Die Entschädigung eines Freigesprochenen

Ist nach einem Freispruch die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung festgestellt worden, besteht ein Anspruch wegen des Zinsschadens für ein Darlehen zur Kautionszahlung. Außerdem kann ein entgangener Gewinn für eine Arbeitsstelle, die nicht angetreten werden konnte, geltend gemacht werden. Ersparte Aufwendungen während der Untersuchungshaft sind dagegen anzurechnen.

Die Entschädigung eines Freigesprochenen

Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Braunschweig in dem hier vorliegenden Fall das Land Niedersachsen zur Zahlung von Entschädigungsleistungen in Höhe von rund 1,2 Mio. Euro verurteilt. Damit ist die Entscheidung des Landgerichts Braunschweig1 im Wesentlichen bestätigt worden. Geklagt hatte ein Arzt, der im sogenannten Göttinger Transplantationsprozess circa 11 Monate in Untersuchungshaft verbracht hatte, bevor der Haftbefehl gegen Zahlung einer Kaution in Höhe von 500.000,- € außer Vollzug gesetzt wurde. Am Ende war der Arzt freigesprochen und die Verpflichtung der Staatskasse zur Entschädigung festgestellt worden. Nachdem das Landgericht Braunschweig das Land Niedersachsen nach einer Beweisaufnahme zur Leistung von 1.167.899,19 € verurteilt hatte, ist dagegen Berufung eingelegt worden.

In seiner Urteilsbegründung hat das Oberlandesgericht Braunschweig ausgeführt, dass der Arzt einen Anspruch habe in Höhe von 80.000 € wegen des Zinsschadens für ein Darlehen, das er benötigt habe, um die Kaution für die Außervollzugsetzung des Untersuchungshaftbefehls zu erbringen. Außerdem könne er vom Land Niedersachsen auch entgangenen Gewinn verlangen, weil er wegen der Untersuchungshaft eine Stelle in einem Krankenhaus in Jordanien mit einem monatlichen Gehalt von 50.000 USD nicht habe antreten können. Dieser Posten machte mit circa 1,1 Mio. Euro den größten Teil der Klage aus.

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Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Braunschweig habe es nicht die Beweisaufnahme wiederholen müssen, weil das Berufungsgericht, hier also das Oberlandesgericht, grundsätzlich an die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden sei, wenn keine Fehler in der Beweisaufnahme oder Beweiswürdigung vorlägen. Dies sei hier der Fall.

Darüber hinaus müsse der Arzt sich lediglich ersparte Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung während der Untersuchungshaft in Höhe von 3.400 € anrechnen lassen.

Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 28. Oktober 2020 – 11 U 149/19

  1. LG Braunschweig, Urteil vom 13.09.2019 – 7 O 3677/18[]

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