Die rechtskräftige Entscheidung, mit der die Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags festgestellt wird, hat präjudizielle Bedeutung für die Entscheidung über die Berichtigung des Grundbuchs wegen Erlöschens des durch Vormerkung gesicherten Anspruchs aus diesem Vertrag; mit Rechtskraft des Feststellungsurteils steht fest, dass die Auflassungsvormerkung nicht entstanden und das Grundbuch hinsichtlich deren Eintragung unrichtig ist.

Ist in einem Vorprozess eine Klage auf Bewilligung der Löschung einer Auflassungsvormerkung im Wege der Grundbuchberichtigung rechtskräftig abgewiesen worden, ist ein mit dem Klageantrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags verbundener erneuter Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich der Vormerkung nur dann zulässig, wenn die Klageanträge dergestalt in ein Eventualverhältnis gestellt werden, dass der auf Grundbuchberichtigung gerichtete Antrag nur hilfsweise für den Fall gestellt wird, dass der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags Erfolg hat.
Gemäß § 322 Abs. 1 ZPO sind Urteile der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. Maßgeblich ist der jeweilige Streitgegenstand, der durch den Klageantrag und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt wird, aus dem der Grundstücksverkäufer die begehrte Rechtsfolge herleitet1.
Im hier entschiedenen Fall bedeutet dies: In keinem der Vorprozesse wurde der Anspruch des Grundstücksverkäufers auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags rechtskräftig aberkannt. Aus der Abweisung der Klage in dem ersten Vorprozess ist nur in Rechtskraft erwachsen, dass der Grundstücksverkäufer keinen Anspruch gegen den Grundstückskäufer auf Bewilligung der Löschung der Vormerkung hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erwächst in Rechtskraft die in dem Urteil ausgesprochene Rechtsfolge, d.h. nur der vom Gericht aus dem vorgetragenen Sachverhalt gezogene Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der beanspruchten Rechtsfolge, nicht aber die Feststellung der zugrundeliegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse oder sonstigen Vorfragen, aus denen der Richter seinen Schluss gezogen hat2. Zu deren abschließender Klärung steht den Parteien die nicht an ein besonderes Feststellungsinteresse anknüpfende Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) und im Übrigen die Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO) offen3. Der Grundstücksverkäufer ist deshalb nicht gehindert, Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags zu erheben und diese auf die Schwarzgeldabrede zu stützen. Aus der Verurteilung des Grundstücksverkäufers in dem zweiten Vorprozess ist nur in Rechtskraft erwachsen, dass der Grundstückskäufer einen Anspruch auf Zahlung von 50.000 € hat. Die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags vom 18.02.2014 betrifft einen anderen Streitgegenstand als der von dem Grundstückskäufer in dem zweiten Vorprozess geltend gemachte Zahlungsanspruch.
Mit dem Einwand, über den beurkundeten Kaufpreis hinaus sei jedenfalls ein weiterer Betrag von 50.000 € vereinbart, ist der Grundstücksverkäufer auch nicht präkludiert.
Im Ausgangspunkt trifft es allerdings zu, dass eine rechtskräftige Entscheidung in einem Vorprozess zwischen den Parteien zu einer Tatsachenpräklusion in einem Folgeprozess führen kann. Zwar erwachsen die tatsächlichen Feststellungen in einem Urteil nicht in Rechtskraft. Andererseits darf die Rechtskraft der Entscheidung über den im Vorprozess erhobenen Anspruch aber nicht mit dem Vorbringen ausgehöhlt werden, das rechtskräftige Urteil gründe sich auf unrichtige tatsächliche Feststellungen. Hat ein Gericht den Streitgegenstand eines rechtskräftig entschiedenen Vorprozesses erneut zu prüfen, hat es deshalb seinem Urteil den Inhalt dieser Entscheidung zugrunde zu legen. Mit Vortrag zu Tatsachen, die im maßgebenden Zeitpunkt des Vorprozesses schon vorhanden waren und darauf gerichtet sind, das kontradiktorische Gegenteil der im Vorprozess festgestellten Rechtsfolge auszusprechen, sind die Parteien insoweit ausgeschlossen, als sie bei natürlicher Anschauung zu dem im Vorprozess vorgetragenen Lebensvorgang gehören4.
Diese Präklusion geht aber nicht weiter als die Rechtskraftwirkungen des Urteils. Sie ist kein Institut neben der materiellen Rechtskraft, sondern nur die notwendige Kehrseite der Maßgeblichkeit der Entscheidung. Außerhalb der Grenzen des Streitgegenstands besteht keine Präklusion, auch wenn mit der neuen Klage ein wirtschaftlich identisches Ziel verfolgt wird und sich die Tatsachen überschneiden5.
Nach diesen Grundsätzen besteht keine Präklusion. Ohne Erfolg macht die Anschlussrevision geltend, die Zahlung von 50.000 € sei wegen der Rechtskraft des in dem zweiten Vorprozess ergangenen Urteils als Hingabe eines Darlehens anzusehen und könne daher nicht ein „schwarz“ gezahlter Teil des Kaufpreises sein. Aufgrund des Urteils aus dem zweiten Vorprozess steht nur fest, dass der Grundstücksverkäufer zur Zahlung von 50.000 € an den Grundstückskäufer verpflichtet ist. Die Frage, ob es eine auf den Kaufvertrag bezogene Schwarzgeldabrede gegeben hat, betrifft nicht die Rechtskraft, sondern die Beweiswürdigung.
Im vorliegenden Fall ist von einer Schwarzgeldabrede auszugehen. Der beurkundete Kaufvertrag ist als Scheingeschäft gemäß § 117 Abs. 1 BGB und der tatsächlich gewollte Vertrag mangels Beurkundung nach § 117 Abs. 2, § 311b Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB seinem ganzen Inhalt nach nichtig.
Der Zulässigkeit der Klage auf Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung steht im vorliegenden Fall nicht die materielle Rechtskraft des in dem zweiten Vorprozess ergangenen Urteils entgegensteht. Der Streitgegenstand des Anspruchs auf Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB ist nicht identisch mit dem in dem zweiten Vorprozess geltend gemachten Anspruch des Grundstückskäufers auf Zahlung von 50.000 €.
Der Verurteilung des Grundstückskäufers zur Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung steht auch nicht das in dem ersten Vorprozess ergangene Urteil entgegen.
Richtig ist allerdings, dass mit diesem Urteil der Löschungsanspruch des Grundstücksverkäufers rechtskräftig aberkannt worden ist.
Ein Urteil, das – wie hier in dem ersten Vorprozess – eine Leistungsklage abweist, stellt grundsätzlich fest, dass die begehrte Rechtsfolge aus dem Lebenssachverhalt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt hergeleitet werden kann. Zu dem Lebenssachverhalt, der die Grundlage der Streitgegenstandsbestimmung bildet, rechnen alle Tatsachen, die bei einer vom Standpunkt der Parteien ausgehenden natürlichen Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag der Klagepartei zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören. Das ist dann der Fall, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden kann, selbst wenn diese einer eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich sind6. Der Streitgegenstand wird durch den gesamten historischen Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht, unabhängig davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch unabhängig davon, ob die Parteien die nicht vorgetragenen Tatsachen des Lebensvorgangs kannten und hätten vortragen können7.
Etwas anderes gilt nur, wenn der Entscheidung unmissverständlich der Wille des Gerichts zu entnehmen ist, über den zu Grunde liegenden Sachverhalt nicht abschließend zu erkennen und dem Grundstücksverkäufer so eine erneute Klage zu diesem Anspruch auf der gleichen tatsächlichen Grundlage und aufgrund von bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegenden Umständen vorzubehalten8.
Nach diesen Grundsätzen ist in dem ersten Vorprozess über den Anspruch des Grundstücksverkäufers auf Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung wegen Nichtbestehens des durch die Vormerkung gesicherten Eigentumsverschaffungsanspruchs aus dem Kaufvertrag vom 18.02.2014 (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB) abschließend erkannt worden. Bei natürlicher Betrachtungsweise stellen das Nichtzustandekommen des Kaufvertrags wegen Nichteintritts der Bedingung (Ausübung der Option) und die Nichtigkeit des Vertrags als Scheingeschäft einen einheitlichen Lebensvorgang dar, der nicht aufgespalten werden kann. Der von dem Grundstücksverkäufer mit der Klage auf Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB zur Entscheidung gestellte Lebensvorgang wird durch die Gesamtumstände des Vertragsschlusses gekennzeichnet. In dem Urteil vom 22.03.2017 ist der Anspruch des Grundstücksverkäufers gegen den Grundstückskäufer auf Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung aus § 894 BGB uneingeschränkt verneint worden. Damit steht fest, dass der Grundstücksverkäufer den Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) auch nicht daraus herleiten kann, dass der Kaufvertrag wegen einer Schwarzgeldabrede nichtig sei (§ 117 Abs. 1 und 2, § 311b Abs. 1 Satz 1, § 125 Satz 1 BGB). Eine neue Klage auf Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung wäre daher, insoweit ist dem Berufungsgericht beizupflichten, unzulässig, weil sie denselben Streitgegenstand beträfe.
Dem Grundstücksverkäufer wäre es jedoch trotz des rechtskräftigen Urteils in dem ersten Vorprozess unbenommen gewesen, eine isolierte Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags vom 18.02.2014 zu erheben, weil diese einen anderen Streitgegenstand betrifft. Nach Eintritt der Rechtskraft des Feststellungsurteils hätte er sodann erneut auf Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung klagen können (§ 894 BGB). Dem hätte die Rechtskraft des Urteils vom 22.03.2017 in dem ersten Vorprozess nicht entgegengestanden. Das versteht sich allerdings nicht von selbst.
Die Rechtskraft eines Urteils steht der Zulässigkeit einer erneuten Klage nicht entgegen und hindert eine neue abweichende Entscheidung dann nicht, wenn sich der dem rechtskräftigen Urteil zugrundeliegende Sachverhalt nachträglich geändert hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die neu eingetretene Tatsache schon früher hätte herbeigeführt werden können9. Eine Folge dieser zeitlichen Grenze der Rechtskraft ist es, dass § 767 Abs. 2 ZPO Einwendungen gegen den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst zulässt, sofern die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind10.
Allerdings kommen in diesem Zusammenhang nur solche neuen Tatsachen in Betracht, die denjenigen Sachverhalt verändert haben, der in dem früheren Urteil als für die ausgesprochene Rechtsfolge maßgebend angesehen worden ist; bei dieser Beurteilung ist von den Entscheidungsgründen des rechtskräftigen Urteils auszugehen und zu prüfen, ob die neu entstandene Tatsache die dort bejahten oder verneinten Tatbestandsmerkmale beeinflusst11. Eine abweichende gerichtliche Entscheidung über eine Vorfrage der rechtskräftigen Entscheidung ist grundsätzlich keine solche neue, den Sachverhalt verändernde Tatsache, sondern die Veränderung eines rechtlichen Gesichtspunktes12.
Anders ist es aber dann, wenn die Auswirkungen der gerichtlichen Entscheidung über die Vorfrage den Charakter einer neuen Tatsache haben13. Ein solcher Ausnahmefall ist hier wegen der Akzessorietät der Auflassungsvormerkung gegeben.
Die Vormerkung ist ein streng akzessorisches Sicherungsmittel eigener Art14. Sie ist nicht entstanden bzw. erlischt, wenn der gesicherte Anspruch nicht bzw. nicht mehr besteht; das Grundbuch ist bzw. wird dann unrichtig15. Der Eigentümer kann von dem eingetragenen Berechtigten nach § 894 BGB – in der Form des § 29 GBO – die Bewilligung der Berichtigung des Grundbuchs durch Löschung der Vormerkung verlangen.
Die rechtskräftige Entscheidung, mit der die Nichtigkeit eines Grundstückskaufvertrags festgestellt wird, hat präjudizielle Bedeutung für die Entscheidung über die Berichtigung des Grundbuchs wegen Erlöschens des durch Vormerkung gesicherten Anspruchs aus diesem Vertrag. Mit Rechtskraft des Feststellungsurteils steht fest, dass die Auflassungsvormerkung nicht entstanden und das Grundbuch hinsichtlich deren Eintragung unrichtig ist. Diese Auswirkungen des Feststellungsurteils verändern nachträglich die Tatsachengrundlage des in dem Vorprozess ergangenen Urteils, mit dem der Anspruch auf die Berichtigung des Grundbuchs gemäß § 894 BGB rechtskräftig verneint wurde. Bei der eingetragenen Auflassungsvormerkung handelt es sich nur noch um eine „leere Hülle“, die keinen Anspruch sichert. Von einer solchen Eintragung ist das Grundbuch freizumachen.
Wenn der Grundstücksverkäufer aber trotz der Rechtskraft des Urteils in dem ersten Vorprozess sukzessive Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags und auf Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung gemäß § 894 BGB erheben könnte, muss es ihm entsprechend dem Rechtsgedanken des § 259 ZPO aus prozessökonomischen Gründen auch gestattet sein, beide Klageanträge in einer Klage zu verbinden. Allerdings steht erst mit Eintritt der Rechtskraft des Feststellungsurteils fest, dass das Grundbuch hinsichtlich der Auflassungsvormerkung unrichtig ist. Da der Grundstücksverkäufer aufgrund der zuvor entgegenstehenden Rechtskraft erst dann die Löschung der Vormerkung bewirken kann, ist es nicht zulässig, den Antrag auf Grundbuchberichtigung neben dem Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags als weiteren Hauptantrag zu stellen (kumulativ), wie es hier der Grundstücksverkäufer getan hat. Zulässig ist es in dieser Situation nur, die Anträge im Wege einer Eventualklagehäufung in der Weise zu verknüpfen, dass nur bei Erfolg der Feststellungsklage über den auf Grundbuchberichtigung gerichteten Antrag zu entscheiden ist.
Eine eventuelle Antragstellung dieser Art hat der Bundesgerichtshof bei Vorverträgen aus prozessökonomischen Gründen in Verbindung mit dem Rechtsgedanken des § 259 ZPO zugelassen. Die Partei, die ihre Rechte aus dem Vorvertrag geltend macht, soll nicht gezwungen sein, gegenüber der Seite, die die Bindung leugnet, nacheinander zwei Prozesse, nämlich auf Abschluss des Hauptvertrags (§ 894 ZPO) und auf dessen Vollzug zu führen16. Die auf den dinglichen Vollzug des erstrebten Hauptvertrages gerichteten Klageanträge stehen dann unter der innerprozessualen Rechtsbedingung, dass dem Antrag auf Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages stattgegeben wird.
Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für die Löschung der Auflassungsvormerkung im Wege der Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB. Ist in einem Vorprozess eine Klage auf Bewilligung der Löschung einer Auflassungsvormerkung im Wege der Grundbuchberichtigung rechtskräftig abgewiesen worden, ist ein mit dem Klageantrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags verbundener erneuter Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs hinsichtlich der Vormerkung nur dann zulässig, wenn die Klageanträge dergestalt in ein Eventualverhältnis gestellt werden, dass der auf Grundbuchberichtigung gerichtete Antrag nur hilfsweise für den Fall gestellt wird, dass der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags Erfolg hat. Der auf die Bewilligung der Löschung der Auflassungsvormerkung gerichtete Klageantrag muss also unter die innerprozessuale Rechtsbedingung gestellt werden, dass die Feststellungsklage Erfolg hat. Es kann dem Grundstücksverkäufer in einem solchen Fall nicht zugemutet werden, zwei Prozesse hintereinander zu führen. Dem Grundstückskäufer entstehen aus einer solchen sogenannten uneigentlichen Eventualklagehäufung keine Nachteile.
An einer solchen Eventualklagehäufung fehlt es hier zwar. Der Grundstücksverkäufer hat die Klageanträge nebeneinander (kumulativ) und nicht in Abhängigkeit voneinander als Haupt- und Hilfsantrag gestellt. Das führt aber nicht dazu, dass seine Revision zurückzuweisen wäre. Im Ausgangspunkt müsste es dem Grundstücksverkäufer nämlich gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO durch gerichtlichen Hinweis ermöglicht werden, seine Anträge umzustellen; das könnte grundsätzlich auch in der Revisionsinstanz geschehen17. Hier ist es aber deshalb anders, weil sich der Fehler bei der Antragstellung in der Revisionsinstanz prozessual überholt hat; denn beide Klageanträge sind Gegenstand der Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Mit der Zurückweisung der Anschlussrevision durch den Bundesgerichtshof ist rechtskräftig festgestellt, dass der Kaufvertrag vom 18.02.2014 nichtig ist. Weil damit feststeht, dass die Auflassungsvormerkung nicht entstanden ist, ist auch der Grundbuchberichtigungsanspruch gegeben.
Der Klage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis.
Allerdings wäre auch das Grundbuchamt im Rahmen des § 22 GBO an die rechtskräftige Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags gebunden. Mit der Vorlage des rechtskräftigen Feststellungsurteils könnte der Grundstücksverkäufer den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs hinsichtlich der Eintragung der Auflassungsvormerkung führen. Das Grundbuchamt könnte nicht das Bestehen des durch die Vormerkung gesicherten Anspruchs bejahen, wenn es sich damit in Widerspruch zu der Rechtskraftwirkung des im Zivilprozess erlassenen Urteils stellte18.
Die Möglichkeit, im Grundbuchverfahren nach § 22 GBO bzw. im Beschwerdeverfahren nach § 71 GBO eine Berichtigung ohne Bewilligung des Anspruchsgegners zu erreichen, und ein Anspruch aus § 894 BGB stehen jedoch selbständig nebeneinander. Davon zu trennen ist die Frage, inwieweit in Fällen, in denen das kostengünstigere Grundbuchverfahren zweifelsfrei zum Erfolg führen würde, das Rechtsschutzbedürfnis für die Durchsetzung eines Anspruchs aus § 894 BGB im Klagewege entfallen kann19. Hier kann ein Rechtsschutzbedürfnis des Grundstücksverkäufers für den Antrag auf Grundbuchberichtigung gemäß § 894 BGB schon deshalb nicht verneint werden, weil dieser Antrag mit dem Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrags verbunden ist und es der Prozessökonomie entspricht, das Rechtsverhältnis insgesamt zu klären.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. Februar 2023 – V ZR 22/22
- vgl. BGH, Urteil vom 20.05.2011 – V ZR 221/10, NJW 2011, 2785 Rn. 9; BGH, Urteil vom 03.04.2003 – I ZR 1/01, BGHZ 154, 342, 347 f.; Urteil vom 19.11.2003 – VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 50 ff.; jeweils mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 13.11.1998 – V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376, 377; BGH, Urteil vom 21.11.2012 – VIII ZR 50/12, WuM 2013, 165 Rn. 17; Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 12/18, NJW 2019, 2308 Rn. 30; jeweils mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 22.09.2016 – V ZR 4/16, NJW 2017, 893 Rn. 14[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 22.09.2016 – V ZR 4/16, NJW 2017, 893 Rn. 17 mwN[↩]
- zum Ganzen BGH, Beschluss vom 22.09.2016 – V ZR 4/16, NJW 2017, 893 Rn. 18[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 19.12.1991 – IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 6; Urteil vom 13.09.2012 – I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn.19[↩]
- st.Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17.03.1995 – V ZR 178/93, NJW 1995, 1757; Urteil vom 12.12.2008 – V ZR 49/08 45, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 179, 146; BGH, Urteil vom 19.11.2003 – VIII ZR 60/03, BGHZ 157, 47, 50 f.; Urteil vom 13.09.2012 – I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn.19; Urteil vom 22.10.2013 – XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294 Rn. 15; Beschluss vom 03.03.2016 – IX ZB 33/14, NJW 2016, 1818 Rn. 27, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 209, 168 mwN[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 12.12.2008 – V ZR 49/08 45 mwN, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 179, 146[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 22.02.1962 – II ZR 119/61, NJW 1962, 915, 916; BGH, Urteil vom 11.03.1983 – V ZR 287/81, NJW 1984, 126, 127[↩]
- BGH, Urteil vom 11.03.1983 – V ZR 287/81, NJW 1984, 126, 127[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 11.03.1983 – V ZR 287/81, NJW 1984, 126, 127[↩]
- vgl. Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 23. Aufl., § 322 Rn. 239[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1995 – V ZR 171/94, NJW 1995, 2993, 2994[↩]
- vgl. nur BGH, Urteil vom 14.01.2022 – V ZR 245/20, NJW 2022, 1167 Rn. 5, 24[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 15.05.1970 – V ZR 20/68, BGHZ 54, 56, 63; Urteil vom 22.02.2019 – V ZR 244/17, BGHZ 221, 229 Rn. 12 mwN; Urteil vom 14.01.2022 – V ZR 245/20, NJW 2022, 1167 Rn. 5[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 18.04.1986 – V ZR 32/85, NJW 1986, 2820, 2821; Urteil vom 21.12.2000 – V ZR 254/99, WM 2001, 416, 417[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 29.06.2007 – V ZR 5/07, BGHZ 173, 71 Rn. 11 mwN[↩]
- BayObLG, DNotZ 1996, 30, 31[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2006 – V ZR 110/05, NJW-RR 2006, 886 Rn. 7; Urteil vom 09.12.2022 – V ZR 91/21 12[↩]