchsregelungen für unzulässig11.
Der Bundesgerichtshof sieht die – seit geraumer Zeit üblichen und von den Grundbuchämtern gebilligten – Gebrauchsregelungen gemäß § 15 Abs. 1 WEG, die die Benutzung von Mehrfachparkern betreffen, als zulässig an. Dagegen spricht allerdings, dass die Binnenbeziehung von Bruchteilseigentümern – wie ausgeführt – im Grundsatz keinen Gemeinschaftsbezug aufweist. Zu berücksichtigen ist aber, dass die Eigentümer von Mehrfachparkern – anders als Bruchteilseigentümer von Wohnungseigentum – typischerweise nicht in einer persönlichen Verbindung zueinander stehen, sondern eine zufällige Gemeinschaft bilden. Dauerhafte und klare Nutzungsregelungen, die eine Einigung der Bruchteilseigentümer untereinander entbehrlich machen, dienen daher dem Frieden in der Gemeinschaft; hierin ist ein noch ausreichender Gemeinschaftsbezug zu sehen12. Weil sowohl eine Benutzungsregelung nach § 745 BGB als auch eine Gebrauchsregelung nach § 15 Abs. 1 WEG zulässig ist, kann dahinstehen, ob und ggf. welche Vor- und Nachteile diese Gestaltungswege jeweils aufweisen.
Für die Einordnung des Rechtsstreits als Wohnungseigentumssache gemäß § 43 Nr. 1 WEG ist es unerheblich, ob die Feststellungen tatsächlich den Schluss erlauben, dass hier eine Gebrauchsregelung gemäß § 15 Abs. 1 WEG besteht oder ob vielmehr – wie das Amtsgericht gemeint hat – eine Benutzungsregelung gemäß § 745 Abs. 2 BGB zu treffen ist. Denn die Zuständigkeit des Zivil- oder des Wohnungseigentumsgerichts darf aus Gründen der Rechtswegklarheit nicht von der konkreten Ausgestaltung der Benutzungsregelung abhängen. Andernfalls würde der Rechtsschutz erschwert, wenn – wie hier – das Gericht erster Instanz eine Benutzungsregelung gemäß § 745 Abs. 2 BGB trifft, während das Landgericht Wiesbaden von dem Vorliegen einer Gebrauchsregelung gemäß § 15 WEG ausgeht und infolgedessen die Wohnungseigentumsgerichte für zuständig hält.
Obwohl nach alledem im vorliegenden Fall das Landgericht Frankfurt am Main zuständiges Berufungsgericht ist, hat das Landgericht Wiesbaden durch die Verwerfung der Berufung als unzulässig8 den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Berufungsfrist in Ausnahmefällen auch durch Anrufung des funktionell unzuständigen Berufungsgerichts gewahrt und der Rechtsstreit entsprechend § 281 ZPO an das zuständige Gericht verwiesen werden. So verhält es sich, wenn die Frage, ob eine Streitigkeit im Sinne von § 43 Nr. 1 bis 4 und Nr. 6 WEG vorliegt, für bestimmte Fallgruppen noch nicht höchstrichterlich geklärt ist und man über deren Beantwortung – wie hier – mit guten Gründen unterschiedlicher Auffassung sein kann13. Aus diesem Grund hätte das Landgericht Wiesbaden gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO darauf hinwirken müssen, dass die Beklagten einen Antrag auf Verweisung an das zuständige Landgericht Frankfurt am Main in entsprechender Anwendung von § 281 ZPO stellen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Februar 2014 – V ZB 116/13
- BGH, Beschlüsse vom 10.12 2009 – V ZB 67/09, ZfIR 2010, 187 Rn. 7; und vom 08.07.2010 – V ZB 220/09, NJW 2011, 384 Rn. 7[↩]
- BGH, Urteil vom 30.06.1995 – V ZR 118/94, BGHZ 130, 159, 165[↩]
- BayObLG, NJW-RR 1995, 588, 589; Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 43 Rn. 65; Suilmann in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 43 Rn. 25; Staudinger/Rapp, BGB [2005], § 5 WEG Rn. 14; Reichel-Scherer, in: jurisPK-BGB, 6. Aufl., § 43 WEG Rn. 34; Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 43 Rn. 15; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 3. Aufl., § 43 Rn. 10[↩]
- so aber wohl Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rn. 2836; Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 13 Rn. 113; Langhein, Notar 2012, 290[↩]
- vgl. BT-Drs. 16/887, S. 16[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 10.05.2012 – V ZB 279/11, NJW-RR 2012, 1157 Rn. 12[↩]
- vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 20.10.2008 – II ZR 246/07, NJW 2009, 1270, 1271 mwN[↩]
- LG Wiesbaden, Beschluss vom 04.07.2013 – 7 S 8/13[↩][↩]
- BayObLGZ 1994, 195 ff.; OLG Frankfurt, NZM 2001, 527; OLG Jena, ZWE 2000, 232 f.; OLG Nürnberg, ZWE 2011, 419, 420; Demharter, GBO, 29. Aufl., Anhang zu § 3 Rn. 31; Schultzky in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 15 Rn. 64; Frank, MittBayNot 1994, 512, 513; Schneider, Rpfleger 1998, 9, 12 f.; v. Oefele, MittBayNot 2000, 441 f.; Schmidt, ZWE 2000, 207 f.[↩]
- so BayObLGZ 1994, 195, 199; OLG Frankfurt, NZM 2001, 527[↩]
- Palandt/Bassenge, BGB, 73. Aufl., § 15 WEG Rn. 1; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 15 Rn. 1; Hügel, NZM 2004, 766 ff.; Schöner, Rpfleger 1997, 416 ff.; Basty, Rpfleger 2001, 169 ff.[↩]
- Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 3. Aufl., § 15 Rn. 8[↩]
- näher BGH, Beschluss vom 10.12 2009 – V ZB 67/09, ZfIR 2010, 187 Rn. 9 ff.[↩]